Eine Fahrstunde der besonderen Art in Augustdorf

Augustdorf. &bdquo;Das ist eigentlich ganz einfach: Rechts, hoch und loslassen“, erklärt Cord Helge Meyer den Schaltvorgang des Panzersimulators. An einem ausgebauten Schaltknüppel wird das Manöver geübt. &bdquo;Für die Trockenübung“, sagt Cord Helge Meyer lachend. Heute ist er noch immer Reservist bei der Bundeswehr, früher hat er auch an diesem Simulator Soldaten ausgebildet.

Beim Betreten der Räume des Augustdorfer Vereins &bdquo;FahrSimKette“ der Generalfeldmarschall-Rommel-Kaserne fühlt es sich fast an, als würde man eine Zeitkapsel betreten. Alte Stühle, bezogen mit dunkelgrünem Stoff, der sich über die Jahre abgewetzt zu haben scheint. Die Bilder an den Wänden sind durch das Licht sichtbar ausgeblichen. &bdquo;Urig“ wäre wohl eine passende Beschreibung, und wenn man bedenkt, wie lange die Einrichtung dort schon steht, auch durchaus gerechtfertigt.

Seit der Schließung der Ausbildungskompanie 102 in Augustdorf betreiben sie den letzten in der Bundeswehr verbliebenen analogen Ausbildungssimulator für den &bdquo;Leopard 1“-Panzer in der Kaserne. Der stammt aus dem Jahr 1978, einer Zeit, in der der Personal Computer, das Internet und E-Mail noch Fremdwörter waren. An diesem Übungsgerät wurde der erste Grundstein gelegt, um die Soldaten auf das echte Kampfgerät vorzubereiten. Und es gab damals nicht nur einen, sondern gleich vier Simulatoren, wie Thorsten Lohöfer vom Verein berichtet. &bdquo;Früher wurden hier die Soldaten wie am Fließband zu Panzerfahrern ausgebildet“, erinnert er sich an alte Zeiten. Und er muss es wissen, schließlich war er selbst dabei und hat als Fahrlehrer den ursprünglichen Betrieb erlebt. Und man merkt: Hier geht es nicht um’s Krieg spielen, sondern um den Erhalt der Technik längst vergangener Tage.

Gepanzerte Enge

Das Schalten ist tatsächlich nicht schwer, auch wenn es komisch ist nur aufwärts zu schalten. Da war das Einsteigen in die Kabine eine größere Herausforderung. Panzerfahrher in Deutschland dürfen laut Bundeswehr maximal 1,84 Meter groß ein - und wenn man diese Größe hat, wird auch schnell klar, warum. Zum Einsteigen gibt es eine Sprosse an der Außenseite des Panzersimulators und dann fädelt man sich von oben auf den Fahrersitz. Ein Panzerfahrer sollte keine Probleme mit Enge haben, denn viel Platz gibt es nicht. Viele blinkende Lampen, mehrere mechanische Tachos - unter anderem ein großer Drehzahlmesser - und das Halbkreis-Lenkrad. Im Fußraum befinden sich die Pedale – links die Bremse, rechts das Gaspedal. Im Vergleich zu denen in Autos überdimensional groß und bei der Bedienung ist auch mehr Muskelkraft benötigt. Zur Verständigung mit dem Fahrlehrer gibt es noch ein Paar Bügelkopfhörer samt Mikrofon.

Ein Mini-Hermann und eine tote Fliege

&bdquo;Mit Kraft auf die Bremse treten, den ersten Gang einlegen und dann Gas geben“, knistert es durch die Kopfhörerlautsprecher. Gesagt, getan - und wir rollen los. Die Kabine ruckelt und vibriert, während wir durch die Modelllandschaft fahren. &bdquo;Scharf rechts einlenken“, ertönt es über die Kopfhörer. Gar nicht so leicht, das Ding fährt sich wie ein Panzer. In der Ferne ist sogar das in Miniaturformat abgebildete Hermannsdenkmal zu sehen. Und eine tote Fliege liegt auf einer Straße der Modelllandschaft. &bdquo;Manche Vereinsmitglieder machen sich einen Spaß“, erklärt Cord Helge Meyer lachend.

Wir steuern auf eine Wellenbahn im Gelände zu. &bdquo;Beim Bergabfahren Gas geben und mit dem Schwung den Berg hochfahren“, instruiert Cord Helge Meyer. Beim Befahren der Strecke wird die Kabine so heftig durchgerüttelt, dass man beinahe vergisst, dass es sich nur um eine Simulation handelt und nicht um eine echte Panzerfahrt.

Technik und große Augen

Rumms. Hoppla. Busch übersehen. Und das nimmt der Simulator einem merklich übel. Auch wenn der Busch einem echten Panzer wohl wenig entgegenzusetzen hätte, geht es schließlich darum, das fehlerfreie Fahrverhalten zu trainieren. Nach 30 Minuten ist die Fahrtzeit zu Ende. Und die geht nicht spurlos an einem vorbei, auch wenn es nur ein Simulator ist.

