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Kritik an Abschiebung trotz Bleiberecht

Fall Aziz L. (21) empört Flüchtlingsorganisationen

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Bielefeld (gär). Die widerrechtliche Abschiebung eines jungen Flüchtlings, der in der JVA Büren inhaftiert war, hat Protest und Empörung ausgelöst. Nach Recherchen der Neuen Westfälischen war der afghanische Staatsangehörige Aziz L. (21) am 21. August am Flughafen Köln/Bonn um 12.04 Uhr von der Bundespolizei nach Italien abgeschoben worden, obwohl zuvor das Verwaltungsgericht in Oldenburg im Eilverfahren entschieden hatte, dass der Asylbewerber vorerst in Deutschland bleiben durfte.

Die Bundespolizei bestätigte am Mittwoch nur den Vorfall vom 21. August. Laut einem internen Vermerk war die Bundespolizei zuvor von den Ausländerbehörden telefonisch über den Gerichtsbeschluss unterrichtet worden, bestand aber auf ein Fax. Dieses sei erst um 12.05 Uhr, also "eine Minute zu spät", eingegangen, so eine Sprecherin.

"Es ist unverantwortlich, einen Flüchtling nach Italien zu überstellen, obwohl dort menschenrechtswidrige Behandlung und Obdachlosigkeit droht", sagte Kirsten Eichler für den Vorstand des Flüchtlingsrates NRW. Das Verwaltungsgericht Oldenburg habe diese Auffassung geteilt. Wegen einer "unerhörten Nachlässigkeit der beteiligten Stellen" sei in diesem Fall dann "die Rechtstaatlichkeit untergraben" worden. Es sei "dringend erforderlich", die Verantwortlichkeit zu klären. Es müsse "alles daran gesetzt werden", damit Aziz L. "nach Deutschland zurückgeholt wird".

Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen

Ähnlich äußerte sich auch Frank Gockel, Sprecher des Bürener Vereins Hilfe für Menschen in Abschiebehaft. Die Zentrale Ausländerbehörde in Dortmund und die Bundespolizei hätten von dem Gerichtsbeschluss gewusst und Aziz L. keinesfalls abschieben dürfen, sagte er. Man werde nun das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen bitten, den Betroffenen in Italien ausfindig zu machen.

"Mit größter Bestürzung" reagierte auch die Hamburger Rechtsanwaltskanzlei, die die Interessen von Aziz L. vertritt. Die Behörden in NRW hätten "in einzigartiger Weise Fakten geschaffen". "So einen Fall habe ich in 25 Jahren noch nicht erlebt", sagte auch Catrin Hirte-Piel, Anwältin aus Bielefeld und Expertin für Flüchtlingsangelegenheiten. Das Verhalten der Behörden begründe einen "Anfangsverdacht strafbarer Handlungen". Es stelle sich auch die Frage, warum Aziz L. "nicht umgehend zurück nach Deutschland geflogen" wurde.

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