Skurrile Baustellenfunde: Auch Skelette traten in Detmold schon zu Tage

Detmold. Eine Überraschung hat es unlängst bei den Bauarbeiten in der Langen Straße gegeben, wo alte Mauerreste im Untergrund entdeckt worden sind. Experten vermuten nun, dass es sich um einen Löschwasserkanal handeln könnte - mit dem Detmold, das in seiner Geschichte zwei verheerende Stadtbrände erlebt hat, einst für Brandfälle gewappnet wurde. Das ist aber längst nicht die einzige besondere Entdeckung, die es in der Innenstadt gegeben hat. Auch Skelette waren schon darunter.

&bdquo;Häufig bis fast bei jeder Maßnahme kommt es zu unerwarteten Funden“, erklärt die Stadtverwaltung. Darunter sind alte Leitungen (über die keine Daten mehr vorhanden sind), alte Fundamente, in Betrieb befindliche Leitungen (die einen anderen Verlauf aufweisen als in den Bestandsunterlagen dargestellt), Bauschutt, belasteter Boden oder Altlasten. Gerade im innerstädtischen Bereich könne es aber auch zu Funden kommen, die von archäologischem Interesse seien, weshalb mit einer archäologischen Baubegleitung gearbeitet werde. So ist es aktuell bei der Langen Straße und so war es auch im Vorfeld zum Marktplatz-Umbau von Januar 2008 bis März 2009.

Gräber am Marktplatz Auch damals wurden die Kanäle saniert, große Bagger und Bohrgeräte drangen in eine Tiefe von fünf Metern vor. Zuvor war das Gelände archäologisch untersucht und dokumentiert worden. Bildet es doch das Zentrum der historischen Kernstadt mit dem Rathaus und der Erlöserkirche am Markt, welche wahrscheinlich im 8./9. Jahrhundert gegründet wurde und zu der bis 1625 auch ein Friedhof gehörte.

&bdquo;Früher war der heutige ,kleine Markt’ der eigentliche Marktplatz“, erklärt Stadtarchivarin Dr. Bärbel Sunderbrink. Denn auf dem jetzigen großen Marktplatz habe das alte Rathaus gestanden. Die restliche Fläche sei der Kirchhof gewesen. Dass sich im Zuge der Bauarbeiten im Jahr 2008 im Untergrund noch Gebeine finden würden, war deshalb nicht unwahrscheinlich gewesen.

Mitarbeiter aus dem Bereich Bodendenkmalpflege des Lippischen Landesmuseums und studentische Hilfskräfte trugen ab November 2007 Erdschichten ab und stießen auf alte Abwasserkanäle und menschliche Überreste. &bdquo;Verfärbungen im Boden deuten auf Gräber hin. Vermutlich wurden Knochen etwa Mitte des 17. Jahrhunderts in einem Gebeinhaus an der Nordwestseite der Kirche gesammelt“, erklärte ein Experte in einem LZ-Bericht von damals. Dort fanden sich unzählige durcheinander liegende Knochen.

Weiblicher Leichnam aus guter Gesellschaft Eine besondere Entdeckung bildete ein verputztes Grab, in dem die Fachleute die Überreste eines weiblichen Leichnams entdeckten. Metallspuren am Schädel, vermutlich von einem Kopfschmuck aus Kupfernadeln, und aufwendig gestaltete Sarggriffe ließen damals den Schluss zu, dass die Frau eine gute gesellschaftliche Position gehabt haben könnte. Später wurden die Gebeine weiter untersucht.

&bdquo;Bei einem Bestatteten fand man auch einen Lederbeutel mit Münzen, was sehr ungewöhnlich war“, erinnert sich Dr. Elke Treude, Bodendenkmalpflegerin des Lippischen Landesmuseums. Die Gebeine seien dann nach der Untersuchung auf dem Friedhof am Kupferberg anonym beerdigt worden. &bdquo;Auch beim Bau des Gemeindezentrums hatte man schon Knochen gefunden. Die sind direkt an der Kirche bestattet. Darauf weist heute ein Gedenkstein hin.“

Jüdisches Tauchbad und ein Stollenkanal Zu den besonderen Funden in der historischen Kernstadt zählen auch die Überreste eines jüdischen Tauchbades (Mikwe), das 2006 bei Straßenarbeiten im Bereich Freiligrath-/Krumme Straße entdeckt wurde und auf das heute eine Tafel an einer Hauswand hinweist. Sie befand sich im Anbau des Hauses Krumme Straße 30, das nicht mehr vorhanden ist. Der Anbau diente als private Synagoge mit Mikwe, welche in der jüdischen Religion zu rituellen Reinigungen benötigt wird.

Das Tauchbad hat sich laut Treude anhand von Mauern und klassischen Strukturen nachweisen lassen. Eine Treppe führte hinunter in das Wasser, dazu gab es Nischen für Licht. Die Experten fanden zudem Baustrukturen aus der Zeit vom 16. bis ins 20. Jahrhundert sowie Glas, Keramik, Eisengerät, Porzellan und Knochen.

Ein ähnlicher Reichtum an Fundstücken hatte sich auch beim Umbau des Grabbe-Hauses an der Bruchstraße in den Jahren 1988/89 gezeigt. &bdquo;Wir konnten drei Bauphasen vom 15. bis ins 18. Jahrhundert freilegen“, erklärt die Bodendenkmalpflegerin. Ein damals entdeckter Stollenkanal sei heute noch im Keller zu sehen; darüber hinaus wurden Keramik, Scherben, Stempel, Münzen und einiges mehr gefunden. &bdquo;Dort hat sich ein ganzes Spektrum gezeigt, auch weil das Haus in der Vergangenheit immer wieder umgebaut worden war“, sagt Treude. Sogar im Kanal in Richtung Schlossgraben habe es Funde gegeben.

Und noch viel mehr Aber auch bei vielen weiteren Umbau- und Sanierungsarbeiten in der Innenstadt waren Archäologen und Bodendenkmalpfleger mit dabei und haben immer wieder etwas entdeckt. Brunnen fanden sich zum Beispiel in der Bruchmauerstraße, in der Schülerstraße 7 oder auch in &bdquo;Strate’s Brauhaus“ im hinteren Teil des heutigen Gastraums. Bei einer Sanierung des St.-Bonifatius-Hauses am Wall wurden Teile der ehemaligen Stadtmauer angeschnitten, im Rosental tauchten - ähnlich wie jetzt in der Langen Straße - alte Löschwasserkanäle auf. &bdquo;Das alles sind Einzelfunde. Und irgendwann erschließt sich daraus ein gesamtes Netz“, erklärt die Bodendenkmalpflegerin.

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