Wie eine Griechin ihr Herz an Donop verlor

Blomberg-Donop. Es ist ein Etikettenschwindel: &bdquo;Der Grieche“, steht auf dem Schild an der Hausecke. Dabei hat in der Donoper Gaststätte Wittelmeyer eigentlich nur ein Mensch das Sagen: Die Griechin. Vassiliki Ziguri hat vor genau 30 Jahren das Restaurant an der Alten Chaussee in Donop eröffnet.Im Gastraum ist es noch still. Im Hintergrund, zwischen den hochgestellten Stühlen, wuselt eine kleine, blonde Frau in schwarzen, weiten Hosen und einem schicken weißen Shirt mit Lochmuster herum. &bdquo;Komm rein“, ruft sie und kommt strahlend nach vorn.Die lebhaften dunkelbraunen Augen blitzen unter dem hellen Haar, das Lachen ist herzlich, die Stimme wohltönend und ein bisschen rau. &bdquo;Was zu trinken?“ Die Bitte um ein Glas Leitungswasser entlockt ihr ein Lächeln: &bdquo;Ja, das trinke ich selbst auch am liebsten“, und schwups macht sie es sich mit dem Gast am Tisch neben dem Eingang gemütlich.

&bdquo;Ich liebe meine Donoper“ Es ist Vormittag, und erst ab 17 Uhr werden die ersten Gäste eintrudeln. Dennoch ist die Tür offen, ab und zu schaut auch mal einer aus dem Dorf herein, etwa Ortsvorsteher Lothar Vogt, der einen Flyer vorbeibringt und auf eine Cola bleibt, während er ein Loblied auf die Gastwirtin singt: &bdquo;Ich komme gern abends auf ein Bierchen, auch wenn der MGV jetzt im Dorfgemeinschaftshaus probt.“ &bdquo;Ich liebe meine Donoper“, Vassilikis Satz hängt eine Sekunde im Raum. &bdquo;Dass ich mal so ein Lokal führen würde, hätte ich mir niemals träumen lassen.“

&bdquo;Haare sind mein Element“ Wie denn auch? Schließlich ist sie in Griechenland aufgewachsen, in Ioannina, einer großen Stadt auf dem Festland gegenüber der Insel Korfu. Den Stadtnamen muss sie der Reporterin aufschreiben, für deutsche Ohren klingt Griechisch fremd. Man kann es sich gut vorstellen, wie das sein muss, wenn eine Griechin mit 26 Jahren nach Lippe kommt und kein Wort Deutsch spricht. Aber es hat sie nicht abgeschreckt, ihrem Lukas nach Lemgo zu folgen. Sie hatte ihn in der Taverne ihrer Mutter kennengelernt und sich Hals über Kopf in ihn verliebt. &bdquo;Er hat damals bei Isringhausen gearbeitet und spricht fließend Deutsch“, erzählt sie.

Sie selbst hat auf der privaten Friseurschule in Athen eine Ausbildung gemacht, &bdquo;Haare sind immer noch meine Leidenschaft, wenn ich in Haare fasse, dann werde ich irgendwie ruhig. Haare sind mein Element.“ Aber mit den rudimentären Deutschkenntnissen traute sie sich nicht zu, in Deutschland einen eigenen Friseurladen aufzumachen. Also machte sie das nächstbeste: Sie suchte sich ein Lokal und landete in Donop. Familie Wittelmeyer, gebrannt durch diverse Pächterwechsel, hatte damals eigentlich die Nase voll von der Gastronomie. &bdquo;Aber ich habe gebettelt, gebt mir doch bitte eine Chance.“ Sie ließen sich erweichen.

Da war sie nun, die junge Frau aus der griechischen Großstadt im kleinen Storchendorf: &bdquo;Ich habe die Straße rauf und runter geguckt, da waren eine Poststelle, eine Sparkassenfiliale und ein Elektrogeschäft. Ich habe gefragt: Wo sind die Läden?“, Vassiliki kringelt sich fast vor Lachen. Und dann der Schnee: &bdquo;Ich habe im Winter Deutschland so unfassbar gefroren, ständig eiskalte Füße. Das war mein erster Schnee, im Fernsehen sieht das ja immer so schön aus. Doch ich kann Schnee bis heute nicht leiden.“ Aber nach Griechenland zieht es sie auch nicht mehr zurück: &bdquo;Es ist dort viel zu heiß.“

Das Dorf kümmert sich Aber die Menschen in Donop bereiteten ihr einen warmen Empfang, und als sie am 23. August 1994 eröffnete, da war die Gaststätte voll. Ihr Mann war zunächst nicht begeistert. Und so stand Vassiliki meist allein da, verständigte sich mit Händen und Füßen: &bdquo;Das ging schon“, nach und nach lernte sie die Sprache. Dafür ist Gastronomie unschlagbar: &bdquo;Ich koche zwar, aber wenn ich fertig bin, gehe ich raus und rede mit den Gästen.“ Sie führt ein strenges Regiment, &bdquo;wenn einer Lügen erzählt, dann sage ich: Das stimmt nicht, nächstes Thema.“ Wäre sie Italienerin, würde sie wohl auch noch ein &bdquo;Basta“ hinzufügen. &bdquo;Früher hatte ich viel Temperament.“

Die Donoper, denn anfangs kamen fast nur Einheimische, ließen sich auf die Zugezogene ein. &bdquo;Sie haben mich unglaublich unterstützt.“ Auch, als sie vor einigen Jahren an Brustkrebs erkrankte und die Chemo über sich ergehen ließ. Da hat sie nach den Infusionen immer schon nach wenigen Tagen wieder in der Küche gestanden, sich durchgebissen. &bdquo;Und wenn es mir zu schlecht ging, ist immer mal einer zu mir die Treppe hoch in die Wohnung gekommen und hat nach mir gesehen.“

Party für alle Mittlerweile steht sie längst nicht mehr allein in der Gaststätte. Sie ist Jahrgang 1968, und ihr Sohn Dimitris (35) hilft mit im Betrieb, dazu je zwei Kräfte in der Küche und im Service, &bdquo;tolle Mädchen“, lobt sie. Am Freitag, 23. August, ab 17 Uhr ist sie die Gastgeberin für all ihre Stammgäste, um sich zu bedanken bei &bdquo;ihren“ Donopern. Und ihr Mann ist natürlich dabei. &bdquo;Wenn ihn einer den Wirt nennt, dann lache ich und sage: Was heißt hier Wirt? Ich bin hier die Wirtin.“ Die Griechin eben. Nicht der Grieche.

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