Detmold. Wenn die Sonne so richtig vom Himmel brennt, sehnen sich viele nach dem kühlen Nass. Früher, als es noch keine Freibäder im Stadtgebiet gab, behalfen sich die Detmolder mit der Werre. Hinter dem Leopoldinum wurde in dem aufgestauten Fluss geschwommen – obwohl das Badevergnügen nicht immer komfortabel war.
„Das Detmolder Freibad war zu meiner Schulzeit ein reiner Werrestau", berichtet Georg Klöpper, der Jahrgang 1924 ist und sich noch gut an die alten Tage erinnern kann. „Wir schwammen nicht nur mit Fröschen, sondern auch mit Wasserratten." Bei Hochwasser sei das Wasser gerne auch einmal braun gewesen. Außerdem sei dann ein Baumstamm, der über das Gewässer gelegt war, um den oberflächlichen Schmutz abzuhalten, gelöst worden. Der Unrat wurde freigegeben und floss weiter Richtung Weser.
Freier Blick bis zum Schulgelände
Wer von der Georg-Weerth-Straße aus über die alte Steinbrücke geht, die früher zum Freibad gehörte, hat jetzt einen freien Blick bis zum Leopoldinum (Bild). Wegen des dortigen Vandalismus und weil sich in dem früheren Wäldchen auf dem alten Freibadgelände viele Verstecke für kriminelle Aktivitäten boten, wurden die Pflanzen auf den Stock gesetzt (die LZ berichtete). Dafür hat Stadt Kritik von Bürgern bekommen. „Das Wurzelwerk ist noch da, es wird sich wieder etwas entwickeln", beruhigt Johann Bergmann von den Städtischen Betrieben. Was mit der Fläche passieren soll, stehe noch nicht fest.Nichtsdestotrotz war das Werre-Bad laut Klöpper sehr beliebt – immerhin gab es abgesehen vom Fischerteich in Pivitsheide, der damals ein einfacher Teich war, und später auch der aufgestauten Berlebecke in Heiligenkirchen nicht viele Möglichkeiten in der Umgebung. Entsprechend ging es auch im Schulunterricht in die Werre. „Schwimmen gelernt haben wir an der Angelanlage. Das war ein Gestell mit einer Rolle oben dran, an der ein Seil befestigt war. Dieses bekam man dann um den Bauch gebunden", erzählt Klöpper. Und manchmal sei es „versehentlich" auch etwas zu lang gespannt worden.
Auch Paul-Otto Buhrig, der lange Zeit Leiter des städtischen Sportamtes war, erinnert sich noch an das alte Werre-Bad – zumindest aus Erzählungen seiner Mutter, die beim TV 1860 turnte. Anschließend habe man sich gerne in der Werre abgekühlt. In den 1930er-Jahren wurde das Bad schließlich zu einem Freibad umgebaut.
„Damals war ein Stadion für 30.000 Besucher im Kuhkamp nahe der Hornschen Straße geplant und im selben Zug ein Freibad", sagt Buhrig. Aus dem Stadion sei dann nichts geworden, das Freibad wurde jedoch kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs eröffnet. In den 1950er-Jahren gab es eine Modernisierung, bevor das Werre-Freibad mit seinem 50-Meter- und seinem Nichtschwimmerbecken sowie einem Fünf-Meter-Sprungturm und einer Rutsche später dann auch beheizt wurde.

„In Spitzenzeiten kamen schon einmal bis zu 10.000 Besucher pro Wochenende", berichtet Buhrig. Eng verbunden ist die Anlage, die von der Werrestraße (heute: Georg-Weerth-Straße) erreichbar war, in der Erinnerung vieler Detmolder mit Bademeister Albert Schneidereit und seiner Frau. „Albert Schneidereit war die Institution im Freibad, eine echte Persönlichkeit. Er konnte nett, aber auch knallhart sein. Und manchmal hat er einem auch eine runtergehauen, zum Beispiel wenn man jemanden ,versehentlich ins Becken geschubst hatte", erzählt Buhrig. Schneidereits Frau habe einen Kiosk betrieben, einen Klümpchen-Laden, in dem auch für fünf Pfennig schon etwas zu bekommen war.
Ende der 1980er ging es dem Ende entgegen. „Die Werre drückte und hatte das Bad auch mehrfach überschwemmt. Darunter haben die Becken und die Technik gelitten", berichtet Buhrig. Die Anlage wurde verfüllt, der Zugang vom Leopoldinum geschlossen und die Natur eroberte die Fläche zurück.
Kommentar: Diese Fläche hat Potenzial
von Jana Beckmann
Was für eine große Fläche mitten in der Stadt! Das frühere Freibad-Gelände zwischen Leopoldinum und Georg-Weerth-Straße schreit geradezu nach einer neuen Nutzung. Ein Schelm, wer jetzt an Parkraum denkt – zum Beispiel als Ersatz für das marode Parkhaus „Hornsche Straße". Viel schöner wäre es da doch, wenn hier ein Stück Grün erhalten bliebe.
Andernorts ist schon so viel für die Werre und deren Erlebbarkeit getan worden: Am alten „Omnia"-Gelände, am Finanzamt, am Parkhaus „Lustgarten" – warum nicht auch hinterm Leopoldinum? Der Fluss schlängelt sich, von Bäumen gesäumt, an dem Gelände entlang – ein kleines Refugium unweit des historischen Stadtkerns.
Wenn es warm genug ist, könnten die Kinder hier mit den Füßen ins Wasser gehen und planschen, die angrenzende Fläche bietet Raum zum Picknicken oder Ballspielen. Vielleicht wäre hier sogar ein Platz, um im Sommer eine Strandbar einzurichten, wo Cocktails und andere Getränke serviert werden.
Möglichkeiten gibt es sicherlich einige. So viel steht jedoch fest: Wenn das Areal jetzt wieder dem Wildwuchs überlassen wird, ist in Sachen Vandalismus und Kriminalität nicht viel gewonnen. Denn dann sind die Verstecke auch schnell wieder da.