Eine abwechslungsreiche Erfahrung und beim Betrachten der Technik, die damals auf dem neuesten Stand war und im Vergleich zu heute um einiges größer war, auch ein wenig unheimlich. Nach der Fahrstunde wird scherzhaft ein Panzerführerschein ausgestellt und überreicht. Neben den anderen Schaulustigen kommt auch einmal im Jahr eine Gruppe junger Kadetten von einer Militärschule aus England zum Training, wie Meier berichtet. Die Schüler seien keine Unschuldslämmer, da ihre Aufnahme an der Schule vermutlich nur nach einer Auswahlentscheidung erfolgt – entweder zwischen einem Jugendgefängnis oder einer Militärschule.

Ungewisse Zukunft

Der Verein &bdquo;FahrSimKette“ hat sich mit seinem analogen Leopard-1-Simulator ein Stück Militärgeschichte bewahrt, das nicht nur für Panzerfreunde, sondern auch für Technikbegeisterte eine faszinierende Erfahrung darstellt. Doch im Verein, der kürzlich sein 20-jähriges Bestehen gefeiert hat, ist durchaus Nachdenklichkeit in Bezug auf die Zukunft zu spüren. &bdquo;Ob wir das 30-jährige Jubiläum noch feiern können, bleibt abzuwarten“, erzählt Thorsten Lohöfer. Grund hierfür sei jedoch nicht der Mangel an neuen Vereinsmitgliedern, sondern der Simulator selbst.

Besser gesagt, seine Instandhaltung, falls einmal etwas repariert werden muss. Zwar seien zwei Mechaniker, die damals für die Herstellerfirma des Simulators, &bdquo;Kraus-Maffei“, gearbeitet haben, Mitglieder im Verein, aber beide sind bereits über 70 Jahre alt. Wenn etwas kaputtgeht, bestehe die Gefahr, dass niemand mehr weiß, wie man den Simulator repariert. &bdquo;Die Corona-Zeit hat uns der Simulator richtig übel genommen“, erinnert sich Thorsten Lohöfer und ergänzt: &bdquo;Der will benutzt werden!“ Zu lange durften keine Vereinsaktivitäten stattfinden, was zu Problemen im Simulator geführt hat.

Beim Verlassen des Raumes betritt eine Gruppe Jungs den Raum, schätzungsweise im Alter zwischen acht und zehn Jahren. &bdquo;Wer von euch möchte denn als erstes fahren?“, fragt Cord Helge Meyer die Gruppe, kaum noch aus dem Staunen herauskommt. Sofort schnellen mehrere Meldefinger in die Luft. &bdquo;Alles klar. Das ist eigentlich ganz einfach. Rechts, hoch und...“

Technik aus vergangenen Tagen

Der Simulator des &bdquo;Leopoard 1“-Panzers stammt aus dem Jahr 1978, als an digitale Bilderzeugung und Bildverarbeitung noch nicht zu denken war. Was aber möglich war, war es, ein Fernsehbild von einer Kamera auf einen Monitor zu übertragen – und das ist das ganze Geheimnis des Simulators.

Ein Tastschuh mit Kamera, der ein wenig wie der Nähfuß einer Nähmaschine aussieht, fährt durch eine 21 Quadratmeter große Modelllandschaft. Diese wird dann auf den Bildschirm übertragen, der an der Simulatorkabine befestigt ist. Der Fahrlehrer überwacht die Fahrt vom Fahrlehrerpult aus. Von diesem Punkt aus kann er jederzeit eingreifen, etwa wenn der Tastkopf gegen ein unbewegliches Hindernis gesteuert wird und es zu einem &bdquo;Unfall“ kommen könnte.

Sollte der Fahrlehrer nicht rechtzeitig reagieren, bewegt sich der Tastschuh nach oben, um weiteren Schaden zu verhindern. Wenn die Überlastsicherung aktiviert wird, zieht sich der Tastschuh automatisch aus dem Gefahrenbereich zurück, um die Mechanik und die Optik zu schützen.

Zudem hat der Fahrlehrer am Pult die Möglichkeit, verschiedene Szenarien zu simulieren und die Reaktion des Fahrers zu testen, beispielsweise indem er die Kontrollleuchte für den Öldruck einschaltet.

&bdquo;KraussMaffei“ und die Entwicklung von Panzersimulatoren

Die Panzersimulatoren von &bdquo;KraussMaffei“ wurden entwickelt, um Soldaten zu schulen, ohne dass diese sich in einem echten Panzer befinden mussten. Dies war besonders in den 1970er-Jahren von Bedeutung, als die Bundeswehr begann, die Ausbildung von Panzersoldaten effizienter und kostengünstiger zu gestalten.

Der Simulator von &bdquo;KraussMaffei“ für den &bdquo;Leopard 1“ war einer der ersten analogen Simulatoren, die in der Bundeswehr verwendet wurden. Diese Geräte wurden zur Vorbereitung von Soldaten auf das Fahren eines echten Panzers eingesetzt. Das Ziel war, den Soldaten grundlegende Fahrmanöver, die Handhabung des Panzers und das Reagieren auf verschiedene Szenarien beizubringen – ohne dass ein echtes Fahrzeug in Gefahr geriet.

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