Die doppelte Rettung: Warum Blombergs Kneipe „Bei Heini“ doch nicht schließt

Blomberg . &bdquo;Totgeglaubte leben länger“, sagt der Volksmund. Die Blomberger Gastwirtin Barbara Henning kann diesen Satz in diesem Jahr wohl gleich doppelt unterschreiben. Zuerst ist sie selbst im September dem Tod buchstäblich von der Schüppe gesprungen, und dann musste sie in den vergangenen Wochen um den Fortbestand ihrer Kneipe bangen. &bdquo;Bei Heini“ ist eine Traditionskneipe mit einer 103-jährigen Geschichte, und es hatte Schließungsgerüchte gegeben.

Doch der Reihe nach. Barbara Henning stammt ursprünglich aus Polen, aber sie lebt seit 1993 in Deutschland. Die gelernte Restaurant- und Hotelfachfrau und dreifache Mutter hat 2008 bei &bdquo;Heini“ hinterm Tresen angefangen. Als Wirt Volker Sölter, dessen Vater schon die Kneipe betrieben hatte, 2021 nach einem Nachfolger suchte, übernahm sie kurzerhand das Geschäft, &bdquo;obwohl ich mich eigentlich nie selbstständig machen wollte“. Sich 180-prozentig einzubringen, das war nie ein Problem für sie, sie liebt den Job. &bdquo;Aber die große Verantwortung zu tragen, davor hatte ich Angst.“

Gefahr Brennpaste

Doch sie gab sich einen Ruck, und es lief ganz gut, wie sie sagt. Die Kneipe an der Ecke Neue Torstraße/ Holstenhöfener Straße ist unter anderem Heimat des Germania-Rotts im Alten Blomberger Schützenbataillon, und Sonderaktionen, Ausrichtung von Feiern und Catering - auch außerhalb - brachten den benötigten Umsatz.

Bis zu jenem 20. September dieses Jahres, das Datum hat sich Barbara Henning eingebrannt. Sie war mit ihrem Team fürs Grillen und den Getränkewagen bei einem Blomberger Unternehmen gebucht, als ihr der Grillmeister kurzfristig absagte. &bdquo;Da hat mein Freund Ralf Tölker mir angeboten, einzuspringen.“ Sie war zunächst skeptisch, aber er überredete sie. Ein Umstand, der ihr vermutlich das Leben gerettet hat.

&bdquo;Es war an diesem Tag sehr windig, und wahrscheinlich brannten uns deswegen die Schalen mit der Brennpaste unter den Warmhaltebehältern so schnell leer“, erzählt sie. Sie musste nachfüllen: &bdquo;Ich habe die Schalen rausgenommen und erst mal abkühlen lassen. Denn das darf man auf keinen Fall machen, wenn die noch heiß sind, das ist unglaublich gefährlich.“

Furchtbare Verbrennungen

Doch beim letzten der Brennpasteschälchen war offensichtlich doch nicht alles abgekühlt, während sie aus dem Kanister nachgoss, schossen auf einmal die Flammen am Strahl hoch, in den Kanister und in einem Schwall wieder heraus: Überall verteilten sich brennende Spritzer der Paste auf ihr: &bdquo;Im Gesicht, an den Haaren, an den Beinen, ich brannte.“

Sie versuchte, sie auszuschlagen, verbrannte sich dabei auch noch die Hände. Derweil sah ihre Tochter, die während ihres Studiums manchmal bei &bdquo;Heini“ aushilft, vom Getränkewagen aus die Mutter in Flammen stehen, leerte den Kronkorkeneimer und wollte Wasser bringen. &bdquo;Doch bis sie damit bei mir gewesen wäre, wäre ich längst verbrannt“, erzählt Barbara Henning und schaudert bei der Erinnerung.

Gott sei Dank hatte sie an ihrer Seite Ralf Tölker am Grill: &bdquo;Er ist Feuerwehrmann, und er wusste, was man tun muss.“ Beherzt warf er sie zu Boden, schmiss sich auf sie und erstickte die Flammen mit seinem Körper. Und seinen Händen: &bdquo;Die hat er sich auch verbrannt.“

Barbara Henning wurde mit dem Notarzt ins Klinikum und dann weiter zu Spezialisten nach Hannover gebracht. Erst mal steht sie wegen der zu erwartenden Schmerzen unter starken Medikamenten. Dann wird sie geweckt: &bdquo;Der Pfleger hat gefragt: Was sollen wir mit Ihren Haaren machen?“ Sie weiß überhaupt nicht, was der will, an den Kopf fassen kann sie sich mit den bandagierten Händen nicht. Auch ihr Gesicht hat was abbekommen, am meisten allerdings die Beine. Sie lässt sich das Haar komplett abrasieren, Glatze steht ihr gut, sagen die Freunde. Mittlerweile ist es nachgewachsen, sieht fesch aus.

Das Team rockt

Das Haar ist buchstäblich schneller zu verschmerzen als die Haut an den Beinen: &bdquo;Ich musste Transplantationen bekommen.“ Selbst jetzt, so viele Wochen später, ist sie noch nicht komplett wieder hergestellt, die Physiotherapie tut höllisch weh, weil die junge Haut spannt.

Was sie dagegen aufrichtet, ist ihr Team: Fünf Aushilfen, eine Köchin und gute Freunde helfen, den Laden weiterzuführen. &bdquo;Eine Woche nach dem Unfall war eine Hochzeit mit 60 Leuten geplant. Mein Team hat das hingekriegt, während ich in Hannover im Krankenhaus lag.“ Drei Tage nach der Hochzeit bekam sie Besuch vom Brautpaar, das sich bedanken wollte. &bdquo;Das hat mein Team gerockt, genauso wie eine Auslieferung für 30 Personen“, Barbara Henning scheint fast vor Stolz zu platzen.

Sie hat sich extra ein T-Shirt gestalten lassen: &bdquo;Ich bin eine stolze Chefin von verdammt tollen Mitarbeitern“ steht da schwarz auf weiß. Ein Team, das sie ungern im Stich lassen würde, nun, da sie bald wieder fit ist. Doch der Umsatz hat stark nachgelassen, es kursierten sogar Gerüchte, sie mache dicht.

Unglaubliche Unterstützung

Dem trat sie in einem ziemlich energischen Schreiben an die Gäste und Freunde der Gaststätte &bdquo;Bei Heini“ entgegen: &bdquo;Final ist diese Entscheidung noch nicht getroffen“, heißt es dort. Sie bittet um Unterstützung und darum, dass die Gäste ihre Wünsche und Anregungen äußern, damit sie &bdquo;diese traditionsreiche Gaststätte, in der wir so viele tolle Momente mit euch erlebt haben, nicht schließen müssen“.

Und anscheinend ist der Appell auf offene Ohren gestoßen: &bdquo;Ich habe ganz viel Unterstützung bekommen, und viele haben Wünsche geäußert. Unsere Aktionswochen kommen sehr gut an, die Leute wollen das gern.“ In den sozialen Medien hat sie sich schon bedankt, unter der Überschrift: &bdquo;Wir machen weiter“. Hier schreibt sie: &bdquo;Ich möchte mich sehr für eure tollen, aufbauenden Nachrichten und die vielen netten Worte bedanken, die uns in den letzten Wochen erreicht haben. Mit dieser Motivation stecken wir schon tief in den Planungen für neue Aktionen und Ideen fürs nächste Jahr.“

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