Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Augustdorf

Religionsgemeinschaften in Augustdorf (5): Der freikirchliche Hauskreis „Aufwind“

Augustdorf. „Bei den Adventisten haben wir uns einfach nicht mehr wohlgefühlt", sagt Siegfried Gatz, Vorsitzender und Gemeindeleiter des freikirchlichen Hauskreises „Aufwind". Gemeinsam mit 17 anderen Mitgliedern hat er im Jahr 2010 den Schritt gewagt und eine eigene Glaubensgemeinschaft gegründet.

Information

"Aufwind"

Die freikirchliche Augustdorfer Gemeinde „Aufwind" besteht seit 2010. Sie ist aus der Gemeinde der Siebenten-Tags-Adventisten hervorgegangen. Die zehnköpfige Gemeinde trifft sich als Hauskreis alle 14 Tage bei den einzelnen Mitgliedern. Infos gibt es bei Deborah Barke unter Tel. (05237) 897083.

Die junge Gemeinde übernahm anfangs auch die Räume der Adventisten an der Schlesierstraße 5. Doch mit der Neugründung begannen die Herausforderungen. „Knapp sieben Mitglieder wollten in eine andere religiöse Richtung als wir und haben uns dann verlassen", schildert Deborah Barke, Kassenwartin der Gemeinschaft, den Gründungsverlauf. Da mit zehn Mitgliedern die Räumlichkeiten nicht mehr zu halten waren, treffen sich die Gläubigen seitdem regelmäßig als Hauskreis in der Wohnung von Mitgliedern.

Der Ablauf des Gottesdienstes ist dabei nicht festgelegt. „Wir singen unsere christlichen Lieblingslieder, dann betet der Gastgeber, und es wird kapitelweise aus der Bibel vorgelesen", schildert die zweite Vorsitzende Gabriele Bartholomäus die Abfolge. Im Anschluss daran tauschen sich die Mitglieder über den Inhalt der Bibel aus. „Wenn jemand aber Sorgen oder Nöte hat, sprechen wir auch darüber", so Bartholomäus.

Ein Merkmal der heutigen Zeit

Für Dr. Reinhard Hempelmann, Leiter der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen in Berlin, ist die Neugründung ein Merkmal der heutigen Zeit. „Soziologisch betrachtet zeigt eine Gemeindegründung, dass die weit verbreitete Individualisierung auch auf dem Gebiet der Religion angekommen ist", so Hempelmann.

Allen Gemeindemitgliedern sei eines ganz wichtig: „Wir sehen uns als suchende und studierende Gemeinschaft", betont Gatz. Sie nähmen die Bibel zwar wörtlich, aber betrachteten sie auch im historisch-kritischen Kontext. So glauben die Mitglieder der „Aufwind"-Gemeinde nicht an eine Heilung durch Handauflegen, wohl halten sie aber an der Erwachsenentaufe fest. Die Speiseregeln, die sie bei den Adventisten kennengelernt hatten, verfolgen die Gläubigen der kleinen Gemeinschaft auch nicht weiter. „Für uns ist es nicht zeitgemäß, darüber nachzudenken, ob wir Schweinefleisch essen, oder Alkohol trinken", so Barke.

Für Hempelmann ist diese gemeinsame Suche nach einem Profil spannend. „An diesem Beispiel kann man sehen, dass Mitglieder nach einer idealen Gemeinschaft suchen", so der Theologe. Das bestätigen auch die Mitglieder. Sigrid Gatz freut sich etwa über die Möglichkeit, ihren Glauben so zu leben, wie sie das möchte.

Unterschiedliche Glaubensverständnisse

Jeder in der Gruppe habe ein unterschiedliches Glaubensverständnis. „In einem sind wir uns aber einig", erläutert die Frau des Vorsitzenden und zählt auf: „Wir glauben an die Trinität Gottes, dass die Bibel die Grundlage darstellt, Jesus für unsere Sünden gestorben und wiederauferstanden ist und an einen Schöpfergott." Alles was darüber hinausgehe, könne jeder mit sich selbst ausmachen.

Der Ökumene stehen die „Aufwindler" offen gegenüber und sind auch ansonsten sehr bemüht, aktiv am Gesellschaftsleben teilzunehmen. So haben sie im vergangenen Jahr bereits zum dritten Mal Obdachlose mit Mützen, Handschuhen und dem Johannesevangelium beschenkt. Bei der letzten Fußballeuropameisterschaft fand im Garten von Barke ein Public Viewing statt, und ab und an veranstaltet die Gemeinde auch Kanufahrten.

Sowohl zu den Aktivitäten, als auch zu den Hauskreisen sei jeder herzlich willkommen, so die Mitglieder der Gemeinschaft. Sie würden sich zwar freuen, zu wachsen und einmal eigene Räumlichkeiten zu haben. Das Wichtigste sei aber, Gott und Jesus kennen zu lernen. „Und das kann man überall", sind sich die Gläubigen sicher.

Copyright © Lippische Landes-Zeitung 2025
Inhalte von lz.de sind urheberrechtlich geschützt.
Weiterverwendung nur mit Genehmigung der Chefredaktion.