"Buddys" mit ganz viel Herz: Das steckt hinter den Alltagshelfern in Salzuflen

Bad Salzuflen. Shireen Khalaf (33) weiß genau, wie es sich anfühlt, fremd in einem Land zu sein. Vor sechs Jahren floh sie aus Syrien nach Deutschland und kam kurz darauf nach Bad Salzuflen. Sie kannte niemanden und verstand kein Wort. Die ersten Wochen waren hart. &bdquo;Ich wollte aufgeben“, gibt sie zu. Doch sie hat es nicht getan.

Heute ist Shireen Khalaf in der Kurstadt angekommen. Eltern und Geschwister leben ebenfalls hier, sie hat selbst eine kleine Familie, macht eine Weiterbildung zur Integrationsbegleiterin. Und fühlt sich wohl. &bdquo;Nicht jeder schafft das, was wir geschafft haben“, weiß Khalaf. Damit sich das ändert, will sie ihre eigenen Erfahrungen teilen und anderen Geflüchteten beim Ankommen helfen. Seit Kurzem ist sie daher als &bdquo;Buddy“ beim Salzufler Kinderschutzbund angestellt.

Unterstützung beim Deutschlernen und anderen Problemen

Der hat nach seiner Neuaufstellung ein sogenanntes &bdquo;Buddy-Konzept“ entwickelt, erzählt der zweite Vorsitzende Helmut Becker. Anfang April ging das Programm an den Start. Die Idee: Die derzeit drei &bdquo;Buddys“ – zu Deutsch &bdquo;Kumpel“ – unterstützen die bislang gut zwölf Teilnehmer. &bdquo;Die ,Buddys sind quasi Alltagshelfer. Sie unterstützen beim Deutschlernen, aber auch bei anderen Problemen“, erklärt Becker. Das Angebot richtet sich explizit nicht nur an Menschen mit Migrationshintergrund, sondern an alle, die in irgendeiner Form Unterstützung im Alltag brauchen – vom Grundschüler bis zum jungen Erwachsenen.

Eine von ihnen ist Nalin Alahmad. Die 18-Jährige stammt aus Syrien, seit einem Jahr lebt sie in Deutschland, seit ein paar Monaten in Bad Salzuflen. Aktuell besucht sie die neunte Klasse einer Detmolder Schule. Große Probleme hat sie mit der Sprache. Die ersten Wochen habe sie nichts von dem verstanden, was die Lehrer erzählten, sagt sie schüchtern.

Inzwischen kann sie sich ein wenig ausdrücken, auch wenn sie noch nicht alles versteht. Shireen Khalaf übersetzt im Gespräch, wenn es zu schwierig wird. Neulich hat sie Alahmad auch bei einem Arzttermin geholfen. Doch Nalin habe in nur drei Monaten große Fortschritte gemacht. &bdquo;Ich bin stolz, wenn ich jetzt ihre Noten sehe“, freut sich Shireen Khalaf, die in ihrem Heimatland englische Literatur studiert und dort auch Nachhilfe gegeben hat.

Regelmäßige Treffen in Kleingruppen

Getroffen wird sich beim Kinderschutzbund normalerweise in Kleingruppen ein- oder mehrmals pro Woche. Räume hat man dafür seit Kurzem über der Brandesschen Apotheke am Markt angemietet – Inhaber Karl Brandes ist ebenfalls Mitglied beim Kinderschutzbund. Ein Büro gibt es hier, einen Kühlschrank, einen kleinen Gruppenraum. Im Regal stapeln sich Lernmaterialien, Papier und Stifte, Spiele – auch damit wird Deutsch trainiert. In der Ecke steht ein Tischkicker, an der Wand klebt das Alphabet. Beim Einrichten haben alle mit angepackt, zuletzt ist noch ein Computer angeschafft worden, erzählt Becker. Um kleinere Hausmeistertätigkeiten und das Drumherum kümmert sich meist Srour Khalaf (28) – der Bruder von Shireen.

Er ist ebenfalls als &bdquo;Buddy“ im Einsatz, trifft sich mehrmals pro Woche mit seinen Schützlingen. Fünf Jahre hat er nach seiner Flucht aus Syrien zunächst in Österreich gelebt, dort Deutsch gelernt und Übersetzertätigkeiten bei Behörden für andere Geflüchtete übernommen.

Seit Oktober 2020 ist er in Bad Salzuflen, hat inzwischen eine eigene kleine Familie gegründet. Demnächst wird er eine Ausbildung zum Mechatroniker beginnen. Er will dem Kinderschutzbund aber weiterhin die Treue halten und &bdquo;Buddy“ bleiben. &bdquo;Ich sehe, wie sich die Teilnehmer entwickeln. Das freut mich einfach“, sagt er. &bdquo;Es scheint wirklich gut zu funktionieren.“

Angebot soll langfristig ausgeweitet werden

Als dritter &bdquo;Buddy“ im Bunde ist die Mutter der Khalaf-Geschwister im Einsatz. Langfristig wolle man das Angebot ausbauen, sowohl was die Teilnehmer, als auch was die &bdquo;Buddys“ angehe, sagt Helmut Becker. Denn der Bedarf sei auf jeden Fall gegeben. Aber alles Stück für Stück – schließlich müsse sich der Kinderschutzbund jetzt erst einmal langsam auf solide Füße stellen und auch sehen, dass man finanziell alles gestemmt bekomme. 12,50 Euro erhalten die &bdquo;Buddys“ pro Stunde für ihre Tätigkeit.

Dass das Angebot des Vereins Sinn macht, da ist sich Shireen Khalaf ganz sicher. &bdquo;Ich hätte mir einen solchen ,Buddy vor sechs Jahren gewünscht“, sagt sie. Mit umso mehr Herz sei sie jetzt bei der Sache. Damit die Integration auch bei anderen so gut gelinge wie bei ihrer Familie. Und die Geflüchteten eben nicht auf die Idee kommen, aufzugeben. Bei Nalin Alahmad könnte das klappen. Sie ist froh, jemanden wie Shireen an ihrer Seite zu haben. &bdquo;Ohne sie würde ich nicht zurecht kommen“, sagt sie. Und ein Ziel, das hat Nalin Alahmad auch ganz klar vor Augen: Sie möchte Ärztin werden.

Hohe Spende

Unternehmerin Prof. Dr. Ulrike Detmers ist Schirmherrin des Salzufler Kinderschutzbundes und hat dem Verein zuletzt mit einer Spende in Höhe von 10.000 Euro unter die Arme gegriffen. Dafür konnten unter anderem die neuen Räume eingerichtet und Ausstattung für das &bdquo;Buddy-Konzept“ angeschafft werden, freut sich Helmut Becker, zweiter Vorsitzender des Vereins beim Ortstermin, an dem sich Detmers ebenfalls ein Bild des Projektes machen konnte. Ulrike Detmers engagiert sich seit Jahren für den Kinderschutzbund. Ihr ist es wichtig, Kinder egal welcher Herkunft zu fördern und zu unterstützen – und das vor allem hier in der Region, sagt sie. Das &bdquo;Buddy-Projekt“ sei dafür genau richtig und einfach &bdquo;sagenhaft“, freut sie sich über die ersten Erfolge.

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