Hip-Hop-Dreh in Sonneborn

Barntrup. Schwarze Pestmaske, Baseballschläger, Holzfällerhemd und laute Hip-Hop-Musik: Spaziergänger am Sonneborner Windmühlenstumpf und im Barntruper Stadtwald staunten nicht schlecht über die ungewöhnlichen Dreharbeiten zu einem Musikvideo, das seit gut einer Woche unter dem Titel &bdquo;Krank" auf &bdquo;YouTube" im Internet abrufbar ist. Es ist bereits mehr als 2000 gesehen worden und hat zahlreiche Kommentare bekommen – unter anderem vom bekannten Extertaler Hip-Hop-Musiker Casper.

Hauptdarsteller, Songwriter und Sänger ist der gebürtige Sommerseller Jean-Pascal Budde (31). Als Jeanious thematisiert er in dem Musikvideo gesellschaftliche und wirtschaftliche Missstände mit dem Refrain &bdquo;Krank, diese Welt, sie ist krank"und &bdquo;Im Irak verliert der nächste Junge sein Bein... und du denkst nur darüber nach: Esse ich heut Rind oder Schwein." Mit Sätzen wie diesen will der junge Künstler polarisieren, kritisieren, aufrütteln.

&bdquo;Wirtschafts- und weltkritisch", so beschreibt Budde, der lieber bei seinem Künstlernamen genannt werden möchte, den Inhalt seines ersten öffentlich präsentierten Stückes. &bdquo;Das ist für mich ein Meilenstein", sagt der junge Mann, der im Whatsapp-Profil &bdquo;Satan" beim Namen nennt, im wahren Leben aber braver Familienvater mit Job als Industriemechaniker in Bösingfeld ist.

&bdquo;Hip-Hop mit seinen Stilrichtungen Story-Telling, Real Talk oder Battle Rap, bei dem man andere kritisiert, ist nichts anderes als Kampfsport auf lyrische Art", sagt er und lacht. Zur Entstehung seines ersten Musikvideos befragt, bekennt er ganz klar: &bdquo;Corona mit seinen Einschränkungen war sicher ausschlaggebend" – und dabei denkt er an den Satz aus dem rund vier Minuten langen Sprechgesangs-Stück: &bdquo;Will einer mir meine Freiheit nehmen, dann schlag ich ihn tot." Buff – diese Aggressivität in der Musik steht in völligem Gegensatz zu dem realen, nachdenklich-höflichen jungen Mann, dessen Herz für Musik schlägt.

"Viele sind vom Kommerz gesteuert" &bdquo;Ich bin mit Hip-Hop, Sprechgesang und Deutsch-Rap groß geworden", erinnert sich Jeanious. Harpo, Andrea Berg, Abba & Co. haben da eher wenig Chancen, oder? &bdquo;Kann man sich auch anhören", erklärt der Künstler diplomatisch. Wenn man wie er den ganzen Tag Musik hört und dies nach eigener Aussage auch noch im Schlaf gern tun würde, dann schnuppert man in vieles rein. Was Jeanious allerdings bei seinem geliebten Hip-Hop erschnuppert, ist der Geruch des Verfalls. &bdquo;Das ist nicht mehr die Musik, wie sie mal war. Viele Hip-Hop-Größen werden vom Kommerz gesteuert. Ich will das anders machen", sagt er. So müsste er sich genau überlegen, ob er sich einem Plattenlabel anschließen würde.

Genug Stoff für eine CD hätte er. &bdquo;Ich habe elf Songs fertig eingespielt und Texte für viele, viele andere", sagt er und zeigt die Memos auf seinem Handy, in die er sofort Textpassagen tippt oder Dinge, die ihm auffallen. Das verarbeitet er dann zu Hip-Hop-Texten.

Das Video wurde professionell von der Lemgoer Firma &bdquo;Alchemy Production" erstellt. Budde erklärt, für den Text gerade mal 20 Minuten benötigt zu haben. &bdquo;Und du wachst jeden Morgen auf": Dies sei der erste Satz gewesen, und danach ging es Schlag auf Schlag mit dem Text. Angesprochen und zum Text angeregt hatte ihn der von &bdquo;Alchemy" zugesandte Beat des Liedes. &bdquo;Der ist nachdenklich und ruhig. Er gefiel mir sofort", erinnert sich Budde. Text und Beat wurden im Tonstudio bei seinem Freund Gerrit mit Künstlernamen &bdquo;The legendary legend Gerry" in Hohenhausen zusammengefügt.

Das Video aufzunehmen, dauerte dann schon deutlich länger. Es entstand in einem zehnstündigen Dreh-Marathon in Barntrup. &bdquo;Das war anstrengend", erinnert sich Jeanious, der neben teils drastischen Requisiten wie Puppe, Strick und Sense auch so ungewöhnliche Accessoires wie einen Flachbild-Fernseher und den Polstersessel einer Freundin im Inneren des Windmühlenstumpfes zu einem surrealen Bild arrangierte.

Von der Musik künftig leben? Da bleibt Jeanious realistisch denkender Familienvater: &bdquo;Es gab zwar so viele positive Reaktionen, aber bis dahin ist es noch ein langer Weg." Und überhaupt: Im Hip-Hop geschafft habe man es erst, wenn man &bdquo;hater", also Hasser, habe. Da hat Jeanious, der nette junge Mann von nebenan, bislang nur einen – und das findet er auch gar nicht schlimm.

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