Vom Caddy zum Präsidenten: Warum Manfred Jünemann Salzuflens Golfclub über alles liebt

Bad Salzuflen. Nein, er möchte lieber nicht allein aufs Foto für die Zeitung, das ist dem 76-Jährigen deutlich anzumerken. &bdquo;Auch bei Siegerehrungen lasse ich den Hauptakteuren den Vortritt“, sagt Manfred Jünemann. Dem Klischee eines erfolgreichen Alpahtieres, das sich die meisten wohl an der Spitze eines renommierten Golfclubs vorstellen, entspricht der Salzufler nicht unbedingt. Was daran liegen mag, dass ihm als Kind einer aus der DDR geflüchteten Familie - Vater Tischler, Mutter Arzthelferin - nichts in den Schoß gefallen ist; dass der gelernte Mechaniker dank seiner Laufbahn viele gesellschaftliche Gruppen kennt und ihre Sprache spricht.

Das Verbindende bezeichnet der Unternehmer Jünemann auch als wichtigste Eigenschaft eines Vereinspräsidenten: Den Austausch fördern, ausgleichend wirken, neue Mitglieder integrieren. Am liebsten natürlich, denn der Sport steht an erster Stelle, auf einer gemeinsam gespielten Runde Golf.

Gelassenheit als Voraussetzung Wer als Jünemanns Beifahrer an Bord eines Golfcarts über den parkartig angelegten, 56 Hektar großen Platz juckelt, erfährt einiges über seine Einstellung zum Leben und zum Ehrenamt. &bdquo;Mein Herz hängt ganz tief drin in dieser Anlage“, so der Bad Salzufler. &bdquo;Ich liebe diesen Club über alles.“

Wer weiß, wie die Geschichte begann, versteht den Anflug von Pathos: Seit er mit elf Jahren als neugieriger Zaungast von einem freundlichen Trainer auf das gerade erst erschlossene Gelände eingeladen wurde und schließlich als Caddy den Sport immer besser kennenlernte, ist er diesem Ort emotional verbunden. Und dennoch - oder gerade deshalb: &bdquo;Für so einen Posten sollte man eine große Gelassenheit mitbringen. Man muss auch mal eine vielleicht ungerechtfertigte Backpfeife einstecken können, denn sonst ist es nur Stress.“

&bdquo;Kein Millionärssport mehr“ Ein Golfclub ist in vielerlei Hinsicht ein ganz normaler Verein - und dann auch wieder nicht. &bdquo;Die Jahresfinanzen belaufen sich auf 1,1 Millionen Euro“, erklärt Jünemann. &bdquo;Und in dem Rahmen bewegt sich auch die Verantwortung.“

Als langjähriger Geschäftsführer des von ihm 1978 gegründeten Unternehmens bringt er sowohl das Handwerkszeug als auch die entspannte Nonchalance mit, die es wohl braucht, damit 800 Menschen aller Berufs- und Altersgruppen sich wichtig und richtig fühlen. Es seien &bdquo;alles fleißige Jedermänner und Jederfrauen, ein Querschnitt der Bevölkerung - Golf ist kein Millionärssport mehr, das ist vorbei“, so Jünemann. Ein Club in Hamburg oder München könne es sich vielleicht noch leisten, sich elitär abzugrenzen. In Bad Salzuflen sei das weder möglich noch erwünscht.

Zwei Amtszeiten - und Schluss? Aktuell läuft seine zweite und - sollte die Satzung nicht geändert werden - letzte dreijährige Amtsperiode als Präsident. Danach ist Schluss. Jünemann findet diese Regelung gut, denn es soll hier niemand zu lang an seinem Posten kleben und dabei womöglich wichtige Entwicklungen der Zeit verpassen oder gar ausbremsen.

Dieses Risiko scheint bei ihm jedoch eher klein zu sein. Er wirkt nicht nur offen für Neues, er lädt es regelrecht ein. &bdquo;Ich sehe mich hier als Kollegen, nicht als großen Zampano. Profilsucht ist das Schlimmste“, erklärt Jünemann, warum ihm ein guter Draht zu allen im Team so wichtig ist. Ein gutes Beispiel dafür ist sein Zugang zum Greenkeeping der Anlage. Dafür zuständig ist Christian Büker, ein begnadeter Golfer, der es vor Jahren sogar auf die Pro-Tour schaffte, zugleich ehrenamtlicher Spielführer des Vereins und seit zehn Jahren fest angestellt als Verantwortlicher für die Pflege des Grüns. Ein Projekt der beiden: die eigene kleine Schafherde. Abgrasen statt mähen lautet jetzt die Devise. &bdquo;Die Flächen des Hard Roughs werden von den Tieren intensiv gepflegt und auf 15 bis 20 Zentimeter gebracht“, erklärt Büker. &bdquo;Wir sparen damit eine Menge Diesel und Abgase.“

