Rundgang durch das Burghotel Blomberg: Dornröschen schlummert immer noch

Blomberg . Wir kommen buchstäblich durch die Hintertür. Zwar brauchen wir kein Schwert wie der Prinz im Märchen, um uns den Weg in das Burghotel Blomberg frei zu hacken, aber es rankt sich allerlei Grünzeug um das Gebäude, und der Fußpfad zur Tür ist so gut wie zugewachsen. Seit zwei Jahren liegt das einstmals erste Haus am Platze in tiefem Schlaf. Für ein paar Stunden stören wir die Ruhe, denn wir wollen wissen: Wie sieht es eigentlich heute aus hinter den dicken Mauern?

Durch den Haupteingang kommen wir nicht: &bdquo;Wir haben das Burgtor verschlossen, damit hier in dem versteckten Innenhof kein Vandalismus passiert", erläutert Arne Brand, stellvertretender Landesverbandschef. Dem Landesverband Lippe gehört das Baudenkmal, und seit Ende 2019 bemüht er sich, es an einen neuen Betreiber zu verkaufen, der den alten Hotelglanz wieder aufleben lässt. &bdquo;Es ist wirklich wie ein Dornröschen, das auf einen Prinzen wartet, der es wachküsst", sagt Brand. In den 90-er Jahren ist der moderne Bettentrakt zwischen der Burg und der Alten Meierei entstanden.

Die Zimmer sind mit zeitgemäßen Möbel ausgestattet, die Bäder in Ordnung. Es wirkt, als müsse man nur eben durchsaugen, Fenster putzen und Betten beziehen – dann könnte es wieder losgehen. Der Aufzug ist außer Betrieb, also gehts zu Fuß in die nächste Etage und dann hinüber in den historischen Burgteil. Es hat wirklich etwas von einem vergessenen Ort, einem Lost Place. Im ehemaligen Büro des Hoteldirektors liegen alte Telefone auf einem Haufen, die Vitrinen, die mit historischen Exponaten bestückt waren, sind leer. Im ehemaligen Tagungsraum stapeln sich Dekokram, Küchenzubehör und Broschüren. Ein Schaukelpferd, eine Wasserpfeife, Weihnachtsgirlanden und ein Zwerg mit Zipfelmütze, dazwischen Kisten mit Schleifenband, Edelstahlbecken und fünf Raclette-Geräte. All das gehört dem Vorpächter, der Hotelkette RIMC.

Urinieren wird zum Abenteuer Mit der gibt es anscheinend noch einigen Klärungsbedarf, wie der Landesverbandsvizechef andeutet. Die Türen zu den stillen Örtchen geben den Blick auf zwei Kuriositäten frei: Die Damen finden hier ein speziell konstruiertes Pissoir samt Gebrauchsanleitung, und an den Wänden der Herrentoilette ist über den Pissoirs die Lippische Landes-Zeitung aufgehängt, Ausgabe vom 1. Dezember 2019. Wer Lesen beim Urinieren zu intellektuell findet, kann sich auch anders erleichtern: In der Ecke prangt ein künstlicher Baum, der an der unteren Stammhälfte mit Keramik verkleidet und am Fuß mit einer Pinkelrinne versehen ist. Arne Brand schüttelt den Kopf, &bdquo;hab ich nirgendwo anders gesehen", sagt er.

Ein paar Schritte weiter hängen die Zimmerschlüssel mit güldenen Anhängern in Reih und Glied am Schlüsselbrett, das Restaurant im Kaminzimmer dient als Lagerstätte für Geschirr und anderes Zubehör. Dahinter geht es in die riesige, verwinkelte Küche mit all ihren Kühlräumen. Der Edelstahl von Herd, Arbeitsflächen und Dunstabzugshaube glänzt, als könnte morgen schon wieder ein Kochteam hier loslegen. Es ist blitzsauber – &bdquo;Wir haben natürlich auch ein Putzteam hier durchgeschickt", erklärt Arne Brand. Weiter zum nördlichen Trakt, zum Wellnessbereich. Statt Moder- oder gar Schimmelgeruch schwebt hier ein sanfter Duft nach Fichtennadeln und anderen Saunaaufgüssen. Dabei steht in dem Schwimmbecken unter der dunklen Holzdecke noch Wasser, auf dessen Oberfläche sich ein undefinierbarer Film gebildet hat: &bdquo;Man hat uns geraten, es nicht abzulassen."

Das gilt auch für das Wasserbett in der Feng-Shui-Suite unterm Dach. Wie die verschwenderisch dekorierte orientalische Suite ist diese nicht gerade das, was man in einem solchen Gemäuer erwarten würde. Ganz im Gegensatz zur Rittersuite auf der anderen Flurseite. Sie ist mit dem eisernen, mittelalterlich-fürstlich anmutenden Bettgestell ein echtes Schmuckstück, mit einem tollen Blick auf den Burggarten und ins Blomberger Becken.

&bdquo;Das ist das schönste Zimmer", schwärmt Arne Brand. Er liebt aber auch den Franzosensaal mit den großen Fenstern, in dem schon Hunderte Hochzeiten gefeiert wurden. Vielleicht gibt es ja in ein paar Monaten endlich wieder eine – wenn Dornröschen ihren Prinzen findet.

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