Detmold. Von Männern ausgebremst und nach dem Frauenbild der Romantik immer im Schatten der Männer stehend, das betraf zumindest die zwei Komponistinnen Josephine Lang und Fanny Hensel.
Dagegen war Mathilde Kralik, die 1944 starb, mit deutlich weniger Aufmerksamkeit gesegnet als beispielsweise ihr Kommilitone Gustav Mahler und musste gegen Ende ihres Lebens in bescheidenen Verhältnissen leben.
Ein Rufen nur aus Träumen
Diesen drei Frauen widmete das Landestheater Detmold einen Liederabend unter dem Titel „Ein Rufen nur aus Träumen - Unerhört! – Begegnungen mit Komponistinnen“. Künstler im Ahnensaal des Detmolder Schlosses waren Mezzosopranistin Lotte Kortenhaus und am Klavier Robert Lillinger.
Die überleitenden Worte mit kurzen Charakterisierungen der drei Komponistinnen sprach Emilia Ebert. Den Reigen der sehr unterschiedlichen Tonsetzerinnen eröffnete Lotte Kortenhaus mit dem frühlingshaft-optimistischen „Sechs Lieder, Op. 9 – Frühlingsgedränge“ von Josephine Lang, Text Nikolaus Lenau, und beeindruckte das Publikum sogleich mit ihrem ausdrucks- und wandlungsfähigen Sopran.
Daraus sprach die Innigkeit der Romantik, ebenso wie aus den folgenden „Sechs Lieder Op. 7“ von Fanny Hensel, der Schwester von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Während Abraham, der Vater, bei ihr „Bachsche Fugenfinger“ erkannte und Fanny auf demselben Niveau wie ihr Bruder agierte, war der Vater dennoch überzeugt, dass die Musik nicht zu Fannys Beruf werden dürfe.
Lotte Kortenhaus zeigt große Intensität
In der Folge blieb das Œuvre der bedeutendsten Komponistin des 19. Jahrhunderts zunächst nur im halböffentlichen Raum. Die verschiedenen Lieder wie „Nachtwanderer“, „Erwin“, das Sehnen und Melancholie ausdrückte, „Frühling“, rhythmisch und perlend, oder „Du bist die Ruh“, das Schmerz und Dramatik, fast wie in einem Caspar David Friedrich-Bild, vermittelte, zeigte die große Intensität von Lotte Kortenhaus, eindrucks- und hingebungsvoll begleitet von Robert Lillinger.
Dagegen stürmisch offensiv und brennende Liebe offenbarend das „Dein ist mein Herz“. Danach die „Schilflieder“ von Mathilde Kralik (bis 1919 Mathilde Aloisia Kralik von Meyrswalden), fünf an der Zahl, die das ganze Spektrum von großer Dramatik über schwarze Gewitterwolken bis hin zu liebesberauscht und zu Tode getroffen umfasste, und von Lotte Kortenhaus in fast bildhafter Manier, völlig eingetaucht in die Themen, interpretiert wurden.
Mathilde Kralik hat über 250 Werke geschrieben, war Schülerin von Anton Bruckner und Kommilitonin von Gustav Mahler, eine um die Jahrhundertwende sehr geschätzte Pianistin, Komponistin und Veranstalterin von musikalischen Soiréen. Sie hat allerdings ihr Vermögen verloren und starb verarmt. Von Josephine Lang wurde nur noch das Lied „An die Entfernte“ gegeben, dann gehörte der Abend wieder Fanny Hensel mit „Fünf Lieder, Op. 10“, von denen das letzte, „Bergeslust“ einen Tag vor ihrem plötzlichen Tod entstand.