Kreis Lippe. Liberale aus Dörentrup, Barntrup und Extertal kritisieren in scharfen Worten den Umgang von NRW-Parteichef Christian Lindner mit der Vertauschung der Namen auf der Reserveliste für die Landtagswahl. Dass Martina Hannen erst den Verzicht erklärt hatte und nun doch ihr Mandat annehme, stehe ihr nicht zu. Christian Sauter habe die gute Listenplatzierung gehabt.
Die Unterzeichner sparen nicht mit scharfen Worten. Hannens Verhalten sei „charakterschwach, unehrlich und dreist", und Lindner habe sich nur lapidar entschuldigt. Eine Aufklärung erfolge nicht, mehrere Kontrollinstanzen hätten aufs Kläglichste versagt, schreiben die Fraktionsvorsitzenden Sabine Petig (Dörentrup), Andreas von Borck (Barntrup) sowie der Extertaler Parteichef Jannik Rehmsmeier.
Der amtierende Kreis-Parteichef Carsten Möller war nicht eingebunden und wollte sich am Donnerstag nicht äußern. Hannen war nicht zu erreichen: Der Landtag tagte. FDP-Pressesprecher Moritz Kracht sagte, der Parteivorstand werde den Brief zunächst in Ruhe lesen. Er könne den Ärger vor Ort allerdings verstehen und teile ihn. „Wir sehen die Tragweite, der Dialog ist ja nicht abgeschlossen."
Die drei Liberalen fordern von Lindner für das „Versagen der Kontrollen der Listenmeldung" personelle Konsequenzen, und sie wollen, dass der für Sauter entstandene Schaden kompensiert wird. Außerdem soll sich der Landesvorstand von der Argumentation Hannens zur Annahme des Mandates distanzieren. Schließlich habe sie vor der Wahl erklärt, auf das Mandat zu verzichten – dies habe der Landesvorstand ja begrüßt. Hannen habe für dieses Verhalten bei der Sitzung des Kreishauptausschusses Applaus enthalten. Nun die Kehrtwende mit Wissen und Beteiligung der Landes-FDP. „Für wie blöd halten Sie eigentlich die Wähler in Lippe?", fragen die Unterzeichner Lindner.
Der Verdacht, das Ganze könne ein geschickt eingefädeltes Spiel zu Gunsten Hannens sein, sei nicht glaubwürdig entkräftet worden. Der FDP müsse etwas Besseres einfallen, als Sauter mit einem unsicheren Listenplatz 17 für die Bundestagswahl zufriedenstellen zu wollen. „Das ist eine Entscheidung, die er in Ruhe treffen muss, aber wir wollen, dass der Landesvorstand eine faire Chance ermöglicht und ihn nicht abspeist", sagt Petig. Sie gibt zu, dass die Nordlipper besonders sauer sind, weil Sauter im Extertal ein Spitzenergebnis eingefahren hat. Von dem Brief an Lindner habe er gewusst, sich allerdings raushalten wollen.
Die Nordlipper kündigen Konsequenzen an, sollte der Vorstand ihren Brief nicht ausreichend würdigen. Dabei schließen sie nicht aus, dass sich „ganze Ortsverbände von der FDP lossagen und unter anderem Namen" auf die Kommunalpolitik konzentrieren werden. „Darüber werden wir diskutieren, wenn wir nächste Woche keine Reaktion bekommen", kündigt Petig an. Das Verhalten der Verantwortlichen in Düsseldorf habe nicht dazu beigetragen, der Verdrossenheit über etablierte Parteien entgegenzuwirken. „Ehrlichkeit, Loyalität und moralische Integrität kann man so nicht vertreten."