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Kultur

Boulevard Baroque verrät im neuen Konzert in Detmold, „was die Nacht verschweigt“

Detmold. Wenn sich der Tag zurückzieht, beginnen andere Stimmen zu sprechen. In ihrem aktuellen Konzertprojekt entfaltet das Originalklangensemble Boulevard Baroque am 14. November, 19 Uhr, einen musikalisch-literarischen Raum, in dem sich Barockmusik und Dichtung auf subtile Weise durchdringen. Unter dem Titel „Was die Nacht verschweigt – Kammermusik im Winterlicht“ wird in der Detmolder Erlöserkirche die Nacht zum Schauplatz einer Begegnung von Klang und Wort, von Musik und Dichtung, die am Tag oft ungehört bleiben.

Die Nacht als Sinnbild für Dunkelheit, Stille und Rückzug wird laut der Konzertankündigung bei Boulevard Baroque nicht als bloßer Gegensatz zum Tag verstanden, sondern als eigenständige Welt, in der Stimmen und Geschichten leise, aber eindringlich sprechen. Die Nacht eröffnet zugleich Räume des Innehaltens, der Reflexion und des Träumens – Momente, in denen das Verborgene zu leuchten beginnt. Boulevard Baroque lädt dazu ein, dem Zauber der Nacht zuzuhören, ihren leisen Geheimnissen nachzugehen und das Schweigen nicht als Leere, sondern als Resonanzboden zu erleben. Denn oft sind es gerade die Dinge, die nicht laut ausgesprochen werden, die am tiefsten wirken und nachklingen.

Werke voller Zartheit

Im Zentrum stehen laut Mitteilung Werke der Barockmeister wie Henry Purcell oder Jean-Baptiste Lully, aber auch der heute eher unbekannten, aber bedeutenden Komponisten des Frühbarock wie Luigi Rossi oder Tarquinio Merula. Werke voller Affektgehalt und empfindsamer Zartheit stehen sie gleichsam im Übergang zwischen Traum und Wachen. Gerahmt wird die Musik durch Auszüge aus Werken von William Shakespeare, Torquato Tasso und Pedro Calderón de la Barca – Dichter, deren Sprache selbst Musik ist. Ihre Texte erzählen von nächtlichen Begegnungen, inneren Kämpfen, Liebe und Verlust, aber auch von Erkenntnismomenten, die nur im Schutz der Dunkelheit möglich scheinen. Im Zusammenspiel mit der Musik entstehen feine Korrespondenzen, Brüche und Spiegelungen – zwischen Wort und Ton, zwischen Zeit und Zeitlosigkeit.

Die Musikalische Leitung obliegt der Lorena Padrón, die – auf Teneriffa geboren –, zunächst an Universität in Salamanca, später an den Musikhochschulen in Graz und Köln studierte. Sie gilt als eine der jungen Nachwuchsgrößen auf der Barockvioline und gibt regelmäßig Konzerte mit renommierten Ensembles wie Concerto Köln oder der Akademie für Alte Musik Berlin. Solistin ist die Sopranistin Isabel Schicketanz, die im Repertoire des 17. und 18. Jahrhunderts nicht nur stilistisch beheimatet, sondern auch künstlerisch verwurzelt ist. Ausgezeichnet mit dem Opus Klassik (2020) und dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik (2023), hat sie neue Maßstäbe in der vokalen Alte-Musik-Interpretation gesetzt.

Klanglicher Denkraum

Zuletzt zeigte Boulevard Baroque unter der künstlerischen Leitung von Karla Enríquez im September mit zwei Konzerten in Detmold und Marienmünster eindrucksvoll, wie unmittelbar und gegenwärtig Alte Musik klingen kann, wenn sie als lebendige Kunst verstanden wird. So ist auch „Was die Nacht verschweigt“ kein traditionelles Konzertformat, sondern ein klanglicher Denkraum. Eine Einladung zum Lauschen, Innehalten und gedanklichen Wandern durch eine Nacht, in der sich vieles zeigt, was dem Tag verborgen bleibt.

Der Eintritt ist frei, Spenden zugunsten des Ensembles werden erbeten.

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