Ermittler wollen Augustdorfer Häftling anhand roter Schuhsohlen überführen - und scheitern

Detmold/ Augustdorf. Die Vorwürfe klingen dreist: Ein im offenen Vollzug sitzender Augustorfer soll während seiner Hafturlaube im Herbst 2024 gleich in mehrere Firmen in der Sennegemeinde eingebrochen sein - und das nicht zum ersten Mal. Davon ist zumindest die Staatsanwaltschaft Detmold anhand einiger Indizien überzeugt. Im Mittelpunkt stehen auffällig rote Sohlen von Schuhen, die nicht mehr auffindbar sind. Dem Schöffengericht am Amtsgericht Detmold reicht die Beweislage nicht aus. Am Ende steht ein Freispruch.

Ganz an den Haaren herbeigezogen sind die Vorwürfe allerdings nicht. &bdquo;Dieses Verfahren hat den Anschein, Sie könnten etwas mit der Tat zu tun haben“, sagt der Vorsitzende Richter Martin van der Sand am Freitagvormittag bei der Urteilsverkündung. &bdquo;Der Einzige, der das aber wirklich weiß, sind sie selbst.“ Aus Sicht der Kammer gibt es keine eindeutigen Beweise, die den bereits wegen anderer Einbruchsdelikte in Haft sitzenden Augustdorfer überführen könnten - und er selbst bestreitet alles.

Indizien reichen dem Gericht nicht Es reiche nicht aus, erklärt Richter van der Sand, dass die vier jetzt angeklagten Einbrüche in Augustdorf an den Tagen im Herbst 2024 passiert sind, als der Angeklagte gerade auf Hafturlaub war - und dann ausgerechnet an Tatorten - darunter eine Bäckerei, eine Metallfirma und ein Kindergarten - an denen der 36-Jährige im Jahr 2022 schon einmal Einbrüche begangen haben soll.

Selbst dem als Zeugen aussagenden Firmeninhaber kam es komisch vor, als im Oktober 2024 ausgerechnet dasselbe Büro durchwühlt wurde, in dem zwei Jahre zuvor der größte Schaden beim Aufflexen eines Safes entstanden war. &bdquo;Die Schranktür, in der der Safe damals platziert war, stand weit offen. Da waren jetzt Putzmittel drin“, sagt der Zeuge aus. Der Angeklagte soll vor Jahren schon mal als Leiharbeiter in der Firma gearbeitet haben.

Richter Martin van der Sand lässt die Gedankenblase allerdings schnell platzen, der sich Hobbydetektive in dieser Sekunde hingeben. Selbst Staatsanwalt Moritz Lange ist überrascht, als er vom Vorsitzenden erfährt, dass der vor ihm sitzende Angeklagte für den Einbruch im Jahr 2022 in die wieder im Fokus stehende Metallfirma freigesprochen wurde. Schon damals ließ sich die Identität des Täters aus Sicht des Gerichts nicht feststellen. Allerdings wurde der Mann für zwei weitere Einbrüche zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Die Strafe verbüßt er gerade.

Staatsanwalt ist dennoch von Schuld überzeugt Staatsanwalt Lange ist dennoch überzeugt, den richtigen Täter vor sich sitzen zu haben. Nur für die beiden Einbrüche in eine Bäckerei gebe es keine Beweise, dafür beantragt er einen Freispruch. Für die zwei weiteren Taten fordert Lange dagegen zwei Jahre und zehn Monate Haft sowie einen Haftbefehl wegen Wiederholungsgefahr. Schon beim Plädoyer ist ihm klar, mit dieser Meinung wohl &bdquo;eher exklusiv“ zu sein.

Eine wesentliche Rolle für die Theorie der Ermittler spielen Schuhe mit auffälligen roten Sohlen, die bei der Einbruchsserie im Jahr 2022 von der Polizei vorübergehend beschlagnahmt wurden. Überwachungskameras hatten einen Mann mit auffälligem Schuhwerk offenbar erneut aufgezeichnet - zusätzlich gab es passende Spuren, so sehen es die Ermittler.

&bdquo;Die Schuhabdrücke passten eins zu eins mit den Schuhen zusammen, die damals beschlagnahmt und ihm im Sommer 2024 wieder ausgehändigt wurden“, sagt der ermittelnde Polizeibeamte (36) vor Gericht. Kurz bevor es mit der Einbruchsserie losging. Sein Kollege hatte sich erinnern können, dass dieselben Objekte schon einmal das Ziel von Diebstählen waren, deshalb geriet der jetzt Angeklagte unter Verdacht. Die Ermittler sammelten daraufhin Indizien, prüften seinen Aufenthalt in der Justizvollzugsanstalt.

Polizei kommt Häftling auf die Spur &bdquo;Immer, wenn er Urlaub hatte, gab es Einbrüche in Augustdorf“, sagt der Polizeibeamte. Außerdem hatte eine Überwachungskamera einen haltenden Kastenwagen mit markanter Schrift festgehalten, kurz bevor eine tatverdächtige Person aufs Gelände kam. Den Firmenwagen ordneten die Ermittler ebenfalls dem Angeklagten zu. Der gab zwar an, in der Straße unterwegs gewesen zu sein, sich aber mit einem Lkw-Fahrer getroffen zu haben. Der Polizeibeamte erklärt vor Gericht weiter, der Augustdorfer habe sich während seiner damaligen Vernehmung in einige Widersprüche verstrickt, was seinen Aufenthalt betraf.

Doch problematisch ist aus Sicht der Kammer schon, dass die besagten Schuhe mit den auffälligen Sohlen nicht wieder aufgetaucht sind. Ohne den Schuh hatte es nämlich auch nicht die Möglichkeit gegeben, ein Schuhspurengutachten anzufertigen. Das Gericht sieht den Zusammenhang eigenständig nicht. Der Angeklagte selbst hatte angegeben, die Schuhe nicht mehr benutzt und weggeworfen zu haben.

Geständnis eines Mitgefanganen Dass Verteidiger Sascha Haring zu Beginn der Verhandlung noch ein Kaninchen aus dem Hut zaubert, scheint für die Beweisaufnahme völlig nebensächlich. In einem Brief hatte ein Mitgefangener der JVA angegeben, sein Kollege werde fälschlicherweise für Einbrüche verdächtigt, die er begangen habe. Dazu zählt er feinsäuberlich dazugehörige Aktenzeichen auf. Richter van der Sand lässt ihn spontan aus dem Gefängnis vorführen, zu den Vorwürfen will der Häftling aber nichts sagen, um sich nicht selbst zu belasten.

Verteidiger Haring ist am Ende der Einzige, der den geständigen &bdquo;Alternativtäter“ in seinem Plädoyer auf Freispruch überhaupt erwähnt. Weder Staatsanwalt Lange geht im Schlussantrag auf ihn ein noch erwähnt der Vorsitzende Richter ihn in der Urteilsverkündung. Einen Freispruch gibt es für den angeklagten Augustdorfer trotzdem. Rund vier Monate muss der 36-Jährige nun noch rumkriegen, denn wegen der hier angeklagten Vorwürfe hatte er seine Haftstrafe zuletzt im geschlossenen Vollzug absitzen müssen.

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