Bad Salzuflen. Der Anfang war schwer, das Ende hinterlässt Wehmut. Dazwischen liegen 18 Jahre. So lange existiert das Geschäft „Der Biomarkt“ an der Hoffmannstraße. Am Samstag, 14. Juni, ist Ultimo. Dann endet der bereits angelaufene Räumungskauf. „Ich bin sehr traurig über das Ende“, sagt Heidrun Nelle. Sie ist nach eigenen Angaben Stammkundin des Biomarktes. „Die Leute hier sind so nett und immer hilfsbereit, und so ein Angebot wie beispielsweise an der Käsetheke hier findet man woanders kaum“, lobt sie. „Und als ich mal mein Geld beim Einkauf vergessen hatte, durfte ich anschreiben lassen und die ausgesuchten Waren trotzdem mitnehmen. Da war ich ganz perplex“, verrät sie mit einem Lächeln. „Ja, diesen Service haben wir auch geboten, unsere Anschreib-Liste ist lang. Aber alle Kunden haben später auch ehrlich bezahlt“, sagt Thomas Rolle. Der heute 62-Jährige hat das Geschäft zusammen mit Thomas Ulbrich (67) vor 18 Jahren gegründet. „Eröffnung war am 5. Juli 2007“, weiß er noch heute. Großes Wagnis - auch finanziell Dass die beiden Geschäftspartner zusammenfanden, ist dem Zufall geschuldet. Rolle betrieb zuvor einen Lieferdienst mit Stammsitz in Wülfer-Bexten. Dort erhielt er einen Tages einen Anruf einer Frau aus Herford, die im dortigen Stadtteil Radewig ein Geschäft mit neuem Leben füllen wollte. Vor Ort traf Rolle auf Ulbrich, den er vorher nicht kannte. „Wir haben uns über die Gründung eines gemeinsamen Biomarktes unterhalten.“ Mit dem Projekt in Herford wurde es jedoch nichts, dafür ergab sich eine Chance in Bad Salzuflen. In einem Neubau an der Hoffmannstraße, in dem sich zuvor unter anderem ein Geschäft für italienische Design-Möbel befand, waren Räume zur Miete frei geworden. „Und wir wagten es“, sagt Rolle. Dass die Geschäftsgründung durchaus ein gewisses finanzielles Risiko darstellte, verrät der grüne Ratsherr ganz offen. Und die erste Zeit mit dem neuen Laden sei schwierig gewesen. „Genauer: Es lief gar nicht“, erinnert sich Rolle. Doch dann sei es Jahr für Jahr immer besser geworden. In den Hoch-Zeiten beschäftigte „Der Biomarkt“ an die 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bis zuletzt zählte das Geschäft auf knapp 500 Quadratmetern Verkaufsfläche mehr als 5500 verschiedene Produkte. Plötzlich ist Toilettenpapier sehr gefragt Einen ersten Einbruch nach stetiger Umsatzsteigerung erlebten Rolle und Ulbrich 2015. „Für rund sechs Monate wurde es plötzlich schwierig. Davon war die ganze Biomarkt-Branche betroffen, und keiner weiß bis heute warum“, so Rolle. Eine spezielle Erfahrung sei auch die Corona-Zeit gewesen. „Plötzlich kamen wir mit dem Nachräumen kaum nach - zum Beispiel bei Mehl und Eiern, aber vor allem beim Toilettenpapier“, lächelt Rolle. Und: „In der höchsten Coronazeit waren wir Einzelhändler alles andere als von Vereinsamung geplagt.“ Doch der nächste Einbruch sollte nicht lange auf sich warten: „Die erste Zeit nach dem 24. Februar 2022 war sehr schwierig. Von jetzt auf gleich hatten wir Umsatzeinbußen von mindestens 15 Prozent.“ Das Datum markiert den Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Warum führt dieses Ereignis zu weniger Einkäufen in einem Biomarkt? „Ich nehme mal an, dass dies pure Angst vor dem ist, was kommen könnte“, sagt Rolle. Auch die nachfolgende Inflation hätte Probleme bereitet. Doch letztlich sei dies nicht - übrigens genau so wenig wie die steigenden Löhne - die Hauptursache für das „Aus“ für den Biomarkt. Rolle: „Wir schließen in erster Linie aus Gründen, die im Alter und im Privatbereich liegen.“ Über die Jahre haben Rolle und Ulbrich im Bio-Segment Trends kommen und wieder gehen gesehen. „Was mich besonders überrascht hat, ist der Siegeszug von Convenience-Waren. Heute werden bei uns viel mehr Tiefkühlprodukte als früher verkauft. Dafür stagniert das Geschäft mit frischen Waren wie Obst oder Gemüse“, so Rolle. Stärker nachgefragt als früher würden zudem spezielle Lebensmittel für Allergiker wie laktose- oder glutenfreie Produkte. Büffet für Filmproduktionsteam Bis Ende Juni müssen die Räume an der Hoffmannstraße leer sein. Und zwar völlig leer. Der potenzielle Nachmieter, die Biomarkt-Kette „Denns“, wolle sich komplett neu einrichten. „Die Verhandlungen mit ,Denns’ stehen kurz vor dem Abschluss“, sagt der Mitinhaber der Immobilie, Arndt Schirneker-Reineke. Heraus geht übrigens auch die Bio-Bäckerei Meffert. Sie ist in Bad Salzuflen noch mit einer Filiale am Schliepsteiner Tor vertreten. „Denns“ verfügt bereits über Filialen in den Nachbarstädten Lemgo, Herford und Bielefeld. Kundin Heike Tomasch vermisst das alte Angebot schon jetzt: „Das Zusammenspiel von Meffert und den Verantwortlichen des Biomarkts war einmalig. Ich habe beispielsweise mal kurzfristig einen kompletten Mittagstisch hier bestellt, und das Ergebnis war köstlich. Übrigens genau so wie ein veganes Büffet für ein Filmteam in Bad Salzuflen.“ Abschließend möchten sich Rolle und Ulbrich auch im Namen der Bäckerei Meffert bei ihren Kunden und Mitarbeitern herzlich „für 18 tolle Jahre“ bedanken. Stichwort Biomarkt-Mitarbeiter: Ein konkretes Übernahme-Angebot von „Denns“ besteht laut Rolle bisher nicht. „Einige haben sich daher schon woanders erfolgreich beworben.“