Detmolder Archäologen: Was Gräberfunde über die Menschen vor 1400 Jahren verraten

Detmold. Archäologen haben 2022 in Schieder-Schwalenberg einen unerwarteten Fund gemacht: Rund 70 Gräber, in denen sich beispielsweise Schwerter und Glasperlen befanden, kamen ans Licht. Einige Gegenstände sollen demnächst im Lippischen Landesmuseum in Detmold ausgestellt werden. Bodendenkmalpflegerin Dr. Elke Treude und Archäologe Arne Müller haben die Funde unter die Lupe genommen und erklären, was sie über die Menschen von damals verraten.

Das Gräberfeld wurde unterhalb eines Maisackers entdeckt, der an die Heinbergsiedlung angrenzte. Die Stadt Schieder-Schwalenberg plante, die Fläche zu bebauen, und entwarf einen Bebauungsplan. Das Problem dabei: In den 1980ern waren dort schon einmal Reste einer eisenzeitlichen Siedlung gefunden worden. Deshalb konnte die Stadt ihre Baupläne nicht einfach so weiterverfolgen, denn d urch die Erschließung wäre das archäologische Bodendenkmal zerstört worden. Deshalb holte sie zunächst Experten dazu.

Die Ausgrabung

&bdquo;Die archäologische Ausgrabung ist die einzige Möglichkeit, diese Informationen zu dokumentieren und damit der Forschung zu sichern“, erklärt Arne Müller. Die Fachfirma &bdquo;Eggensteinexca“ startete die Ausgrabung im Frühjahr 2022 und arbeitete eng mit der Kreisarchäologie am Lippischen Landesmuseum zusammen. Auf der Fläche wurde ein Raster von Suchschnitten angelegt, um festzustellen, wo es archäologische Befunde gab. Ein Baggerfahrer trug die Suchschnitte ab, ein Archäologe kontrollierte die Flächen. Müller: &bdquo;Sobald Verfärbungen, also farblich vom umgebenden Boden abgesetzte Stellen, auftraten, wurde der Bagger gestoppt und der Boden dort nicht weiter abgetragen.“ Lesen Sie auch: Bald zu sehen: Diese bedeutenden Funde wurden in Schieder-Schwalenberg gemacht

Dr. Elke Treude ergänzt: &bdquo;Orange-rote Verfärbungen deuteten in den meisten Fällen auf eine Grube mit Grabbeilagen hin.“ Die Verfärbung komme durch die Eisenoxidation im Boden. &bdquo;Stellte sich dabei heraus, dass es sich um einen Befund, beispielsweise ein Pfostenloch oder eine Grabgrube handelte, wurde nur noch per Hand weitergearbeitet und der Baggereinsatz pausierte“, so Müller weiter. Und nach und nach zeigte sich das ganze Ausmaß des Gräberfeldes.

Blockbergung und Aufbereitung

Aber wie erkennt man eigentlich Gräber? Bei Gruben, in die ein Mensch passen würde, ist es laut dem Archäologen wahrscheinlich, dass es sich um ein Grab handelt. Sind die Gräber identifiziert, werden sie mit der sogenannten Blockbergung ausgegraben. Treude: &bdquo;Hierbei wird so viel Erde abgetragen, bis der einzelne Block steht. Darin befindet sich das Grab, das anschließend ummantelt wird.“ Das verhindere, dass er auseinanderfällt, sobald er hochgehoben wird. &bdquo;Danach wird eine Platte unter den Block geschoben, die das Grab als Ganzes aushebt“, erläutert die Bodendenkmalpflegerin.

&bdquo;Als Nächstes wird der ganze Block mithilfe eines CT gescannt“, erklärt Müller. So könne man genau identifizieren, welche Gegenstände sich an welcher Stelle im Erdblock befinden. Diese werden dann mit feinen Werkzeugen abgetragen. Neben der Ausgrabung muss man als Archäologe auch ein Excel-Fan sein, denn jeder Fund wird dokumentiert. Damit die freigelegten Gegenstände nicht zerfallen, werden sie in Klimavitrinen gelagert. Das verhindere, dass sich der Zustand des Materials durch chemische Prozesse weiter verschlechtere.

Was die Artefakte verraten

Dass weitere Artefakte entdeckt wurden, war keine Überraschung. Zunächst deuteten Urnen darauf hin, dass der Fund aus der Eisenzeit stammen könnte. Doch dann stellte sich heraus: Die Grabgruben sind aus dem Frühmittelalter. &bdquo;Das haben wir nicht erwartet“, erklärt der Archäologe. Mithilfe des Literaturverzeichnisses, in dem Daten von früheren Funden gesammelt werden, sei es ihnen gelungen, die Gegenstände zu datieren.

Mittlerweile wurden fünf Schwerter gefunden: vier Saxe (Kurzschwerter) und eine Spatha (Hiebschwert, das zweiseitig schneidet). &bdquo;Man sagt ja immer, dass wir die Krone der Schöpfung wären. Die Menschen damals hatten auch ganz schön was auf dem Kasten“, betont der Archäologe. Denn diese Schmiedekunst von Schwertern mit einer dreischichtigen Eisenwindung gebe es heute nicht mehr. &bdquo;Sie werden mit verschiedenen Eisenbahnen ineinander verdreht.“

Die Spatha sei eine Besonderheit aus Westfalen-Lippe, die oft verwendet wurde. &bdquo;Das kann man sich wie einen DNA-Strang vorstellen“, sagt Elke Treude. Die Saxe sind Schwerter, die einseitig schneiden und ebenfalls einhändig geführt werden. In der Ausstellung im Lippischen Landesmuseum werden sowohl die Spatha, als auch die Saxe zusehen sein.

Perlen deuten auf Handelsnetz

Des Weiteren wurden bereits 543 Perlen ausgegraben. Bei der Herstellung mit der &bdquo;Millefioritechnik“ &bdquo;wurden verschiedene Glasstäbe zu einem Glasstab geschmolzen. Der wurde dann lang gezogen, sodass die Muster immer dünner wurden“, erklärt Müller. Diesen Glasstab habe man dann in viele Stücke geteilt, sodass die Perlen rauskamen. Die Perlen deuteten darauf hin, dass es Handelsnetze zu Dänemark gegeben haben könnte. Diese seien dort sehr verbreitet gewesen.

Die Ausstellung der Artefakte soll voraussichtlich noch in diesem Jahr im Lippischen Landesmuseum erfolgen. Bis dahin werden weitere wissenschaftliche Auswertungen vorgenommen.

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