Bad Salzuflen-Schötmar. „Alles muss raus“: Seit einigen Tagen weisen riesige Letter auf einen „Totalausverkauf“ bei Juwelier Brockschmidt hin. Bis zum Jahresende schließt Antje Schulz ihr Geschäft in der Begastraße. Eine 133-jährige Geschichte geht dann zu Ende. 1892 hatten die Brüder Fritz und Wilhelm Brockschmidt ein Fachgeschäft für Uhren, Schmuck und Optik eröffnet, zehn Jahre später zogen sie an den heutigen Standort. Ob eine neue Armbanduhr, die Trauringe für die Hochzeit oder ganz früher auch Großuhren und Silbertabletts: Für viele Schötmaraner war der Juwelier Brockschmidt über Generationen hinweg eine wichtige Anlaufstelle. Große Familientradition Leicht gefallen ist Geschäftsführerin Antje Schulz der Schritt, für immer die Türen des Geschäfts zu schließen, daher nicht. Sie ist zudem eine direkte Nachfahrin der Gründer: In den 1930er Jahren hatte Ella Brockschmidt ihren Mann Hans Schulz geheiratet und mit ihm das Geschäft von Vater und Onkel weitergeführt. Die Historie des Unternehmens ist damit gleichzeitig auch ein großes Stück Familiengeschichte. Antje Schulz ist in und mit dem Geschäft groß geworden. Andererseits war die Übernahme des Ladens von ihren Eltern Ulrich und Ingrid Schulz ursprünglich sowieso nur für den Übergang gedacht gewesen. Schon damals hatte sie nach Ausbildungen zur Goldschmiedin und zur Einzelhandelskauffrau überlegt, einen anderen beruflichen Weg einzuschlagen. Seit 2014 hatte sie als alleinige Geschäftsführerin das Sagen. Nun möchte die 46-Jährige noch einmal eine Veränderung anstreben. „Ich möchte einfach erst einmal eine Auszeit nehmen und mich dann neu orientieren“, sagt sie. Immer mittendrin Kürzlich hat sie beim Aufräumen des Archivs alte Kiliansfest-Fotos wiedergefunden, mit bunt geschmücktem Schaufenster und großem Stand vor dem Laden. Wann immer im Ort etwas los war, war der Juwelier Brockschmidt mittendrin. Entsprechend bedauern viele Menschen ihre Entscheidung, denn nicht nur für den Ortsteil, sondern ganz Bad Salzuflen ist das ein herber Verlust. Doch sie habe auch zahlreiche positive Reaktionen erhalten. „Viele Kunden haben Verständnis für meine Entscheidung gezeigt“, erklärt Antje Schulz. Ihren Stammkunden hatte sie die Nachricht schon Wochen zuvor mitgeteilt. Sie hofft, dass sich für ihr Ladenlokal ein Nachfolger finden lässt. Die Begastraße habe immer noch viele Standortvorteile, sagt sie, die kurzen Wege etwa und die vielen kostenlosen Parkplätze. „Deswegen empfinde es auch überhaupt nicht so, dass es mit Schötmar bergab ginge, wie von vielen behauptet wird.“ Ihre Schließung will sie daher auch nicht aus finanziellen Gründen verstanden wissen. Vieles werde sie auch vermissen, vor allem „ganz viele tolle Kunden“, sagt sie. „Ich bin ja auch im Herzen Schötmaranerin.“ Ihr besonderer Dank gilt ihren Mitarbeiterinnen sowie ihrem Bruder Kai-Michael Schulz, der seit 2008 im elterlichen Betrieb mitgearbeitet hatte. Ihm falle es auch nicht leicht, aber er sehe ebenfalls eine Chance auf Veränderung, meint sie. Lager wird geräumt Bis zur Schließung dauert es aber noch etwas, vermutlich Ende des Jahres wird es so weit sein. Nun geht es darum, das Lager zu räumen. Auch wenn ab sofort nichts mehr nachbestellt wird, ist es noch gut gefüllt. Auf die Kunden warten daher zahlreiche Schnäppchen: Gold- und Silberschmuck sowie Markenuhren sind bereits reduziert, auch auf Trauringe gibt es 20 Prozent. Noch besteht also die Chance für die Schötmaraner, dass sie wie viele Generationen vor ihnen bei der Eheschließung Ringe vom Juwelier Brockschmidt tauschen. Und auch ein letztes Kiliansfest mit verkaufsoffenem Sonntag steht noch vor der Tür. Was mit der markanten Standuhr vor dem Geschäft wird, weiß Antje Schulz noch nicht. „Darüber muss ich mir noch Gedanken machen.“ Die Uhr befindet sich im Besitz von Brockschmidt, errichtet wurde sie vor rund 30 Jahren. Übrigens: Die eingangs erwähnte Optik-Abteilung zog schon bald in das Nachbargebäude und wurde später verkauft. Bereits seit vielen Jahrzehnten sind die beiden Brockschmidt-Geschäfte voneinander unabhängig. „Trotzdem sind bis zuletzt immer mal wieder Kunden in mein Geschäft gekommen, die an einem Sehtest oder einer neuen Brille interessiert waren“, erzählt Antje Schulz. Um Verwechslungen zu vermeiden, sei daher betont: „Brockschmidt Augenoptik Hörakustik“ ist von der Schließung nicht betroffen.