Neue Reihe startet: „Unter Lippe“ zeigt die frostige Höhle der Fürsten

Detmold. Der Herbst hält Einzug in Lippe. Starker Wind treibt dunkelgraue Wolken über Detmold und der Regen prasselt auf das Fürstliche Residenzschloss. &bdquo;Ein guter Tag, um unter die Erde zu gehen", scherzt Lisa Marie Bergann die Kuratorin des Schlosses. Es geht in die beiden Eiskeller, die am Schloss und in der Bastionsmauer eingelassen sind. Hier wurde über Jahrhunderte hinweg Eis gelagert, dass sowohl zum Kühlen von Lebensmitteln als auch zur Produktion von Speiseeis gedacht war. &bdquo;Wir haben insgesamt zwei Eiskeller. Einen kleinen der direkt am Schloss anliegt und einen sehr großen in der Bastionsmauer", erzählt die Kuratorin.

Fünf Meter unter der Erde

Der erste Besuch gilt dem kleineren der beiden Keller. Eine schmale Wendeltreppe führt in den Raum, in dem früher das Eis gelagert wurde. Es ist stockduster. Trotz der schlechten Lichtverhältnisse fällt es sofort auf: Wirklich groß ist er nicht – höchstens ein paar Quadratmeter. Allerdings verrät die markante Bauweise des Kellers das ausgeklügelte Kühlungssystem vergangener Tage. Am eindruckvollsten zeigt das der große Eiskeller des Schlosses. Er liegt abgelegen von dem Anwesen in der Bastionsmauer. Eine schmale Treppe führt gut fünf Meter unter die Erde. Unten angelangt, sind die Überreste von Holzverstrebungen, die quer durch den Raum führen, zu erkennen. &bdquo;Der Boden durfte nicht abgedichtet sein, da sonst das Schmelzwasser nicht hätte ablaufen können", erklärt Bergann. Der restliche Raum ist wie ein lang gezogener Zylinder geformt, der oben von einer Kuppel abgerundet wird. Das Mauerwerk ist komplett abgedichtet.

Die Verkehrsgeräusche vom nahe gelegenen Rosental, die ein paar Meter höher noch laut und deutlich zu hören waren, sind inzwischen komplett verstummt. Der Eingang in den Keller liegt in nördlicher Richtung. Kein Sonnenstrahl und kein Luftzug sollte das dort Gelagerte treffen. &bdquo;So konnte man die Temperatur hier drinnen konstant auf acht bis zehn Grad halten", führt Bergann aus. &bdquo;Bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts war es ausschließlich die wohlhabende Bevölkerung, die über Eiskeller verfügte. Während sich der ärmere Teil der Bevölkerung auf gepökeltes und Dörrfleisch beschränkte, hielten die Reichen ihre, zum Teil exotischen, Lebensmittel mittels der Keller haltbar", weiß die Kuratorin. Neben der kühlen Lagerung, diente das gelagerte Eis auch zur Herstellung von Speiseeis.

Speiseeis gibt es seit dem 13. Jahrhundert

Speiseeis gibt es übrigens schon länger als die Meisten denken. Bereits im 13. Jahrhundert beschreibt Marco Polo ein Eisrezept aus China, welches Katharina de Medici im 16. Jahrhundert nach Frankreich bringt. Von dort aus verbreitet es sich in ganz Europa. Die erste deutschsprachige Erwähnung findet sich in einem Kochbuch von 1597. Die erste Eisdiele gab es in Paris im 17. Jahrhundert.

Das Eis für den Keller besorgten sich die Edelherren hingegen direkt aus dem Schlossgraben oder den umliegenden Gewässern. &bdquo;Sie müssen sich vorstellen, dass die damaligen Winter strenger und die Sommer kühler waren. Man kann davon ausgehen, dass der Schlossgraben im Winter komplett zugefroren war", erzählt Bergann . Das Eis sei dann in Blöcken aus den Gewässern geschlagen, auf Karren geladen und mittels spezieller Zangen in die Keller verfrachtet worden, erklärt sie weiter. Wann die Eiskeller errichtet wurden lässt sich nicht genau sagen. Einige Hinweise deuten auf das 17. Jahrhundert hin. &bdquo;Es ist schwierig, die genauen Daten zu bestimmen. Es kann passieren, dass etwas errichtet wird und es erst 30 Jahre später irgendwo schriftlich festgehalten wurde. Durch bestimmte Siegel oder Wappen an den Bauten lässt sich die Zeit aber einigermaßen eingrenzen", sagt die Kuratorin.

Die Eiskeller sind nicht die einzigen Räumlichkeiten, die sich unter dem Schloss verbergen. &bdquo;Hier gibt es einige Tunnel, die unter dem Gebäude herlaufen", weiß Bergann . Leider sei die Quellenlage zu ihnen schwierig, da es kaum Aufzeichnungen gäbe, erklärt sie weiter. Einer der noch unerforschten Gänge sei ein Fluchttunnel, der vom Schloss bis in die Nähe des Landestheaters führen soll. &bdquo;Solche Fluchtwege gehören zur Bautradition dazu", sagt die Kuratorin.

Neue LZ-Serie "Unter Lippe"

In unserer neuen Serie &bdquo;Unter Lippe" widmen wir uns Orten, die sich im Untergrund unter dem Kreisgebiet befinden und zu denen es eine Geschichte zu erzählen gibt. Das können besondere Keller, Tunnel, Bunker, Höhlen oder Gruften sein. Aber auch besondere Bodenstrukturen, unterirdische Naturschauplätze oder anderes mehr. Dabei kommt es nicht auf das Alter an. Auch moderne, unterirdische Räume können eine spannende Funktion erfüllen, über die es sich lohnt zu berichten. Falls Sie Anregungen für die neue Reihe haben oder einen besonderen Ort kennen, der passen könnte, melden Sie sich gerne per E-Mail an redaktion@lz.de.

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