Bad Salzuflen-Lockhausen. Alles zurück auf Anfang. „Wir beginnen wieder von vorne", lautet das ernüchternde Resümee des Beigeordneten Rolf Oberweis zum Stand des Gewerbegebietes an der Leopoldshöher Straße.
Das war im Planungs- und Stadtentwicklungsausschuss Thema und beinhaltete, wie es Bert Kaufmann von der CDU formulierte, eine „Beerdigung erster Klasse". Zu Grabe getragen wurde das Konzept für die Gesamtplanungen, das ein Gewerbe- und Industriegebiet bis hoch zum Bexter Wald vorsah. Diese Erweiterung des ursprünglich geplanten Gewerbegebietes aber, so hatte es Pit Breitmoser vom beauftragten TÜV Nord Umweltschutz, zuvor dargestellt, sei aufgrund der zu erwartenden hohen Lärmemissionen und des Verkehrsaufkommens kaum zu realisieren.
Die Unternehmen müssten um rund 8 bis 13 Dezibel leiser werden, damit aber sei Gewerbe auf dem Areal nur noch sehr eingeschränkt möglich. Anders sieht es hingegen mit dem 17 Hektar großen Gebiet unmittelbar an Sölter und Leopoldshöher Straße aus, für das bereits ein Bebauungsplan existiert. Hier würden die Lärmemissionen voraussichtlich um 3 dB(A) erhöht. Damit sei man nach Aussage von Breitmoser zwar am Rande des Möglichen, mit entsprechenden Schutzmaßnahmen wie Lärmwall oder auch einer schallschützenden Positionierung der Betriebe sei die Ansiedlung von Gewerbe hier aber zu realisieren. Logistiknutzung allerdings, so die Einschätzung des Gutachters, sei nur begrenzt möglich.
Die Verwaltung schloss daraus, dass die weitere Entwicklung des ursprünglichen Planungsgebietes zwar „gut begründet sein muss, aber durchaus möglich ist", wie es Martin Heyne für das Planungsamt formulierte. Etwas reservierter blieb Rolf Oberweis: „Es kommt ein neues Verfahren mit neuem Aufstellungsbeschluss. Wir müssen sehen, wie wir eine gewisse gewerbliche Nutzung noch hinbekommen." Dem schloss sich auch das Gros der Politiker im Ausschuss an. Für die CDU bedauerte Bert Kaufmann, dass Bad Salzuflen nun die letzte Möglichkeit genommen sei, Industrie im Drei-Schicht-Betrieb anzusiedeln. „Aber wir müssen die Rechte der Menschen achten." Tadel gab es von Jürgen Riekehof für die Verwaltung: „Seit 2008 versuchen wir das Gebiet zu entwickeln und haben bis heute noch nichts erreicht." Auch Dr. Karl Slawinski (SPD) stimmte den Plänen der Verwaltung zu, ebenso wie die Linken und die Freien Wähler. Für die stellte Daniela Freitag klar, dass die FWG durchaus das erweiterte Industrie- und Gewerbegebiet favorisiert hätte. Dagmar Ludwig (Grüne) und Norman Rabe (Piraten) hingegen sprachen sich gegen die Pläne aus. „Die Verwaltung kann mit den Emissionen leben, aber die Anwohner auch?", fragte Ludwig, und Rabe forderte für die Piraten ein, die Wünsche der Bürger stärker zu beachten.
Anwohner hoffen auf Klage in Minden
Die Auseinandersetzungen der vergangenen Jahre haben Spuren hinterlassen. Die Fronten scheinen verhärtet, kaum ein Anwohner – so zumindest der Eindruck beim Gespräch mit der LZ – fühlt sich von Verwaltung und Politik wahr genommen. Vor allem die Anwohner der Sölter Straße befürchten, dass ihre Lebensqualität vor Ort durch das Gewerbegebiet stark leidet. Lärm, so erklärt ein Anwohner sichtlich erzürnt, sollte bei den ersten Planungen 2010 durch einen über zehn Meter hohen Schutzwall abgehalten werden. „Dann gucken wir direkt auf eine Wand, Sonne gibt es kaum noch. Doch für Politik und Verwaltung war das ok." Unklar ist ihnen auch, warum die Häuser der Sölterstraße bis zur Nummer 23 einen höheren Emissionsschutz genießen sollen, als die darauf folgenden Bebauungen. „Eine Willkür, die uns bislang niemand erklären konnte." Einen Bebauungsplan für das Wohngebiet gibt es nicht, daher versuchen die Anwohner jetzt mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht Minden zu klären, ob sie im Wohn- oder Mischgebiet leben. Sollte das Gericht ihnen den Status des Wohngebietes zubilligen, hätten sie Anrecht auf einen strengeren Lärmschutz.
Auch die diversen Gutachten der vergangenen Jahre stellen die Anwohner in Frage. Sie kamen immer wieder zu divergierenden Ergebnissen. Das Gespräch, so moniert ein Mitglied der Bürgerinitiative, haben weder Politik noch Verwaltung in all den Jahren gesucht. „Hier wird über uns entschieden, statt mit uns zu reden." Auch die geplante Bürgerversammlung am Donnerstag, 29. April, ändere daran nichts. „Das ist eine Informationsveranstaltung, eine Bürgerbeteiligung sieht anders aus." Allein gelassen fühlen sich die Anwohner auch mit den Auswirkungen des bereits bestehenden Gewerbegebietes an der Dachser Straße. Ein Bürger zeigt Granulat, das er aus dem Bach gefischt hat. „Der Bach ist voll davon." Er habe jetzt die Landschafsbehörde in Detmold von der Verschmutzung informiert.