Interview: Kardiologe warnt vor Herzkrankheiten und Ärztemangel

Bad Salzuflen. Mehr als 200 Herzspezialisten kommen am 23. und 24. November zum 7. Kardio-Forum Westfalen-Lippe im Kurhaus Bad Salzuflen zusammen. Das Forum ist nicht nur die größte Fortbildungsveranstaltung seiner Art in der Region. Es soll laut Mitorganisator Prof. Stephan Gielen auch Weichen für mehr Gesundheitsprävention und eine zukunftsfähige Behandlung herzkranker Patienten stellen. Wie genau, erklärt der Chefarzt für Kardiologie im Interview.

Wer stellt das Kardio-Forum auf die Beine?

Prof. Stephan Gielen: Beteiligt sind vier große kardiologische Kliniken in Ostwestfalen-Lippe: Neben dem Klinikum Lippe Detmold, an dem ich arbeite, das Klinikum Herford, das Klinikum Gütersloh und das Sankt Vincenz Krankenhaus in Paderborn.

Und warum geht es erstmals nach Bad Salzuflen?

Gielen: Jedes Jahr kümmert sich eine der vier Kliniken um die Organisation des Kardio-Forums. Dieses Mal sind wir vom Klinikum Lippe dran. Da die Stadthalle in Detmold umgebaut wird, haben wir nach einem anderen Veranstaltungsort gesucht. Bad Salzuflen lässt sich sehr gut für die Teilnehmer erreichen und bietet mit dem Kurhaus einen exzellenten Rahmen für die Tagung. In den Pausen laden Altstadt und Kurpark zum Spaziergang ein.

Welche Schwerpunkte setzen Sie auf dem Forum?

Gielen: Es geht zum einen um chronische Herzinsuffizienz und darum, wie sich die stationäre und ambulante Behandlung optimal verzahnen lassen.

Was versteht man genau unter Herzinsuffizienz?

Gielen: Das Herz kann nicht mehr ausreichend Blut in Muskeln und Organe pumpen und diese mit Sauerstoff versorgen. Das führt zu Luftnot, körperlicher Schwäche und wirkt sich auf das soziale Miteinander aus.

Inwiefern?

Gielen: Viele Patienten sind zu kraftlos, um weiter aktiv am Leben teilzunehmen und bleiben lieber zu Hause.

Wer ist davon betroffen?

Gielen: Allein bei den über 80-Jährigen jeder Zehnte. Diese Erkrankung ist derzeit noch viel zu wenig ins Bewusstsein der Bevölkerung gerückt. Wenn es ums Herz geht, denken die meisten immer zuerst an einen Herzinfarkt.

Warum ist das so?

Gielen: Früher war ein Herzinfarkt oft ein Todesurteil. In den vergangenen 20 Jahren hat sich in der Behandlung jedoch viel getan. Im Krankenhaus sterben nur noch weniger als zehn Prozent der Herzinfarktpatienten. Bei vielen, die überleben, bleibt aber ein Schaden am Herzmuskel zurück, der zur Pumpschwäche und Herzinsuffizienz führen kann. Das ist zunehmend zum medizinischen Hauptproblem geworden.

Lässt sich eine Herzkrankheit nicht auch frühzeitig verhindern?

Gielen: Da sprechen Sie ein wichtiges Stichwort an: Prävention. Hierfür gibt es ja auch das Präventionsgesetz, dessen praktische Umsetzung ebenfalls Thema auf dem Forum sein wird. Es muss mehr auf Vorsorge gesetzt werden.

Wie?

Gielen: Am besten wird das an einem Beispiel deutlich: Ein 50-jähriger Mann, der weder raucht, noch Diabetes, erhöhten Blutdruck und zu hohe Blutfettwerte hat, hat nur zehn Prozent des Herzinfarktrisikos, das ein gleichalter Raucher mit Diabetes, Bluthochdruck und hohen Fettwerten hat. Wir wollen den Teilnehmern unseres Kongresses zeigen, wie man in der Praxis Hochrisikopatienten erkennt und dem Herzinfarkt effektiv vorbeugen kann. Dazu braucht es für Ärzte natürlich auch den passenden finanziellen Rahmen.

Welche Rolle spielt hierbei der Nachwuchsmangel in Ostwestfalen-Lippe?

Gielen: Eine wichtige. Insbesondere im ländlichen Raum steht die flächendeckende Versorgung mit Ärzten auf dem Spiel. Es fehlen die Nachfolger von Kollegen, die in Rente gehen. Auch an den Kliniken wird es schwieriger, offene Stellen qualifiziert zu besetzen. Hier wurden schon politische Konzepte erarbeitet, um dem entgegenzuwirken. Es braucht jedoch ständigen Austausch, ob diese auch etwas bringen.

Wer kann am Forum teilnehmen?

Gielen: Es richtet sich an Allgemeinmediziner, Internisten und Kardiologen aus Kliniken und Arztpraxen in Westfalen-Lippe. Die Registrierung kostet nur 20 Euro. Interessierte können sich unter www.kardio- forum-owl.de anmelden.

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