Wie es sich „im kleinen Grünauer“ in Bad Salzuflen lebt

Bad Salzuflen. Die Wohnung stand in der Speisekarte. Als sich Thomas Niesing vor zwölf Jahren im Café &bdquo;Kleiner Grünauer“ ein Stückchen Kuchen aussuchen wollte, stolperte er förmlich über das Angebot. Dabei war er gar nicht aktiv auf der Suche, sondern eine Leistenbruch-Operation sowie ein kräftiger Winter hatten lediglich seine Rückkehr nach Portugal verzögert.

&bdquo;Du kommst sowieso irgendwann wieder zurück nach Bad Salzuflen“, hatten seine ehemaligen Schulfreunde prognostiziert. Und sollten Recht behalten. &bdquo;Mindestalter 55 Jahre stand in der Anzeige“, erinnert sich Thomas Niesing noch ganz genau. Ja, das passt, habe er spontan gedacht, eine Besichtigung vereinbart und prompt zugeschlagen.

Nie in Mietwohnung gelebt &bdquo;Ich habe zuvor mein ganzes Leben noch nie in einer Mietswohnung gelebt. Diese ist jedoch ein Traum und war Liebe auf den ersten Blick“, erzählt Thomas Niesing und seine wachen Augen blitzen durch die Brille, während die Reporterin schnaufend über die zahlreichen Treppenstufen zum zweiten Stock die Eingangstür erreicht. Dass es auch einen Fahrstuhl gibt, verrät der 77-Jährige erst einen Espresso später.

Die 60 Quadratmeter gehen als &bdquo;Suite mit Stadtblick“ durch. Denn hier in dem denkmalgeschützten Gebäude gehen neben Thomas Niesing und einer weiteren Bewohnerin im Dachgeschoss hauptsächlich Hotelgäste ein und aus.

&bdquo;Die Ursula- und Alfred-Kleiner-Stiftung erwarb und renovierte im Jahre 2008 dieses historische Haus an der Wenkenstraße 1 und richtete ein Ausbildungscafé ein. Im Jahr 2010 erwarb die Stiftung das Nebengebäude Wenkenstraße 5 und eröffnet nach umfangreicher Sanierung im August 2012 das Hotel Garni“, erzählt Niesing, der den Komfort genießt, den diese Symbiose mit sich bringt.

Hier finden Sie alle Teile der Serie &bdquo;Leben im Denkmal“

&bdquo;Jeden Morgen gehe ich runter, um meinen Kaffee zu trinken und die Zeitung zu lesen. Und wenn ich Gäste bekomme, können die direkt hier im Haus ein Zimmer buchen.“

Thomas Niesing ist ein Weltenbummler. 35 Jahre hat er in Portugal in einem abgelegenen Haus am See gelebt. &bdquo;Direkt in der Pampa“, wie er erzählt. Und nun ist er direkt in der City. Wie passt das zusammen? &bdquo;Ganz hervorragend“, lautet die Antwort. &bdquo;Ich verbringe ja nach wie vor viel Zeit im Süden. Aber hier in dieser Wohnung fühle ich mich unglaublich wohl.“

Die Fenster haben keine Gardinen, die der Nachbarn auch nicht. Da kann man sich prima zuwinken. Thomas Niesing ist sehr kontaktfreudig. &bdquo;Meine Tür ist immer offen“, freut er sich jederzeit über Besucher. Der Espresso-Tassen-Sammler serviert dann einen kleinen Wachmacher am Kartenspiel-Tisch, der mit Münzen und Geldscheinen aus aller Herren Länder geschmückt ist.

Ausreichend Platz Überhaupt ist in der gemütlichen Wohnung ausreichend Platz für unzählige Reiseandenken. Auf einer selbstgebauten Fliesen-Tischplatte steht ein roter Weihnachtsstern. Ansonsten benötige er keine Weihnachtsdekoration oder -beleuchtung. &bdquo;Die hängt ja direkt vor meinen Fenstern“, gibt sich Niesing pragmatisch.

Der gebürtige Hamburger ist in direkter Nachbarschaft aufgewachsen und kann sich noch gut an die Zeiten erinnern, als sich dort, wo heute das Café &bdquo;Kleiner Grünauer“ beheimatet ist, die Fleischerei Kutschera befand.

Schlachtermeister Victor Kutschera hat das dreigeschossige Gebäude am Schnittpunkt Steege, Wenkenstraße und Am Markt wenige Jahre vor dem Ersten Weltkrieg errichtet, so die Historie. &bdquo;Es ist wunderschön renoviert worden“, findet Thomas Niesing und präsentiert nun auch seinen Zugang zum Aufzug, für den er bereitwillig knapp zehn Quadratmeter Wohnfläche &bdquo;opferte“.

&bdquo;Meine Freunde sind auf den Fahrstuhl echt neidisch“, grinst Thomas Niesing, und als sich die Türen leise unten in der Rezeption wieder öffnen, muss man zugeben: Das hat wirklich Stil.

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