Jubiläumskonzert in Detmold zeigt Klangwelten zwischen Volkslied, Uhrwerk und Heldenleben

Bad Salzuflen. Wenn ein Orchester seinen 75. Geburtstag feiert, darf man Großes erwarten – und die Nordwestdeutsche Philharmonie enttäuschte nicht. Unter Leitung ihres Chefdirigenten Jonathan Bloxham präsentierte sie vor rund 500 Gästen der Konzerthalle ein Programm, das mitriss und berührte.

Gavin Higgins, 1983 in Gloucestershire geboren und von der New York Times als &bdquo;mutig und fantasievoll“ gefeiert, schrieb im Auftrag der NWD eine Komposition, die anlässlich des Jubiläums uraufgeführt wurde. Das Werk heißt &bdquo;John Barleycorn Must Die“ – ein Titel, der für Rockfans der Band Traffic vertraut klingt und vor tödlichem Alkoholkonsum warnt. Er stammt aus einem alten englischen Volkslied, dessen Melodie Higgins fragmentarisch in der farbenreichen Konzertouvertüre verarbeitet. Vielfältiges Schlagwerk, wilde Streicherfiguren und majestätische Bläserblöcke eröffneten ein Panorama zwischen Volkston und moderner Expressivität. Besonders das leise Nachklingen am Schluss – ein dialogisches Solo zwischen Geige und Bratsche – verlieh dem Werk poetische Tiefe.

Federnd und präzise Es folgte die Sinfonie Nr. 101 D-Dur, die Josef Haydn 1794 schrieb und später den Titel &bdquo;Die Uhr“ erhielt. Das Orchester ließ die humorvolle Raffinesse des Wiener Meisters in funkelnder Transparenz aufleben. Nach einem majestätischen Adagio entfesselte Bloxham ein hellwaches, rhythmisch federndes Presto, das in voller Leichtigkeit pulsierte. Im berühmten Andante, dessen stetiger Rhythmus an das Ticken einer Uhr erinnert, ließ die NWD eine fast kammermusikalische Präzision hören.

Die Pizzicati der Streicher, ein markantes Fagott und charmante Einwürfe von Oboe und Flöte formten ein feines Klanggewebe. Das Menuett funkelte vor tänzerischer Energie, während das Finale mit seinen dynamischen Kontrasten und Akzenten bestach.

Klangfülle endet nicht im Lärm Die monumentale Tondichtung &bdquo; Ein Heldenleben“ op. 40 von Richard Strauss war ein sinfonisches Bekenntnis zwischen eigener Selbstinszenierung des Komponisten, Ironie und Liebeserklärung. Schon die ersten Takte entfalteten die volle Strahlkraft des Orchesters. Die massige Besetzung mit jeweils vier Oboen, Klarinetten, Flöten, Fagotten, zwei Tuben, Harfen und vielfältigem Schlagwerk ließ den Raum in orchestraler Opulenz erstrahlen.

Bloxham gelang es, diese Klangfülle nicht in Lärm, sondern in sprechende Musik zu verwandeln. Er führte das Ensemble souverän und hielt die Architektur der 50-minütigen Tondichtung zusammen. Das Heldenthema, von tiefen Streichern getragen, besaß Wärme und Würde, während die turbulente &bdquo;Schlacht mit den Feinden“ in rhythmischer Präzision und orchestraler Wucht beeindruckte. Einen Glanzpunkt setzte Konzertmeister Hans Henning Ernst, der im dritten Abschnitt der &bdquo;Heldengefährtin“ ein lyrisches Violinsolo schenkte. Strauss’ Selbstporträt bekam eine aktuelle Lesart. &bdquo;Ein Heldenleben“ als &bdquo;sinfonisches Selfie“ des Komponisten. Das Konzert wird am Dienstag, 7. Oktober um 19.30 Uhr im Detmolder Konzerthaus wiederholt.

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