Detmold. Ohne Angst und unnötigen Druck zu lernen, das gehört zu den Hauptzielen, die die Peter-Gläsel-Schule in Detmold verfolgt. Vor gut einem Jahr mit 13 Schülerinnen und Schülern gestartet, gehen jetzt 35 Mädchen und Jungen auf die private Grundschule, die statt streng abgegrenzter Schulfächer das pädagogische Prinzip verfolgt, dass sich die Kinder dort in der Gemeinschaft ausprobieren, entdecken, entfalten und dabei lernen können.
„Die Lehrer verstehen sich als Lernbegleiter", sagt Stefan Wolf, Geschäftsführer der Peter-Gläsel-Stiftung, im Gespräch mit dieser Zeitung. Dies zeigt sich aktuell in einem Projekt, das die Grundschüler gemeinsam mit dem Bildungskünstler Josef Köhler gestalten. Gemeinsam erstellen sie mit dem Mitbegründer der Detmolder Privatschule ein Streichholzschachtelkunstwerk.
„Die Kinder gestalten mit Farben und verschiedenen Materialien und Werkstoffen das Innere kleiner Streichholzschachteln", beschreibt Köhler die Arbeit. Durch das Zusammenkleben der Schachteln entstehe ein großes Kunstwerk. „Mit dem Zuwachs der sichtbaren Zwischenergebnisse im Prozessverlauf entstehen bei den Kindern neue Ideen für die Weiterentwicklung und Fortsetzung des Lernprozesses." Die Kinder können über den Fortgang des Projekts in hohem Maße selbst mitentscheiden.
„Inzwischen haben wir mehr als 2.000 Schachteln verbunden und mehr als 76.000 Streichhölzer gesammelt", berichtet Köhler. Die Kinder recherchierten selbst, ob es weltweit vergleichbare Projekte gebe und ob es einen bestehenden Weltrekord gebe, den man brechen könne.
Über das Thema „Streichholz" erschließen die Kinder weitere Lernfelder. Dabei geht es um den Werkstoff Holz, Feuer oder auch Mathematik. „Wir rechnen mit den Streichhölzern. Alles ist damit möglich, weil wir am Beispiel des Streichholzes die Zusammenhänge der Welt erklären können, wenn wir wollen", wie Köhler sagt. Deshalb werde dieses Projekt die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrer wohl noch ein paar Jahre weiter beschäftigen.
Bei allen neuen pädagogischen Ansätzen ist Wolf folgendes wichtig: „Wir müssen eine Schule sein, die für alle offen steht." Man wolle keine „handverlesene Schülerschaft" zusammenstellen. Deshalb verlange man auch kein Schulgeld, sondern lediglich kleinere Beiträge für das Essen bei Nutzung des Ganztagsangebots oder das Schulmaterial.
Zudem gibt es für die Schüler keine Hausaufgaben und man verfüge, gemessen an der Gesamtschülerzahl, über mehr Personal als an den Regelschulen. Die Anliegen der Eltern spielen zudem eine große Rolle. Wolf: „Eltern wollen, dass das Betreuungsthema gelöst ist." Deshalb finde an der Peter-Gläsel-Schule ein Angebot von 7 bis maximal 17 Uhr täglich statt.
Ein intensiver Kontakt zwischen Lehrern und Schülern gewährleiste, dass am Ende des vierten Grundschuljahres alle Kinder auf dem gleichen Lernstand seien, betont Wolf. „Wir können uns mehr um Schüler kümmern, die Unterstützung brauchen." Auch Nachfragen der Eltern seien ausdrücklich erwünscht, nicht nur an den Elternsprechtagen. „Jeder kann hospitieren. Eltern sind willkommene Partner im Lerngeschehen", sagt Wolf.
Das grundsätzliche Ziel allerdings ist klar umrissen: „Wir wollen, dass Kinder selbstständige Lerner und von Erwachsenen unabhängig sind." Zudem sei ein „vernünftiges Sozialverhalten" das Ziel des Lernprozesses der neuartigen, einzügigen Detmolder Privatschule. Diese finanziert sich aus Spenden und öffentlichen Zuschüssen. Dieses Angebot kommt offenbar gut an. Wolf: „Fürs nächste Schuljahr sind bereits 24 Schüler bei uns angemeldet."
Das Konzept der Detmolder Schule
- Das von Josef Köhler entwickelte PRRITTI-Bildungsmodell begründet die Basis für die pädagogische und didaktische Arbeit der Peter-Gläsel-Schule.
- Das Modell beendet die Trennung von Lernen und Lernorten. Es beendet die Aufgliederung des Lernens in Disziplinen, denn diese Trennung erschwert laut Köhler den gesamten Prozess des Lernens.
- Es folgt der Leitlinie: Lernen findet überall und zu jeder Zeit statt, es ist dem Menschen innewohnend und ist ein immerwährender Prozess im Wandel von Form und Gestalt.
- Die Peter-Gläsel-Schule hat als Ziele die Förderung der Lernfreude sowie die permanente Einbindung der Schülerinnen und Schüler im Sinne hoher Eigenaktivität und echter Partizipation.