Bad Salzuflen. Alles begann mit einem Dackel, der nicht hören wollte. „Wie Dackel nun mal so sind“, sagt Nadine Spiritus bei der Erinnerung an ihre Hündin Tessi. Die war auch mit zwei Jahren, gelinde gesagt, nicht ganz optimal erzogen. Also wandte sich ihre Besitzerin im Jahr 2000 an den Verein Partner Hund in Schötmar. Der dortige Basiskurs brachte in vielerlei Hinsicht den Durchbruch. Schlussendlich versuchte sich Nadine Spiritus mit Tessi sogar in der „Disziplin Vierkampf“ am Turnierhundesport (THS), bei dem Gehorsam ein wichtiger Bestandteil ist, allerdings unter anderem auch ein Hindernislauf. Doch, bei aller Liebe: „Dafür war der Dackel zu klein.“ Als die Salzuflerin 2005 ihren ersten Weimaraner bekam, ging der Weg wie selbstverständlich erneut zu Partner Hund. Dort fiel der damaligen Welpenbeauftragten Nadine Spiritus’ Talent im Umgang mit den Tieren auf. Ob sie nicht mit den Welpen helfen wolle? „Und schon wurde ich ins kalte Wasser geschmissen“, erinnert sich die 52-Jährige, die darüber jedoch keineswegs unglücklich zu sein scheint. Im Gegenteil: Heute bezeichnet sie den Hundesportplatz auf dem ehemaligen Freibadgelände als „zweites Zuhause“. Nicht zuletzt, weil sie dort auch für ihre THS-Einsätze trainiert. Dieser Sport wird bei Partner Hund auf Wettkampfniveau betrieben. Als Team zusammenwachsen Erst als Helferin, später dann mit Trainerschein als Leiterin einer eigenen Gruppe: Spiritus übernahm im Verein schnell Verantwortung. Für sie war das anfangs eine Überwindung. „Ich bin eigentlich sehr ,intro’ und niemand, der gern vor Leuten steht“, nennt Spiritus den Grund. Für sie selbst überraschend fiel es ihr beim Thema Hunde allerdings leichter als gedacht. „Das ist mein Ding. Ich liebe es, zu sehen, wie Mensch und Hund zusammenwachsen, wie sie ein Team werden, und ihnen etwas beizubringen.“ Grundlage dafür sei zu verstehen, wie ein Hund lernt. Nämlich ganz sicher nicht unter Stress, „das ist wie beim Menschen“, so Nadine Spiritus, die inzwischen Ausbildungsleiterin ist und regelmäßig Fortbildungen besucht. Ebenso wichtig wie Grenzen und Regeln sei es, den Hund fair zu behandeln, ihn zu loben und das Training positiv aufzubauen. Anders als bei kommerziellen Hundetrainern seien im Verein alle Angebote ehrenamtlich organisiert, was sich in günstigen Preisen niederschlage. „Wir müssen damit ja kein Geld verdienen.“ Dafür sei das Zwischenmenschliche wichtig und dass es viel Raum gibt für Austausch untereinander. „Viele Hundeführer kommen nach zehn, zwölf Jahren mit einem neuen Welpen wieder und sagen, dass es ihnen bei uns so gut gefallen hat.“ Die Grenze verlaufe bei aggressiven Hunden. „Da verweisen wir an entsprechende Spezialisten.“ Verantwortung des Menschen „Frauchen“ oder „Herrchen“ gibt es nicht, wenn Spiritus und Vereinsfreund Volker Möwe, der Platzwart ist, über die Tiere und ihre Erziehung sprechen. Sie reden lieber vom „Hundeführer“, da es die Verantwortung des menschlichen Parts im Team betont. „Wir bringen eigentlich viel mehr den Menschen bei, was sie tun sollen, als die Hunde zu erziehen“, erklärt Spiritus. Standardlösungen gebe es nicht, weshalb womöglich der eine Trainer diesen, der andere jenen Tipp gebe. „Das liegt nicht daran, dass wir keine Ahnung hätten, sondern dass bei uns unterschiedliche Dinge gegriffen haben.