Detmold. Wenn am Mittwoch nach zweieinhalb Wochen Pause der achte Prozesstag gegen den ehemaligen Auschwitz-Wachmann Reinhold Hanning vor dem Detmolder Landgericht beginnt, wird erneut eine Auschwitz-Überlebende zu Wort kommen. In den Zeugenstand tritt die Jüdin Hedy Bohm (88).
Die Seniorin, die seit 1948 in Toronto lebt, ist eine von 40 Nebenklägern im Verfahren gegen den 94-jährigen Lagenser. Ihm legt die Anklage Beihilfe zum Mord im Vernichtungslager Auschwitz in mindestens 170.000 Fällen zur Last. Bohm wurde 1928 in Rumänien geboren, ihre Familie stammt aus Ungarn. Als Einzelkind wuchs sie in einem kleinen Dorf auf, der Vater hatte einen Möbelverkauf.
Mit 16 Jahren änderte sich ihr Leben schlagartig: „Als meine Mutter mir einen gelben Stern an den Mantel nähte, fragte ich mich, was ich für eine schreckliche Person sein musste, dass ich das tragen muss." Sie wurde mit ihren Eltern zunächst in ein Ghetto, im Mai 1944 dann nach Auschwitz deportiert, wo ihre Eltern ermordet wurden.
Bohm überlebte drei Monate im Vernichtungslager, bevor sie zur Zwangsarbeit ins niedersächsische Fallersleben gebracht wurde. Als Nebenklägerin war die Kanadierin bereits vor einem Jahr in Lüneburg aufgetreten, wo der „Buchhalter von Auschwitz", Oskar Gröning, vor Gericht stand. Von den Gaskammern habe sie während der Zeit im Lager nichts gewusst, sagte sie damals aus. Sie hege zwar keine Rachegefühle gegen Gröning: „Aber vergeben kann ich den Mördern meines Vaters und meiner Mutter niemals."
Auch der LKA-Ermittler Stefan Willms soll am Mittwoch erneut aussagen. Der Kriminalhauptkommissar hatte am siebten Prozesstag zahlreiche Dokumente präsentiert, die die Tätigkeit Hannings während seiner SS-Zeit belegen: Unter anderem einen handschriftlichen Lebenslauf, den Hanning selbst anlässlich eines Verlobungs- und Heiratsgesuches verfasst hatte, und Akten, die untermauern, dass sich der Angeklagte für zwölf Jahre bei der SS verpflichtet hatte und kein Parteimitglied war.