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LZ-Aktion: Gesundheit im Dialog

"Gegen Tinnitus hilft keine Pille"

Fachleute lenken den Blick bei Hörsturz und Ohrgeräuschen auf die Psyche

Rat für Menschen, die "viel um die Ohren" haben: Psychotherapeut Wilfried Pehle (links) und HNO-Arzt Dr. Manfred Pilgramm informieren rund 90 Zuhörer über die Themen Hörsturz und Tinnitus. - © Foto: Rademacher
Rat für Menschen, die "viel um die Ohren" haben: Psychotherapeut Wilfried Pehle (links) und HNO-Arzt Dr. Manfred Pilgramm informieren rund 90 Zuhörer über die Themen Hörsturz und Tinnitus. (© Foto: Rademacher)

Detmold. Die Forschung tappt weitgehend im Dunkeln, was die Ursachen für Hörsturz und Tinnitus sind. Umso wichtiger ist der Umgang damit, wie gestern Abend bei der LZ-Aktion "Gesundheit im Dialog" deutlich geworden ist.

Mit HNO-Arzt Dr. Manfred Pilgramm und Psychotherapeut Wilfried Pehle standen den rund 90 Zuhörern im Residenz-Hotel zwei Experten aus Detmold Rede und Antwort. Pilgramm wählte ein aktuelles Beispiel: Gestern habe ein Mann seinen Rat gesucht, der seit dem Vorabend Druck auf dem rechten Ohr spürte. Diagnose: Hör­sturz. Ursache: Arminia. "Das 2:4 war’s", berichtete Pilgramm – der Patient sei Fußballfan und habe sich während des Relegationsspiels offenbar sehr aufgeregt.

Stress kann für die plötzlich auftretende, meist einseitige Schwerhörigkeit durchaus eine Rolle spielen, wie bei der von LZ-Redakteur Erol Kamisli moderierten Veranstaltung deutlich wurde. Über die Ursachen gibt es nur Vermutungen – Durchblutungsstörungen, eine Infektion oder eine Vergiftung kommen in Frage. Beim Arminia-Fan war es wohl Ersteres: "Er war so angespannt, dass das Ohr kurzzeitig minderdurchblutet war."

Kurzzeitig ist das Stichwort: Die Prognose beim Hörsturz, bei dem manche Patienten auch über einen Hörverlust klagen, sei sehr gut, oft blieben die Symptome nicht lange. Auf jeden Fall sollten Betroffene – jedes Jahr 900 bis 1000 Menschen in Lippe – einen HNO-Arzt aufsuchen, riet der Mediziner. Wie sich ein Hörsturz therapieren lässt, sei umstritten, sagte er bei der von LZ, Ärztekammer, AOK und Klinikum Lippe präsentierten Veranstaltung. "Der Favorit ist Cortison." Was man tun sollte, um einen Hörsturz gar nicht erst zu bekommen? "Gesund leben", lautete die Antwort des Mediziners. Und damit meinte er auch Entspannung und Stressreduktion.

Diese Themen vertiefte Wilfried Pehle. Er empfahl das bewusste Hineinhorchen in sich selbst: Was tut mir gut, wie kann ich mich entspannen? Anspannung und Stress könnten sich als ständiges Pfeifen im Ohr äußern, also als Tinnitus. Auch dabei sei der Gang zum HNO-Arzt angeraten. Zwar könne in manchen Fällen ein Hörgerät helfen, doch "es gibt keine Pille gegen Tinnitus", betonte Pilgramm. Stattdessen sei der Patient gefragt. Denn nur ein Teil nehme das Ohrgeräusch auch als Leiden wahr. Da sei eine Möglichkeit, die Aufmerksamkeit vom Tinnitus wegzulenken: "Wenn man zuviel darüber nachdenkt, wird es immer mehr", unterstrich Pehle. Erfolgversprechender sei es gerade bei Menschen, die "viel um die Ohren" haben, sich zu schonen und einen Weg zu finden, Belastungen zu meistern.

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