Augustdorf/Malaysia. Die Luft steht schwer über dem malaysischen Dschungel. 33 Grad, 98 Prozent Luftfeuchtigkeit, Mückenschwärme im Morgengrauen – der Schweiß läuft in Strömen. Zwischen dicht bewachsenen Baumreihen bewegt sich eine kleine Patrouille aus sieben blauuniformierten UN-Soldatinnen und Soldaten vorsichtig durch das Gelände. Unauffällig folgen drei Ausbilder. Einer von ihnen: Oberstleutnant Stefan aus der Panzerbrigade 21 „Lipperland“, der anonym bleiben soll. Gemeinsam mit zwei Ausbildern des Malaysian Peacekeeping Centre begleitet er die Gruppe während einer realitätsnahen Abschlussübung in der Region Malakka. Die Soldatinnen und Soldaten gehören zum 15. Internationalen Militärbeobachterlehrgang der malaysischen Streitkräfte, heißt es in einem Pressebericht. Das Szenario verlangt ihnen viel ab: Nach einem simulierten Angriff mussten die unbewaffneten UN-Beobachter ihren Stützpunkt verlassen und versuchen nun, einen sicheren Sammelpunkt zu erreichen. „Die angehenden Militärbeobachter sind unbewaffnet und mussten ihren Stützpunkt nach einem Angriff evakuieren“, wird Stefan zitiert. Minenfund und Offroad-Fahrten Dreieinhalb Wochen intensiver Ausbildung liegen hinter den Teilnehmenden. Der Lehrgang folgt strikt den Vorgaben der Vereinten Nationen. Stefan selbst bringt umfangreiche Erfahrung aus Einsätzen in Afghanistan, im Irak sowie aus zwei UN-Missionen im Sudan und in der Westsahara mit. Zu Beginn standen theoretische Grundlagen im Fokus: Verhandlungstechniken, der Umgang mit Sprachmittlern, Minen- und Kampfmittelerkennung, Navigation sowie Verhalten bei Geiselnahmen. Ab der zweiten Woche rückten praktische Inhalte in den Vordergrund. In der dritten Woche dominierten realistische Trainings – Offroad-Fahrten mit Geländefahrzeugen, das Reagieren auf Waffenstillstandsverstöße, der Umgang mit Bedrohungslagen, das Auffinden von Toten und das Verhalten in extremen Stresssituationen. „Es sind Worst-Case-Szenarien – aber genau darauf müssen Militärbeobachterinnen und -beobachter vorbereitet sein“, betont Stefan. Frauen beteiligt Besonders auffällig war laut Bundeswehr die hohe Beteiligung von Frauen: Sechs malaysische Soldatinnen und zwei Polizistinnen nahmen teil. Unterstützt wurde die Ausbildung durch zwei malaysische Instruktorinnen und eine thailändische Gast-Ausbilderin. Viele der Teilnehmerinnen seien erfahrene Soldatinnen und Familienmütter gewesen – hochmotiviert, lernstark und mit beeindruckender Professionalität, hebt Stefan hervor. Militärbeobachter werden dort eingesetzt, wo Konfliktparteien keine bewaffneten Friedenstruppen zulassen. Sie überwachen Waffenstillstände, beobachten Truppenbewegungen, melden Verstöße und berichten an die internationale Gemeinschaft. „Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Vertrauensbildung und Stabilisierung in Krisenregionen“, heißt es. Eingesetzt werden sie für die Vereinten Nationen, die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa oder die Europäische Union. Deutschland unterhält dazu enge internationale Ausbildungspartnerschaften. Soldatinnen und Soldaten vieler Nationen absolvieren Lehrgänge der Bundeswehr in Deutschland. Im Gegenzug entsendet Deutschland Ausbilder an internationale Partnerzentren. Dadurch entsteht schon während der Ausbildung ein missionsnahes Umfeld, das die spätere Zusammenarbeit im Einsatz erleichtert. Hitze, Schweiß und Freude Die klimatischen Bedingungen des tropischen Landes bleiben für Stefan eine besondere Herausforderung: „Schon nach kurzer Zeit im Freien ist man komplett durchnässt.“ Seine Anerkennung gilt besonders den malaysischen Soldatinnen, die als Teil ihrer Uniform dauerhaft einen Hidschab tragen – selbst unter extremer Luftfeuchtigkeit. Zurück im dichten Dschungel erreicht die Patrouille ihren Sammelpunkt. Als die Ladeklappe des UN-Lasters hinter der letzten Soldatin schließt, bricht Jubel aus. Die sechstägige Übung Blue Haven ist erfolgreich abgeschlossen, damit endet auch die Ausbildung. Am folgenden Tag erhalten 31 Teilnehmer aus neun Nationen ihre Zertifikate und gehören nun offiziell zur weltweiten Gemeinschaft der UN-Militärbeobachter. „Man wird sich wiedersehen – irgendwo in dieser komplizierten Welt: im Dschungel, im Gebirge oder in einer der vielen Krisenregionen, die die Vereinten Nationen befrieden möchten“, sagt Stefan zum Abschluss.