Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Seeed-Frontmann bietet beim Parklichter-Konzert in Bad Oeynhausen Reggae-Musik

Nicole Sielermann

  • 0
Entspannt: Sänger Frank Dellé bringt Reggae-Musik zu den Parklichtern in Bad Oeynhausen. In seinem zweiten Leben ist der Berliner Familienvater Frontmann der Erfolgsband Seeed. - © Carlos Goethe
Entspannt: Sänger Frank Dellé bringt Reggae-Musik zu den Parklichtern in Bad Oeynhausen. In seinem zweiten Leben ist der Berliner Familienvater Frontmann der Erfolgsband Seeed. (© Carlos Goethe)

Seeed-Frontmann Frank Dellé bietet beim Parklichter-Konzert am 4. August in Bad Oeynhausen
feinste Reggae-Musik und erzählt, warum er niemals so berühmt wie sein Band-Kollege Peter Fox werden will.

Herr Dellé, eigentlich sind Sie ja schon alles gefragt worden. Haben Sie eigentlich noch Lust auf Interviews?

Frank Dellé: Klar sind es die gleichen Fragen, aber es sind unterschiedliche Menschen. Und wenn jemand wirklich daran interessiert ist, dann erzähle ich das gerne. Wir spielen ja auch immer dieselbe Musik – aber vor unterschiedlichem Publikum. Und je nachdem wie die Leute reagieren, ist der Song komplett was anderes. Meine Tochter, die ist zehn, hatte geträumt, dass ich ein Konzert mit nur zwei Leuten gespielt habe.

„Papa, aber die sind total abgegangen." Dann habe ich ihr erklärt, wenn es so wäre, würde ich für die so dermaßen Gas geben und genauso spielen wie vor 100.000 Leuten. Das muss ich hinkriegen, dass die beiden glücklich nach Hause gehen. Am nächsten Tag hat sie meinem Bassisten das erklärt. Und ich habe gemerkt, dass sie verstanden hat, dass es nicht um die Quantität, sondern um die Qualität geht. Da war ich so ein stolzer Papa. (lacht).

Was präsentieren Sie bei den Parklichtern?

Dellé: Mich voll und ganz. Meine Musik bildet ja quasi Geschichten meines Lebens ab und den Zustand, in dem ich mich gerade befinde. Das werde ich versuchen, euch in Bad Oeynhausen zu erzählen – musikalisch. Das geht von himmelhochjauchzend bis zu zu Tode betrübt. Also die ganze Palette. Aber nicht nur ich mit einer Gitarre, sondern mit weiteren sechs professionellen Musikern. Bei Reggae gehen oft Bilder im Kopf auf, aber viele, die es live sehen und vorher kein Fan waren, sind ganz begeistert. Statt volle Hallen bei Seeed einfach mal wieder das Direkte. Menschen mit dem überzeugen, was ich mache. Wenn ich das hinkriege, ist das eine Belohnung, die man mit Geld nicht bezahlen kann. Einfach schön.

Kennen Sie Bad Oeynhausen?

Dellé: Ich kenne es, weil Busy dort herkommt. Und der hat uns mit Seeed gemastert. Da waren wir vor Jahren mal da. Das ist die Referenz! Ich habe außerdem mal in der Nähe, in Hannoversch Münden, gewohnt. Also ist es mir dort nicht fremd.

Was erwarten Sie vom Abend?

Dellé: Menschen, die einfach Lust haben zu feiern und die mitfeiern. Speziellere Erwartungen habe ich nicht. Es wird ein schöner Abend, an dem ich gespannt bin, was ich sonst noch sehe und höre. Für mich ist es speziell, weil ich eigentlich zu der Zeit in Italien im Urlaub bin und extra anreise.

Warum machen Sie auch Solo Reggae?

Dellé: Das ist Musik, mit der ich groß geworden bin. Als ich angefangen habe, mich mit Musik auseinanderzusetzen, haben wir in Ghana gelebt, in Westafrika. Neben der ganzen Volksmusik und dem, was international bekannt war, wie Michael Jackson, kam Bob Marley damals mit Reggae nach Ghana geschwappt. Das war für mich etwas, das so eine Tiefe hatte. Auch wenn man sich inhaltlich damit auseinander setzte. Das war so rebellisch, so Punkmusik.

Nicht dieses Schöne, sondern es ging um Sklaverei. Da war plötzlich einer, der mit seinen Dreadlocks sehr exotisch aussah – das war etwas Besonderes. Das hat mich fasziniert. Als ich zwölf war, sind wir nach Deutschland gezogen, da habe ich mir nach und nach alle Platten von ihm gekauft und habe das aufgesogen. Das ist genauso in mir drin wie AC/DC oder wie Popmusik. Mit Reggae kann ich meine Geschichte ausdrücken.

Und Ihre Haare haben Sie sich damals auch schon zugelegt?

