Detmolder Theologe hat ein differenziertes Verhältnis zu Religion

Detmold . Hätten Josef und Maria in jener schicksalhaften Nacht vor Oliver Arnholds Tür gestanden – sie hätten sich wohl nicht mit dem Stall zufrieden geben müssen. Für Besucher steht ein gemütlicher Ohrensessel in der Ecke des Arbeitszimmer. Der Theologe nimmt mit einem neongrünen Plastikstuhl Vorlieb. Religion spielt für ihn eine große Rolle – obwohl er eigentlich auf Umwegen zu seinem Beruf und zu seiner Forschung gekommen ist.

Oliver Arnhold ist Religions- und Mathelehrer am Grabbe-Gymnasium und bildet als Fachleiter für Evangelische Religionslehre und Kernseminarleiter Referendare in Lippe aus. Er ist Dozent für Religionspädagogik und kirchliche Zeitgeschichte an den Universitäten Bielefeld und Paderborn. Und: Autor. Der Schreibtisch des 52-jährigen gebürtigen Arnsbergers ist übersäht mit Unterlagen. Hier entstand auch sein aktuelles Buch, welches er im November vorlegt. Es befasst sich mit der Rolle der Kirche zur NS-Zeit.

Die Beziehung zum Christentum, zum Theologiestudium – ja zum eigenen Glauben – sei alles durch die Faszination an der Materie gekommen. &bdquo;Ich habe den Glauben nicht von zu Hause aus mitbekommen", resümiert er. Seine Mutter sei streng katholisch aufgewachsen und habe mit der katholischen Kirche gebrochen. &bdquo;Mein Vater war Atheist." Sein Glaube habe sich auch erst über die Jahre herausgebildet. Die Überzeugung sei mit Erlebnissen gereift.

&bdquo;Meine religiösen Erlebnisse sind kein Zufall" Zur Theologie kam er beinahe wie die Jungfrau zum Kinde, als er sein Maschinenbau-Studium satt hatte. Auf der Suche nach einer Gesellschaftswissenschaft – Mathematik durfte als Fach bleiben – sei er von Hörsaal zu Hörsaal gepilgert und letztendlich in einer Theologievorlesung hängen geblieben.

&bdquo;Meine religiösen Erlebnisse sind kein Zufall". Da sei er sich sicher. &bdquo;Sie bekommen Jahre später Bedeutung und zufällige Entscheidungen stellen sich als richtig heraus", sagt er. Besonders eindrücklich war der Tod seines Vaters. &bdquo;Ich bin aus dem Hospiz getreten, mein Vater war gestorben. Da öffneten sich die Wolken und die Sonne trat hervor. Im selben Moment ertönen Kirchenglocken", beschreibt Oliver Arnhold die spirituelle Erfahrung.

Das Läuten leitete ihn zu einem Gottesdienst, dieser habe ihm viel Trost gespendet. Wie sein Vater, als Atheist mit dem Tod zu Recht kam, kann er nur mutmaßen. &bdquo;Zu wissen, dass danach für ihn nichts mehr kommt, hat ihn um so mehr um sein Leben kämpfen lassen", vermutet er, sein Blick bleibt eine Weile an der der Decke kleben, dann nickt er noch einmal.

&bdquo;Ich wünsche mir eine Auseinandersetzung, die nicht polemisch ist" Mit Atheisten diskutiere er gerne und auch Glaube müsse Satire aushalten. Empfindlich wird er nur, wenn er das Gefühl bekommt, dass man Glaube an sich ins Lächerliche zieht. Dann schwingt ein gewisser Ärger in seiner Stimme mit und er verliert kurz die entspannte Grundhaltung. Beispielsweise, wenn man ihn auf die Religionsparodie &bdquo;Das fliegende Spaghettimonster" anspricht. &bdquo;Ich wünsche mir eine Auseinandersetzung, die nicht polemisch ist", sagt er.

Vor allem in seiner Jugend habe er einigen Zweifeln standhalten müssen. &bdquo;Als Jugendlicher habe ich das alles – vor allem die Kirche – sehr kritisch gesehen", sagt er und nimmt eine trotzige Haltung ein, als säße sein 15-jähriges Ich für einen Moment auf dem grünen Plastikstuhl. Diese kritische Art der Auseinandersetzung möchte er auch in seinem Religionsunterricht pflegen. &bdquo;Es sind komplexe Fragen – Leuchtet mir die Antwort ein, nehme ich sie an. Leuchtet sie mir nicht ein, lehne ich sie ab."

Besonders die Israel-AG liegt ihm am Herzen Schülern mehr mitgeben, als Unterrichtsinhalte, das ist Oliver Arnhold wichtig. Besonders die Israel-AG am Grabbe-Gymnasium liegt ihm am Herzen. Dort besuchen sich israelische und deutsche Schüler gegenseitig um mit und voneinander über die Verbrechen der NS-Zeit zu lernen und Freundschaften zu knüpfen.

Wenn Oliver Arnhold argumentiert, dann tut er das mit dem Habitus eines Intellektuellen. Frei von Pathos und unaufgeregt. Nur bei einem Thema verliert der zweifache Familienvater, das gibt er zu, ein wenig die Vernunft. An der Wand hängt ein Borussia-Mönchengladbach-Trikot – darauf Unterschriften des gesamten Kaders von 2017. Die Fohlenelf der 70er-Jahre hatte sein Herz gestohlen. &bdquo;Ihr sollt euch nicht zu Götzen wenden?" So tief gehe es dann doch nicht. &bdquo;Man hat diese Liebe von klein auf, kann davon auch nicht lassen. Aber bei allem was im modernen Fußball vor sich geht, ist das rational natürlich nicht zu begründen", sagt er.

Lothar Matthäus nimmt er bis heute den Fehlschuss im Pokalfinale gegen die Bayern übel. Zumindest hier scheint die christliche Vergebung an ihre Grenzen zu stoßen. Auch diese Leidenschaft konnte er mit seiner Berufung verbinden. Für den Religionsunterricht hat er ein Themenheft über Fußball und Religion herausgegeben.

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