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Zulieferer und Betreiber von Biogasanlagen protestieren gegen Gesetz

Sie glauben, dass der Bundeswirtschaftsminister die Energiewende ausbremst

Marianne Schwarzer

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Die Belegschaft der Firma Nesemeier in Blomberg und Klaus Anduschus vom Arbeitskreis Biogas (vorne links) legen fünf Warnminuten ein, um auf ihre Befürchtungen aufmerksam zu machen. - © Bernhard Preuss
Die Belegschaft der Firma Nesemeier in Blomberg und Klaus Anduschus vom Arbeitskreis Biogas (vorne links) legen fünf Warnminuten ein, um auf ihre Befürchtungen aufmerksam zu machen. (© Bernhard Preuss)

Blomberg. Am Mittwoch, kurz vor zwölf: Bei der Firma Nesemeier Landtechnik in der Blomberger Industriestraße 10 ruht die Arbeit. Chef Frank Nesemeier will gemeinsam mit seinen 30 Mitarbeitern sowie diversen Kunden ein Zeichen setzen gegen „das Ausbremsen der Energiewende".

Das Blomberger Unternehmen, das unter anderem Komponenten für Biogasanlagen vertreibt, schließt sich der Protestaktion „5 vor 12" an, die der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) gegen den jüngsten Gesetzentwurf von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel ins Leben gerufen hat. Mit der Novelle des so genannten Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) werde, so die Argumentation, die Energiewende ausgebremst.

„Energiewende retten", lautet die Devise der Aktion. „Der aktuelle Entwurf zum EEG betrifft allein in Nordrhein-Westfalen 50.000 Jobs und weist mit Blick auf das Pariser Klimaschutzabkommen in die völlig falsche Richtung", schreibt die LEE dazu.

Dass Arbeitsplätze in Gefahr sind, meint auch der Blomberger Firmenchef Frank Nesemeier: „Schon seit der Novelle der Gesetzes im Jahr 2011 musste ich die Hälfte meiner Belegschaft entlassen", sagt er. Wenn Gabriel sich mit seinem Entwurf durchsetze, sieht er noch weitere Arbeitsplätze in Gefahr. Ihm zur Seite stehen einige seiner Abnehmer. Andreas Uekermann betreibt in Bad Salzuflen eine große Biogasanlage, Lars Tölle in Horn-Bad Meinberg. „Vor Jahren hat man uns gelockt, damit wir kräftig investieren", ärgert sich Andreas Uekermann. „Und jetzt sorgen wir uns, dass wir unsere Anlagen nicht mehr wirtschaftlich betreiben können. Man fährt vor die Wand, was man aufgebaut hat."

So sieht es auch Lars Tölle, der wie Uekermann eine Anlage mit nachwachsenden Rohstoffen betreibt. Dass es mittlerweile umstritten ist, mit Getreide oder Mais Biogasanlagen zu betreiben, wissen beide. „Aber wir verarbeiten heute schon zu mehr als 60 Prozent Wirtschaftsdünger." „Wirtschaftsdünger" ist die vornehme Bezeichnung für Mist und Gülle, also Abfälle aus der Landwirtschaft.

Dieses Mengenverhältnis sei mittlerweile die Regel, berichtet Klaus Anduschus, der im Arbeitskreis Biogas 240 Anlagenbetreiber vertritt. So werde eine Menge Kohlendioxid eingespart, die Abwärme der Stromerzeugung werde wie im Fall der Horn-Bad Meinberger Anlage als Fernwärme genutzt. In Lippe stehen 22 Biogasanlagen mit einer Gesamtleistung von 14 Megawatt. „Mit einer Anlage von 500 KW pro Stunde erzielen die Betreiber einen Umsatz von bis zu einer Million Euro im Jahr", betont er. „Das trägt erheblich zur Wertschöpfung in der Region bei."

Das alles habe der Bundeswirtschaftsminister nicht auf der Rechnung: „Es ist klar, dass die Energiewende ausgebremst wird." Dahinter vermuten Klaus Anduschus, Frank Nesemeier und ihre Mitstreiter politisches Kalkül zugunsten der Energieriesen, die mit ihren Atomkraftwerken und Kohlemeilern einen Stromüberschuss produzierten: „Die dezentrale Energieversorgung ist von einigen Politikern nicht gewollt."

Information

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz

Regenerative Energien zu fördern war das Ziel der neuen Regelung, die 2000 in Kraft trat – „als zentrale Säule der Energiewende", wie es das Bundeswirtschaftsministerium nennt. Unter anderem ging es dabei um die bevorzugte Einspeisung von Strom aus erneuerbarer Energie ins Stromnetz. 2014 wurde das Erneuerbare -Energien-Gesetz (EEG) überarbeitet und die Förderung von eingespeistem Strom zurückgefahren. Nach dem neuen Entwurf soll die Vergütung des erneuerbaren Stroms ab 2017 nicht wie bisher staatlich festgelegt, sondern durch Ausschreibungen am Markt ermittelt werden. Entgegen dem ursprünglichen Entwurf ist auch eine Ausschreibung für Strom aus Biogasanlagen angedacht. Der Haken: Das Ausschreibungsvolumen für neue und bestehende Anlagen ist auf insgesamt 100 Megawatt begrenzt, so dass sich auf Dauer die Zahl der Biogasanlagen verringere, die auf 20 Jahre ausgelegt sei, sagt Klaus Anduschus vom Arbeitskreis Biogas. Und das könne das Aus für die Branche bedeuten – eben auch für all die Zulieferbetriebe.

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