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Ferrara war einer der ersten Italiener in Detmold

André Gallisch

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Italienische Begegnung: Referentin Dr. Benedetta Mannino und Antonio Ferrara treffen sich im Rathaus. 
- © André Gallisch
Italienische Begegnung: Referentin Dr. Benedetta Mannino und Antonio Ferrara treffen sich im Rathaus. (© André Gallisch)

Detmold. Sie kamen als "Gastarbeiter", viele aber haben Deutschland zu ihrer Heimat gemacht. Wie Antonio Ferrara, der 1961 in die Bundesrepublik kam.

Vor 60 Jahren wurde das deutsch-italienische Anwerbeabkommen geschlossen. Dr. Benedetta Mannino referierte deshalb im Großen Saal des Detmolder Rathauses über die Situation der so genannten "Gastarbeiter". Außerdem erzählte der Detmolder Antonio Ferrara von seiner Geschichte.

"Er ist hier bekannt wie ein bunter Hund", begrüßte Moderator Dieter Rügge von der Europaunion den Gast scherzhaft. Und tatsächlich zählt Antonio Ferrara zu den bekanntesten Gesichtern in der Stadt.

Allerdings berichtigte er sofort, dass er 1961 zunächst nach Vlotho gekommen sei. "Ich wollte ein wenig Freiheit hier genießen", sagte Ferrara auf seine unverwechselbare Art mit einem Grinsen. Schließlich hatte er gerade zehn Jahre Internat hinter sich.

Bei der Firma Kannegießer in Vlotho habe der gelernte Elektrotechniker, dessen Abschluss in Deutschland aber zunächst nicht anerkannt worden sei, die Fertigung der Steuerung von Bügelautomaten übernommen. 1964 kam er dann nach Detmold, wo er unter anderem als Telefontechniker im Krankenhaus gearbeitet habe. Seinen hohen Bekanntheitsgrad hat er ab etwa 1980 als Betreiber von italienischen Restaurants sowie dem "Cafe Europa" am Marktplatz erlangt.

"Ich hatte nie Probleme in Deutschland", betont Antonio Ferrara. Als er damals herkam, habe er sich die Sprache selbst beigebracht. "Ich habe jeden Tag 20 Vokabeln gelernt", erinnert sich der heute 77-Jährige. Nur seinen zwei erwachsenen Kindern habe man damals in der Schullaufbahn Steine in den Weg legen wollen. "Ein Lehrer sagte, sie hätten nur Hauptschulniveau", erzählte Ferrara. "Ich habe ihnen dann gesagt, sie sollten erst einmal oben anfangen, nach unten wechseln kann man immer noch." Er sollte Recht behalten, heute leitet Sohn Claudio als Diplom-Physiker die Abteilung "Gebrauchsdaueranalyse und Umweltsimulation" und das Labor "TestLab PV-Module" am Fraunhofer ISE in Freiburg, Tochter Patrizia ist Rechtsanwältin.

"Menschen sind von Anfang an Migranten", stellte Dr. Benedetta Mannino ihrem Vortrag voran. Sie berichtete von den Fehlern, wie sie an 1955 beim Anwerben der italienischen Gastarbeiter gemacht wurden, die zum Beispiel in Wolfsburg bei VW arbeiteten und in der Stadt zunächst - von der Bevölkerung abgegrenzt - in Baracken hausen mussten. "67 Personen und nur vier Toiletten auf einer Etage."

Verbessert hätten sich die Verhältnisse erst ab etwa 1973/74, als die Familien der jungen Männer aus Italien nachzogen. Nun fanden über Sprachkurse und vor allem die Schule erste Integrationsbemühungen statt, erläuterte die Referentin.

14 Millionen Italiener (darunter Mehrfachzählungen) seien im Zeitraum von 1955 bis 1973 immer wieder zwischen Italien und Deutschland gependelt. "Heute leben rund 600.000 Italiener in Deutschland, das ist nach den Türken und Polen die drittgrößte ausländische Gruppe", so Dr. Benedetta Mannino. "Sie werden heute in Deutschland kaum noch als Problem angesehen."

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