Lage/Detmold. In mindestens 170.000 Fällen soll ein heute 93-jähriger Lagenser während der NS-Zeit Beihilfe zum Mord an KZ-Häftlingen in Auschwitz geleistet haben. Sollte es zu einem Prozess kommen, wird dieser vermutlich nicht in Detmold stattfinden.
Denn im Landgericht an der Paulinenstraße dürfte kaum genug Platz sein, um alle Beteiligten unterzubringen. „Bislang gibt es 15 Nebenklagen", sagte Gerichtssprecherin Anke Grudda. Weitere Nebenklagen von Angehörigen der Opfer oder ehemaligen KZ-Häftlingen könnten aber auch später noch eingereicht werden.
Ob die Klage der Staatsanwaltschaft Dortmund gegen den früheren SS-Mann überhaupt zugelassen wird, muss das Gericht in den nächsten Wochen entscheiden. Am 18. Mai endet die Frist für die Stellungnahme der Verteidigung. „Wir werden natürlich alles daran setzen, dass es nicht zu einer Eröffnung des Hauptverfahrens kommt", sagte der Rechtsanwalt des Lagensers, Johannes Salmen, auf LZ-Anfrage. Gründe gebe es viele – unter anderem auch das hohe Alter des Beschuldigten.
Sollte der Prozess gegen den 93-Jährigen eröffnet werden, müsste ein Ort gefunden werden, in dem neben den Richtern und Schöffen auch die Staatsanwaltschaft, der Angeklagte und sein Verteidiger sowie die Vertreter der Nebenkläger und die Öffentlichkeit genügend Platz hätten. Im Gespräch ist, in das Gebäude der Industrie- und Handelskammer Lippe zu Detmold auszuweichen. IHK-Hauptgeschäftsführer Axel Martens wollte sich dazu nicht äußern.
Auch in Lüneburg, wo sich derzeit der 93-jährige früherer SS-Mann Oskar Gröning wegen Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen verantworten muss, hat sich das Landgericht einen externen Sitzungssaal gesucht – die dortige Ritterakademie. Gröning hatte zugegeben, an der Rampe von Auschwitz-Birkenau Dienst getan zu haben. Eine dortige Gerichtssprecherin sagte, dass Gröning im Falle einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren drohe.