King’s Singers entführen in Detmold in „The New World“

Detmold (krü). Beim ausverkauften Auftritt im 6. Meisterkonzert nahmen die weltberühmten King’s Singers rund 600 Gäste des Konzerthauses mit auf eine Klangreise durch fünf Jahrhunderte – von der europäischen Renaissance bis in die vielfältige Musikwelt Lateinamerikas.

Das Ensemble wurde 1968 gegründet. Die zufällige Besetzung mit zwei Countertenören (Patrick Dunachie, Edward Button), einem Tenor (Julian Gregory), zwei Baritonen, (Christopher Bruerton, Nick Ashby) sowie einem Bass (Piers Connor Kennedy) ist ihr Markenzeichen – die Personen haben gewechselt. Bereits der Auftakt sorgte für Überraschungen. Mit dem traditionellen Quechua-Hymnus &bdquo;Hanaq pachap kusikuynin“ zogen sie wie bei einer Prozession auf die Bühne. Die Verbindung aus indigenem Text und europäischer Polyphonie war exemplarisch. Kulturelle Berührungspunkte machten sie klanglich erfahrbar.

Nahtlos folgte das charmante Weihnachtslied des großen argentinischen Liedermachers Ariel Ramírez &bdquo;La peregrinación“ (Die Wallfahrt). Das Sextett bewies hier seine große stilistische Bandbreite und sein Gespür fürs musikalische Erzählen. Ein Höhepunkt war die Vertonung &bdquo;Versa est in luctum“ (Meine Harfe ist zur Trauer geworden) von Sebastián de Vivanco, die zur iberischen Renaissance führte. Die klagende Textur setzte einen Kontrapunkt zur warmen Atmosphäre des vorigen Liedes. Ebenso wirkungsvoll war die Ostermotette &bdquo;Crux fidelis“ (Wahres Kreuz), möglicherweise von König Johann IV. von Portugal im 17. Jahrhundert komponiert - ein wahrhaft königlicher Gesang für die King`s Singers. Die Musik von Tomás Luis de Victoria (1548-1611) wurde zu seinen Lebzeiten bereits in den Kathedralen von Mexiko und Kolumbien gesungen. Seine Motette &bdquo;O quam gloriosum“ – ein Meisterwerk der vierstimmigen Polyphonie – erklang in makelloser Stimmreinheit und vollendeter Transparenz.

Ein dramaturgischer Bogen gelang mit zeitgenössischen Werken der peruanisch-amerikanischen Komponistin Gabriela Lena Frank (*1972). Ihr &bdquo;Travel Song“ war rhythmisch packend und kam lautmalerisch mit feinem Gespür für Sprache zu Gehör. Später, in &bdquo;Hechicera“ (Zauberin), explodierte die Bühne förmlich mit hypnotischen Rhythmen, klanglicher Exotik und einem Hauch von Magie.

Mit der dahinschwebenden Motette &bdquo;Libera me“ von Vicente Lusitano (1520-1561), dem ersten schwarzen Komponisten, dessen Musik in Europa veröffentlicht wurde, tauchte das Ensemble in dunklere Klangfarben ein. Der dissonante, experimentelle Stil spiegelte das Ungewisse und Gefährliche der Entdeckungsfahrten wider.

Mit Heitor Villa-Lobos’ lautmalerischem Lied &bdquo;Pica-Pau“ (Specht) und dem bolivianischen Gebet &bdquo;Dulce Jesús mío“ erklangen auch folkloristische Töne – stets präzise, humorvoll und mitreißend dargeboten. Das Ensemble verzauberte mit Close-Harmony in klanglicher Feinabstimmung und authentischer Bühnenpräsenz. So fesselten Pop-, Jazz- und Folk-Arrangements mit Witz, Eleganz und stimmlicher Perfektion – eine Hommage an die reiche musikalische Kultur Lateinamerikas. Nach frenetischem Applaus bedankten sie sich mit mehreren Zugaben.

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