Wie Streetworker Jugendliche in Bad Salzuflen auf der Straße erreichen

Das Parkhaus in der Osterstraße ist eigentlich kein Aufenthaltsort für Jugendliche. Trotzdem treffen sich hier regelmäßig Jungs und junge Männer. Für Jona Hauptfleisch (39) und Jan-Pierre Koch (42) ist das der Ort, an dem sie fast jeden Donnerstag ihre Arbeit beginnen.

Die beiden Streetworker sind für das &bdquo;Plan I“ unterwegs, das vom Verein Pro Regio getragen und von der Stadt Bad Salzuflen finanziert wird. Ihr Auftrag: Jugendliche, oft mit Migrationshintergrund, zu erreichen, die durch alle sozialen Hilfesysteme gefallen sind. &bdquo;Wir gehen auch auf diese Gruppen zu, wo man ansonsten einen Bogen um sie machen würde – aber bei uns ist es genau anders: Wir gehen auf sie zu“, erklärt Koch.

Hauptfleisch (30 Stunden) und Koch (10 Stunden) werden von drei Honorarkräften unterstützt, die einen Migrationshintergrund haben und zusätzliche Sprachen wie Kurdisch und Türkisch sprechen.

Das Projekt richtet sich an männliche Jugendliche zwischen 14 und 20 Jahren, manchmal auch bis 27. Viele haben die Schule abgebrochen, sind durch verschiedene Maßnahmen des Jobcenters gefallen und haben bereits Hausverbote in den Jugendtreffs der Stadt erhalten. In ihren Familien erfahren sie oft wenig Rückhalt. &bdquo;Sie sind oft die Ersten, die eine deutsche Schule besuchen. Die Eltern verstehen das System nicht und können nicht helfen“, erklärt Koch die schwierige Ausgangslage.

Ohne Vater Jungs, die ohne Vater aufwachsen, seien oft noch schwieriger zu erreichen. &bdquo;Ihnen fehlt die Vorbildfunktion“, sagt Koch. &bdquo;Wir versuchen, das ein Stück weit zu ersetzen.“ Vor allem seine Kollegen, die selbst einen Migrationshintergrund haben, zeigen den Jugendlichen, dass es eine Perspektive geben kann. &bdquo;Sie vermitteln: Ich habe es geschafft, du kannst es auch.’“

Die Streetworker sind häufig die Einzigen, die noch Briefe von Behörden und Gerichten mit den Jugendlichen lesen und schauen, was daraus zu machen ist.

Koch beschreibt den Ansatz: &bdquo;Unser Ziel ist es, die Jugendlichen in ihrer Lebenswelt auf der Straße zu treffen.“ Dabei können die Streetworker sofort helfen: &bdquo;Man kann direkt in der Situation reagieren und sagen: Komm, ruf den und den noch mal an.’“ Sie unterstützen bei Behördengängen, helfen beim Schreiben von Bewerbungen und begleiten die Jugendlichen sogar zu Vorstellungsgesprächen. &bdquo;Wenn sie keinen Führerschein haben, fahren wir sie dahin“, sagt Koch.

Raue Realität Die Realität auf der Straße ist oft rau. Innerhalb der Gruppen gibt es Hierarchien: &bdquo;Meistens ist einer dabei, der für die anderen Verantwortung übernimmt, aber auch derjenige ist, der am meisten Mist macht“, erklärt Hauptfleisch. Auch im Jugendtreff kommt es zu Konflikten und Beleidigungen und mitunter auch zu Handgreiflichkeiten. Einige der Jungs haben bereits einschlägige Erfahrungen mit dem Justizsystem.

&bdquo;Insgesamt ist meinem Eindruck nach die Gewalt etwas zurückgegangen“, sagt Koch. &bdquo;Aber die Gewalt, die noch ausgeübt wird, ist umso krasser. Oft sehen die entsprechenden Jungs dann komplett rot.“

Die Streetworker fungieren bei Konflikten innerhalb der Jugendlichen als Vermittler und versuchen zu sensibilisieren, bevor Situationen eskalieren. Wenn das Wetter gut ist, sprechen sie bis zu 25 Jugendliche auf ihren Rundgängen in der Salzufler Innenstadt an.

Weglaufen Diese führen sie an Parkhäusern, Kiosken, Friseurläden vorbei. &bdquo;Das sind immer so neuralgische Punkte“, sagt Koch. An diesem Donnerstag treffen sie allerdings keine Gruppen an. Nur einen jungen Mann, der gerade im Gespräch mit zwei gleichaltrigen Frauen ist. &bdquo;Den brauchen wir jetzt nicht zu stören“, sagt Jona Hauptfleisch und lacht.

Nicht alle Jugendlichen lassen sich helfen, manche laufen auch weg, im wahrsten Sinne des Wortes, sagt der Streetworker. Doch wenn der Kontakt steht, kann sich viel bewegen: &bdquo;Wenn dann plötzlich der Übergang gelingt – zum Beispiel in eine Ausbildung – dann ist das natürlich ein toller Erfolg“, berichtet Hauptfleisch. Allerdings: Das ist die Ausnahme, nicht die Regel.

Hauptfleisch und Koch stehen regelmäßig im Austausch mit Polizei und Jugendamt. Für die Stadt ist ihre Arbeit wertvoll, wie Koch erklärt: &bdquo;Das Jugendamt ist beruhigt, wenn es weiß, dass die Jugendlichen unser Projekt kennen.“ Denn oft sind die Streetworker die Letzten, die den Jugendlichen das Gefühl geben, dass sich jemand kümmert.

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