“ Dieser große Erfahrungsschatz zeichne das Partner-Hund-Team aus. Ein Grundproblem sei, dass viele Menschen sich im Vorwege kaum mit der Rasse ihres neuen Hundes auseinandersetzten. Hinzu komme, dass die meisten den Aufwand, einen Welpen großzuziehen, ganz generell unterschätzten. Weitere verbreitete Missverständnisse: Dass es allein darum gehe, den Hund auszupowern. „Ruhe ist mindestens genau so wichtig, wie ihn auszulasten.“ Viele seien auch verwundert, dass ihr Vierbeiner mit steigender Kondition dann immer höhere Ansprüche an das Bewegungspensum stelle. Ein Hund, der immer und ständig nur pariere, sei ohnehin ein unrealistischer Anspruch. „Perfekt gibt es nicht“, so Spiritus. „So wie der Mensch hat auch jeder Hund seine Macken - und das ist auch gut so. Der Hundeführer muss nur vorausschauend damit umgehen.“ Ziel sei vielmehr ein ausgeglichener, zufriedener, kurz: „gechillter“ Hund. Seite an Seite Spiritus selbst ist seit ihren Anfängen im Verein dem Turnierhundesport treu geblieben und feierte in dieser als Leichtathletik mit Hund bekannten Disziplin schon große Erfolge, wurde sogar Bundessiegerin und Deutsche Meisterin (Verband für das Deutsche Hundewesen) im Vierkampf Sprint mit Weimaraner Shadow. „Das hat schon was von Leistungssport“, findet Platzwart Völker Möwe. Während Shadow inzwischen in Rente sei, startet Spiritus mit dem vier Jahre alten Leroy jetzt in der THS-Königsdisziplin namens Vierkampf 3 durch - im wahrsten Sinne. Wer sieht, wie die beiden trotz hohen Tempos Seite an Seite die 30 Zentimeter hohen Hürden nehmen, perfekt aufeinander eingestellt, erlebt Partnerschaft in Aktion. Neben dem Hürden- und einem Slalomlauf müssen bei den THS-Turnieren auch acht Hindernisse von den Hunden genommen werden - der Hundeführer sprintet nebenher. Die Zeit stoppt, wenn der Letzte des Zweiergespanns im Ziel ist - „und das ist normalerweise nicht der Hund“, sagt Spiritus und lacht. „Das hier ist meine Freizeit“ Etwa sechs bis acht Stunden, je nachdem, ob gerade Turniere organisiert werden, kommen bei ihr pro Woche an reiner Vereinsarbeit zusammen. Dabei steht sie nicht nur auf dem Platz, sondern schreibt E-Mails oder kontrolliert Zahlungseingänge. Ob sie sich nicht manchmal mehr Freizeit wünscht? „Das hier ist meine Freizeit“, lautet ihre schnelle Antwort. Engagement erfülle das Leben mit Sinn. „Jeder, der ein Ehrenamt ausübe, gibt ja anderen Menschen etwas.“ In ihrem Verein funktioniere die Verteilung der Aufgaben trotz kleiner Nachwuchssorgen noch recht gut, etwa wenn die Mitglieder zwei Stunden im Monat zu Arbeitsstunden zu erscheinen haben. Denn so schön das gepachtete riesige Vereinsgelände mitsamt WC-Gebäuden sei: „Es schön zu halten ist irre viel Aufwand.“ Mal kämen drei, mal 13 Leute zu den Terminen für gemeinsame Einsätze. Der harte Kern jedoch sei auch außerhalb des Vereins inzwischen eng befreundet, manche - darunter sie und Platzwart Möwe - führen gar in der Gruppe in Urlaub. Zuletzt ging es in ein Ferienhaus nach Dänemark. Selbstverständlich: mit den Hunden.