Wann die Polizei den Autoschlüssel einziehen darf

Detmold. Ihm seien, nachdem er beim rückwärts Einparken mit seinem Auto einen "widerrechtlich aufgestellten" Reklameständer umgestoßen und dieser beim Umfallen an einem anderen Auto einen geringen Lackschaden verursacht habe, von der Polizei die Autoschlüssel eingezogen worden, berichtet ein LZ-Leser der Redaktion. "Die Stilllegung meines Fahrzeugs ist eine Diskriminierung alter unfallfreier Verkehrsteilnehmer", beschwert sich der 98-Jährige. "Nach dem Alter kann man schließlich nicht gehen. Ein anderer ist mit 60 schon kaputt." Bei jüngeren Fahrern würde man das Weiterfahren nicht unterbinden, sagt der Senior. Dementsprechend hat er eine Beschwerde an die Kreispolizei geschrieben - und seine Autoschlüssel inzwischen zurück.

"Allerdings nicht wegen der Beschwerde", wie Polizei-Pressesprecherin Dr. Laura Merks anmerkt. "Die Schlüssel wären ihm sowieso zeitnah zurückgegeben worden. Das ist das übliche Vorgehen." Auch stimmt sie dem LZ-Leser zu, dass das Alter allein für die Fahrtüchtigkeit kein Kriterium ist - und die beurteile die Polizei stets am Ort des Geschehens. "Es müssen schon handfeste Gründe für eine Fahruntüchtigkeit vorliegen, damit ein Beamter so einen Schritt geht." Und die könne es auch bei Jüngeren geben. "Wenn beispielsweise ein 21-Jähriger mit einem nicht funktionierenden Hörgerät oder mit zwei gebrochenen Armen Auto fahren würde, hätte man genauso Zweifel an seiner Fahrtüchtigkeit."

Manchmal ist die Parkkralle das mildere Mittel In so einem Fall ziehe der Kollege die Fahrzeugschlüssel ein, wenn er nicht darauf vertraue, dass der auffällig gewordene Fahrer sein Fahrzeug freiwillig nicht mehr bewege. Lasse der mit sich reden, sei das oft gar nicht nötig, weil es mildere Mittel gebe. Aber die Fahrt nach Hause unter Polizei-Geleitschutz, wie vom LZ-Leser vorgeschlagen, sei rechtlich nicht erlaubt. Bei modernen Fahrzeugen, bei denen Smartphones oder beliebig viele Keycards als Schlüssel angelernt werden können, sei es natürlich nicht möglich, das Auto per Schlüsseleinzug stillzulegen. "Wenn das Handy nicht eingezogen werden soll, kann es dann auch mal das mildere Mittel sein, das ganze Fahrzeug sicherzustellen. Oder ein Parkkralle anlegen zu lassen", sagt Merks.

Bei generellen, nicht nur auf den akuten Anlass bezogenen Zweifeln an der Fahrtüchtigkeit gebe die Polizei diese dann auch an die Führerscheinstelle weiter. Im Fall des LZ-Lesers laufe die Prüfung dort noch. Und ob ein Reklameständer "widerrechtlich" herumstehe oder nicht, sei im Übrigen irrelevant, sagt Merks. "Dagegen fahren darf man trotzdem nicht."

Sie wirbt für die Teilnahme an den regelmäßig von der Polizei organisierten Seminaren "Unfallfrei - ich bin dabei". "Denn oft ist es für einen selbst ja schwierig zu erkennen, wie gut man im Straßenverkehr noch aufgestellt ist", erklärt Merks. Dort könne man mit dem eigenen Auto teilnehmen und im Vergleich gut sehen, was noch gut funktioniere und in welchen Bereichen man Einschränkungen habe. "Eventuell ist das auch ratsam, wenn man sich im Alter ein neues Auto kauft, bei dem vielleicht einiges anders funktioniert."

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus!

0,99 Euro im ersten Monat

Weiterlesen mit LZplus