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Religionsgemeinschaften in Augustdorf (9): Die evangelische Militärkirche

Guntmar Wolff

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Fühlen sich gut aufgehoben: Die Bundeswehrangehörigen sind nicht nur Teil der Gemeinde, sondern auch aktiv an der Gestaltung derselben beteiligt (von links): Philipp (1), Eva G., Pfarrer Martin Benker, Stephan G., Jutta Lambert und Helena (2). - © Guntmar Wolff
Fühlen sich gut aufgehoben: Die Bundeswehrangehörigen sind nicht nur Teil der Gemeinde, sondern auch aktiv an der Gestaltung derselben beteiligt (von links): Philipp (1), Eva G., Pfarrer Martin Benker, Stephan G., Jutta Lambert und Helena (2). (© Guntmar Wolff)

Augustdorf. Der Name der Gemeinde ist zugleich Programm: Die Evangelische Militärkirche Augustdorf gehört zwar zur Landeskirche, hat aber einen Sonderstatus, denn sie ist die erweiterte Form der Militärseelsorge am Bundeswehrstandort Augustdorf.

Das Pfarramt, das eine Bundesdienststelle ist, wird von Pfarrer Martin Benker wahrgenommen, der als Militärpfarrer die Dienststelle der Evangelischen Militärseelsorge in der Kaserne leitet. Diese ist auf der Grundlage des Militärseelsorgevertrages von 1957 ein Organisationsbereich der Bundeswehr. Für diese Tätigkeit wird Benker von der Landeskirche für zwölf Jahre beurlaubt.

Seit sechs Jahren ist der Theologe nun bereits für die Augustdorfer Gemeinde verantwortlich und fühlt sich richtig wohl. „Unsere Gemeinde hat einen erfrischend anderen Blickpunkt auf Dinge", so Benker, denn die Soldaten würden häufig kein Blatt vor den Mund nehmen. Auch würden Traditionen schneller auf den Prüfstand gestellt, denn „Gott muss für den Dienst praktisch sein", erklärt der Pfarrer.

Die Gemeinde zählt 1500 Mitglieder, und auch wenn die Kirche für jeden offen ist, sind es doch zumeist Bundeswehrangehörige, die die Gottesdienste besuchen. Zwischen 30 und 300 Personen nehmen an den sonntäglichen Gottesdiensten teil, die, so der Pfarrer, „einen 
lutherischen Einschlag" hätten.

Daneben gibt es eine Vielzahl an anderen Aktivitäten in der Gemeindet. So finden regelmäßig Familiengottesdienste statt, neben Feldandachten gab es auch schon viele Trau- und Taufgottesdienste, die auf dem Übungsplatz abgehalten wurden. Aber nicht nur in bei Übungen auf dem Gelände hält Benker Gottesdienste unter freiem Himmel ab. Er ist auch bei Einsätzen unterwegs, um die Soldaten seelsorgerisch zu begleiten.

Allerdings sieht sich Benker bewusst nicht nur als Seelsorger der Soldaten, sondern auch der Familien. Denn vor allem eine Gemeinde für Bundeswehrangehörige hat einen speziellen Bedarf an Seelsorge. Aus diesem Grund bietet der Militärpfarrer für die 
Familien, deren Angehörige sich im Einsatz befinden, Erholungswochenenden an. „Dann fahren wir schon mal nach Wuppertal oder auf den Familienhof nach Gronau", so Benker. Das Ziel sei es sich auszutauschen, abzuschalten und abzulenken.

Den Kern seiner Predigt erläutert der Theologe wie folgt: „Gott liebt die Menschen mit ihren Talenten und Werten." Das sei ganz wichtig zu verstehen, da die Soldaten mit unterschiedlichen Erfahrungen zu ihm kämen. „Meine Leidenschaft ist es, den Menschen Gott nahe zu bringen", sagt Benker.

Dass neben den Soldaten auch die Angehörigen diese Nähe benötigen, weiß auch Jutta Lambert, deren Mann in Augustdorf stationiert ist. „Man ist selbst mit ganz anderen emotionalen Dingen konfrontiert, wenn dein Mann im Einsatz ist", so die 32-Jährige. Darum müsse in einer Predigt auch das Gefühl der Sicherheit vermittelt werden, wünscht sich Jutta Lambert.

Stephan G., Oberleutnant der 4. Kompanie des Panzerbataillons, stimmt dem zu: „Auch wenn sich der Glaube nicht verändern wird, so muss sich Gott an uns anpassen." Das kann Benker nur bestätigen und ergänzt: „Die kirchliche 
Sprache muss man hier zu Hause lassen."

Neben der Seelsorge für die Soldaten und ihre Familien hat die Augustdorfer Gemeinde aber auch schon seit Bestehen ein kleines Rundum-Sorglos-Paket geschnürt. So gehört zu der Gemeinde auch die Kindertageseinrichtung „Stachel-Bär", die von Anfang an ein fester Bestandteil im Angebot gewesen ist, denn schon kurz nach dem Bau der Militärkirche im Jahr 1962 entstand auf dem Kirchengrundstück auch der Kindergarten.

Und so ist Martin Benkers Arbeit davon gezeichnet, immer ganz nah an den Soldaten und ihren Familien zu sein. Er fordert sie dazu auf, die Kirche mitzugestalten. Der Militärpfarrer stellt sich dabei selbst in die hintere Reihe. Sein Leitsatz ist: „Es ist eure Kirche, nicht meine."

Mit diesem Artikel endet die Reihe „Religionsgemeinschaften in Augustdorf". Es fehlt der „Verein zur Förderung der Baptisten-Brüdergemeinde e.V.", dessen Verantwortliche für ein Interview nicht zur Verfügung standen.

Information

Angebote der Kirchengemeinde

Das Gotteshaus der evangelischen Militärkirchengemeinde steht in der Hermannstraße 1. Neben einem Chor und einer Gitarren-AG gibt es Bibelgesprächskreise, eine Krabbelgruppe und sogar eine Arbeitsgemeinschaft für Modellbau in der Gemeinde.

Zusätzlich gibt es das Angebot einer psychologischen Beratung und eine Austauschrunde für Soldaten mit posttraumatischen Belastungsstörungen. Am 11. März wird die Gemeinde beim Luther-Pop-Oratorium in Halle mitwirken. Mehr Informationen unter www.militaerkirche-augustdorf.de im Internet.

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