Zwei Nester, beide bebrütet: Der „Storchenvater“ von Hölsen

Bad Salzuflen-Hölsen. Wer das Vergnügen hat, in Uta und Albrecht Meyer zu Hölsens Hofküche zu sitzen und sich über die besonderen Vögel auszutauschen, die bei ihnen heimisch sind, darf den Kaffee mit Glück aus einem speziellen Becher genießen: &bdquo;Mit Störchen drauf natürlich“, sagt zu Hölsen und schmunzelt. Auf dem Becher des passionierten Jägers steht: &bdquo;Platzhirsch“, allerdings ist er in der Umgebung eher als &bdquo;Storchenpapa“ bekannt und beantwortet viele Anfragen - vor allem dazu, wie man am besten einen Storchenhorst baut. &bdquo;Es ist ein richtiger Trend geworden“, sagt Meyer zu Hölsen.

Noch Mitte des 19. Jahrhunderts war der Weißstorch in vielen Orten Europas ausgestorben. Meyer versteht den Wunsch vieler, die &bdquo;imposanten Vögel“ mit einer Spannweite von bis zu zwei Metern wieder verstärkt anzusiedeln. Von seinem Hof mit Landwirtschaft sowie Pferdepension und -zucht sind die Weißstörche in Frühjahr und Sommer inzwischen nicht mehr wegzudenken. &bdquo;Die gehören dazu.“

60 Tage Nestlingszeit Auf den weitläufigen Weiden direkt an der Bega sind inzwischen gleich zwei Horste nicht zu übersehen: Einer bei ihm, und einer bei seiner Schwägerin auf dem nahen Pecherhof. &bdquo;Sie wollte auch gern einen haben“, erklärt Meyer beim Spaziergang zu Horst eins lapidar, warum sie nach 2018 im Jahr 2020 erneut mit Jagdfreunden und Traktor anrückten, um einen Telegrafenmast aufzustellen und ein riesiges Nest darauf zu befestigen. Allerdings, erwähnt er, sei der Horst seiner Schwägerin etwas weniger hoch als der eigene mit stolzen elf Metern. &bdquo;Wir sahen die Störche hier herumfliegen und hatten alte Telegrafenmasten zur Hand“, erinnert sich Meyer an die Anfänge der Idee. Rund 1000 Euro koste der gesamte Aufbau mindestens. Außer bei Sturmschäden könne man das Nest dann jedoch sich selbst überlassen.

Auch der zweite Horst, extra mit weißer Farbe als schon &bdquo;eingewohnt“ markiert, wurde direkt im Folgejahr angenommen. &bdquo;Einmal hatten wir am Pecherhof drei Junge, einmal vier.“ Auch aktuell werden beide Nester bebrütet. Im stetigen Wechsel sitzen Storch und Störchin auf den Eiern, die sie nie sich selbst überlassen. Im vergangenen Jahr gab es allerdings einen Zwischenfall. Nachdem die Störchin in der sogenannten Nestlingszeit, die 60 Tage dauert, von einem Auto angefahren worden sei und starb, brachte der Storch die Jungvögel ganz alleine durch - eine Seltenheit.

Glücklicherweise sei der Nachwuchs zu dem Zeitpunkt nicht mehr ganz klein und damit nicht mehr so anfällig gewesen. Denn es gibt durchaus Feinde: Für Rot- und Schwarzmilan, Seeadler und Kolkrabe sind die Jungvögel eine beliebte Beute, da sie durch das Klappern leicht aufzuspüren sind.

Kleine Kämpfe um die besten Plätze &bdquo;Im Frühjahr gibt es hier häufiger einen kleinen Kampf um die Nester“, so Meyer. Die Begawiesen sind bei den Weißstörchen seit eh und je als Rastplatz bei ihrer Reise von Norddeutschland nach Afrika und zurück beliebt. Der Storch besetzt ein Nest als erstes, meist kommt einige Tage später die Störchin dazu. Fast immer dieselbe Partnerin, weiß Meyer zu Hölsen, der &bdquo;seine“ Störche tagein, tagaus im Blick hat.

Dass er bei den Störchen an der Bega derart landen konnte, liegt vor allem am reichlichen Nahrungsangebot. &bdquo;Ein zweischneidiges Schwert“, erklärt Meyer. Einerseits helfen ihm die Störche, die Population der Mäuse einzudämmen, die mit ihren Gängen die Weiden untergraben. Andererseits fräßen die Vögel aber auch zum Beispiel Junghasen. Mit mehr als einem Kilogramm Fleisch täglich wird ein Storchenjunges nach der Schlupf Anfang Mai im Nest gefüttert - und die Elterntiere müssen ja auch etwas fressen. Zum Vergleich: 20 Feldmäuse entsprechen etwa 500 Gramm Nahrung.

&bdquo;Wir haben die Horste extra so weit weggesetzt, dass die Leute nicht direkt dort hingehen können“, erklärt Meyer die Standortwahl. Die Störche sollen ihre Ruhe haben. Allerdings gibt es verschiedene gute Beobachtungspunkte von öffentlichen Wegen aus, etwa am Deich, oder auch von der Sylbacher Straße aus. Es lohnt sich, ein Fernglas mitzubringen, um das Treiben im Horst aus der Nähe zu studieren. Wer freundlich frage, &bdquo;ob er mal gucken kann“, ist den Meyer zu Hölsens zudem immer willkommen.

Versammlung von Jungstörchen Einen Horst direkt auf dem Dach eines Gebäudes zu errichten, kam für die Meyer zu Hölsens nicht infrage: &bdquo;Die Störche klappern jedes Mal, wenn sie sich treffen“, erklärt der Gutsherr und lacht. Das könne auf die Dauer schon nerven. Zudem würden die Dächer dann schnell vollkommen verdreckt von den Hinterlassenschaften - auch für ihn als Vogelfreund, der überall auf dem Hof für Nistgelegenheiten und Einflugmöglichkeiten sorgt, keine schöne Vorstellung.

Im Juli unternehmen die Jungen die ersten, noch ungelenken Flugversuche. &bdquo;Die hauen dann auch als Erste ab, während die Altvögel noch etwas bleiben“, weiß Meyer zu Hölsen. Im August war Hölsen schon öfter ein regelrechter Hotspot der Jungstörche: Mehr als 50 Vögel hatten sich am Pecherhof versammelt. Meyer zeigt die Fotos, die er davon gemacht hat: Dicht an dicht sitzen die Störche vor dem blauen Abendhimmel auf dem Dachfirst.

Spanische Müllkippe statt Afrika Die Störche säßen auch sehr gern auf den Flutlichtmasten am Reitplatz, vor allem die Älteren, wenn es ihnen im Nest langsam zu eng wird. &bdquo;Und auf den Mistkuhlen, denn dort finden sie wohl auch immer mal etwas zu fressen.“ Überwintert hätten die Störche bei ihnen noch nicht, auch wenn Albrecht Meyer gehört hat, dass immer mehr Störche wohl &bdquo;faul“ würden und die Tausende Kilometer nach Afrika wegen der wärmeren Winter nicht mehr zurücklegten - &bdquo;oder nur noch zu einer Müllkippe in Spanien fliegen.“

Meyer hofft nun, dass es keinen Kälteeinbruch mehr gibt, der dem Gelege schaden könnte. Denn auch wenn das Glücksgefühl der ersten erfolgreichen Brut sich nicht mehr einstelle, bleiben die Hölsener Störche etwas Besonderes.

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