Schafsköttel und weiße Golfschuhe Seit April gehören die Mutterschafe und ein Bock dem Club, jetzt haben sie die ersten acht Lämmer. Zuvor hatte Büker sich bereits extern Schafe &bdquo;eingeladen“, was jedoch zu aufwendig war. Nun möchte er, mit Jünemanns Unterstützung, eine Herde von 15 bis 20 Tieren aufbauen. Für das eigene Heu hat er eine gebrauchte Ballenpresse angeschafft. Denn wenn ein Golfplatz eines biete, dann Gras und Platz. &bdquo;Wir haben uns auf die Fahne geschrieben, mit der Natur Golf zu spielen, nicht gegen sie“, so Jünemann, was im Effekt bedeute, dass Wildblumenwiesen sprießen, das Grün um einen Teich wuchern darf und Wasserpflanzen nicht abgefischt werden.

Ob diese Entwicklung stets von allen Mitgliedern mitgetragen wird? Schafsköttel und weiße Golfschuhe - wie passt das zusammen? Jünemann lacht. &bdquo;Die Hinterlassenschaften werden vom Regen aufgelöst und weggeschwemmt, das ist gar kein Problem“, sagt er. &bdquo;In der Tat waren die Reaktionen durchweg positiv.“ Stünden die Tiere bei schlechtem Wetter im Stall, würde direkt nach ihnen gefragt: &bdquo;Wann kommen die Schafe wieder raus?“ Inzwischen werden rund 40 Prozent des Geländes spielerisch genutzt, die restlichen 60 Prozent seien Wälder und Wildwiesen.

Kapuzenpullis auf dem Fairway &bdquo;Der Wandel wird weitergehen“, ist Jünemann überzeugt. Nicht nur im Bereich Naturschutz, wo der Golfclub nun sogar von der Universität Münster im Rahmen des Forschungsprojekts &bdquo;GolfBiodivers“ unterstützt wird. Nein, auch im Bereich des Miteinanders. Die einst so strenge Kleiderordnung? Längst gelockert, erklärt Jünemann. Wer ärmellos spielen wolle, würde anders als noch vor zehn Jahren heutzutage nicht mehr ermahnt. Auch Kapuzenpullis entsprachen lange nicht der Etikette auf dem Platz. Inzwischen sind Hoodies auf den Fairways kein seltener Anblick mehr, selbst in der Deutschen Golf Liga nicht. Gibt es denn keine Momente, wo er selbst hadert mit der schnellen Entwicklung seines Sports? Doch, räumt Jünemann ein. Wer die Grenzen des guten Geschmacks übertrete oder den Respekt vor der aufwendigen Pflege des Platzes vermissen lasse, den nehme er diskret zur Seite.

Jünemann, seit 57 Jahren verheiratet, erlebte über Jahrzehnte auf dem Golfplatz &bdquo;Menschen, die mit Fleiß und Verstand große Betriebe aufgebaut haben“. Er spricht von Miele, Oetker und anderen großen Namen. Für ihn eine inspirierende Zeit. Was seine eigene Selbstständigkeit angeht, habe er stets gesagt: &bdquo;Wenn ich aus dem dicksten Stress heraus bin, ist mein Hobby Golf.“ Und so kam es auch. Erst spielte er in Lage, nunmehr seit 25 Jahren in Bad Salzuflen. Das erste Ehrenamt im Club bekleidete er als Platzwart, sechs Jahre lang. Aktuell betrage sein Zeiteinsatz als Vereinschef &bdquo;etwa einen Arbeitstag pro Woche“. Als er seine Frau nach ihrer Meinung zu dem Ehrenamt gefragt habe, hätte die gesagt: &bdquo;Manfred, du kannst das. Aber beklag dich später nicht bei mir.“ Das habe er bislang eingehalten.

Schwierige Nachfolge Die Gemeinschaft und Hilfsbereitschaft im Verein erlebt er als groß. Für die offiziellen Posten Leute zu finden, sei jedoch &bdquo;extrem schwer“ geworden. &bdquo;Man haftet, und man ist angreifbar“, meint er den Grund zu kennen. Dennoch habe er bereits potenzielle Nachfolger im Blick, sagt Jünemann mit einem Augenzwinkern.

Er, der als Junge mit seinen Freunden in den Wäldern um den heutigen Golfplatz herumtollte und durch einen günstigen Zufall zum ersten Mal den Schläger in die Hand nahm, liebt nach wie vor das Gesellige, Kontaktfreudige seines Sports. Während eines Tennisspiels Gespräche zu führen? Eher unmöglich. &bdquo;Beim Golf kommen unterschiedlichste Spielstärken und Altersklassen zusammen“, schwärmt Jünemann. &bdquo;Gleichzeitig spielt man vor allem gegen sich selbst.“ Er lädt jeden ein, es selbst bei einer Schnupperstunde zu probieren. &bdquo;Bisher haben danach noch alle gesagt: Hätte ich bloß früher angefangen.“

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