Dellé: Das wär nicht gegangen. (lacht). Absolut verboten! In Ghana ist es zum Teil noch konservativer als in Deutschland – die ehemaligen Kolonien sind ja oft traditioneller als die eigentlichen Länder, also englischer als die Engländer. Gerade mein Vater, der nach Europa zum Studieren ging und dann wieder zurück kam, der wie alle etwas auf sich hielt, wusste wie man sich anzieht, was man tut – das ging gar nicht, dass man da so zottelige Haare hatte. (lacht)

Dementsprechend war das etwas, das ich mir in Deutschland verdienen musste. Manchmal wenn ich sehe, dass Kinder mit fünf, sechs schon Dreadlocks haben, denke ich immer „Ihr müsst euch Dreadlocks verdienen" (lacht). Ich fand es immer schön. Bis heute habe ich sie. Irgendwann hatte ich mal eine Glatze – musste aber feststellen, dass das mit meiner Kopfform nicht gut aussah. (lacht) Zum Beispiel Frauen mit kurzen Haaren – das ist etwas, das nicht vom schönen Gesicht ablenkt. Du hast das Pure. Viele mit kurzen Haaren sind toll.

Danke. Ich hätte also Chancen bei Ihnen . . .

Dellé: (lacht) Wenn Sie von außen und innen ein schöner Mensch sind, immer.

Sie sind derzeit solo unterwegs – wo soll der Weg hingehen?

Dellé: Seeed ist meine wirkliche Lebensband. Dass man mit Jungs über 20 Jahre solche Erlebnisse hat und dazu mit diesem Erfolg – das ist immer wieder ein absolutes Wunder. Die schönste exotische Sache engt, wenn man immer verpflichtet ist und keinen Freiraum für andere Dinge hat, ein. Das Leben ist begrenzt, deswegen sind Pausen immer wieder gut.

Ich habe das nie als Gegeneinander gesehen, sondern ich darf beides machen. Bei Seeed in der Band liegt die Verantwortung auf mehreren Schultern und beim Soloprojekt muss ich alleine entscheiden. Das ist total anstrengend. Mit Seeed haben wir uns vorgenommen, dass wir uns im Herbst 2018 zusammensetzen und überlegen, wie es weitergeht. Aber es muss auch da wieder etwas Besonderes sein. Nicht einfach irgendetwas rausbringen. Dieses Jahr im September werde ich zudem mit dem Filmorchester Babelsberg spielen – meine Stücke als Klassikvariante.

Sie sind einer von drei Seeed-Frontmännern, trotzdem bringt man immer nur Peter Fox damit in Verbindung. Ärgert Sie das?

Dellé: Nein! Es ist eher anders herum. Wir hatten von Anfang an die Band so vermarktet, dass sie nicht über Gesichter definiert wurde. Jeder kannte den Namen Seeed, aber kaum einer wusste, wer dazu gehört. Das ist ein tierischer Vorteil! Weil du auf der einen Seite in diese Seeed-Rolle schlüpfst, dann ziehst du deinen Tarnmantel wieder aus und kannst wieder du sein, kannst mit deiner Familie weggehen. Wir haben lange, lange nicht unser Gesicht hingehalten – und trotzdem hatten wir entgegen aller Prophezeiungen Erfolg.

Peter Fox hat ja nicht deshalb ein Soloalbum gemacht, weil er bekannt werden wollte, sondern weil er das musikalisch einfach toll fand. Er hat am Anfang versucht, über die Affenmaske die Privatsphäre zu wahren. Hat nur nicht funktioniert. Über ihn hat auch Seeed ein Gesicht bekommen – was der Band echte Vorteile gebracht. Aber ich kann trotzdem in meiner Tarnrolle bleiben.

Einer ist bekannt und das reicht?

Dellé: Na klar, ist doch gut so. Wobei Pierre oder Peter Fox einer ist, der das gar nicht mag. Er hat es ja auch eingestampft, weil es ihm zu fett wurde und er wirklich überall erkannt wurde. Das ist mal schön, denn jeder mag Komplimente – aber nicht die ganze Zeit. Das ist schon ein anderes Leben. Als Teenie ist das vielleicht toll, aber wir sind erwachsene Männer mit Familie, da ist es so schöner!

Ich hätte mich statt für englischsprachige Reggaemusik auch für verständlicheren deutschen Soul oder Pop entscheiden können, weil das viel kommerzieller möglich ist. Aber jetzt wollte ich Reggae machen. Es ist also alles gut.

Information
Zur Person

Frank Dellé (47), bürgerlich Frank Allessa Dellé alias Eased, ist ein deutscher Reggae-Musiker und einer der drei Frontmänner der Band Seeed. Dellé wurde in Berlin geboren. Sein Vater war Arzt, er stammte aus Ghana, seine Mutter arbeitete als Krankenschwester. Ab 1976 besuchte Frank Dellé die Schule in Ghana, 1982 kehrte seine Familie nach Deutschland zurück. 1984 gründete er seine erste Reggae-Band. Er studierte Filmtontechnik in Potsdam-Babelsberg und kam 1997 zu den Musikern von Seeed.
Dellé ist verheiratet, hat zwei Kinder, zehn und drei Jahre alt. Er lebt in Berlin-Mitte.

Copyright © Lippische Landes-Zeitung 2025
Inhalte von lz.de sind urheberrechtlich geschützt.
Weiterverwendung nur mit Genehmigung der Chefredaktion.

Kommunalwahl-Abo

Angebot zur Kommunalwahl

5 Wochen Lippische Landes-Zeitung lesen -
gedruckt UND digital!

Jetzt bestellen
Kommunalwahl-Abo