In diesem imposanten Denkmal in der Detmolder Innenstadt steckt die Liebe im Detail

Detmold. Das ein oder andere mal hat Stephan Meise (51) gezweifelt. Die ein oder andere schlaflose Nacht hinter sich gebracht. Viel Zeit, Geld und Nerven hat ihn die Sanierung des Gebäudes von 1894 an der Langen Straße 2 gekostet – aufgrund seiner Höhe und des Erbauernamens ist es auch als &bdquo;Hoher Priester“ bekannt. Aber wenn Meise heute vor der Fassade steht, den Blick über die vielen filigranen Elemente und verspielten Details schweifen lässt, bereut er nichts. Seit 2018 steht das Haus unter Denkmalschutz. Die LZ durfte einen Blick hinein werfen.

Seit das Hornsche Tor abgerissen ist, fällt der Blick schon von Weitem auf das imposante Haus am Hornschen Tor, in dem im Erdgeschoss &bdquo;Brillen Linse“ sitzt. Und auch die Mieter im Obergeschoss haben durch den Abriss gewonnen: &bdquo;Es ist viel heller geworden“, sagt Meise und blickt aus einem der unzähligen Fenster. Fünf Etagen, drei Wohnungen, ein Ladenlokal – insgesamt stehen gut 350 Quadratmeter Wohn- und Nutzfläche zur Verfügung. Das war allerdings nicht immer so.

Emotionale Entscheidung für das Projekt Meise erinnert sich noch gut an seinen ersten Besuch, eher zufällig war er vom Makler angesprochen worden, man kannte sich. Der vorherige Eigentümer war verstorben, hatte hier nach dem Tod seiner Mutter jahrzehntelang als Junggeselle allein zwischen Staub, Büchern und Müll gehaust.

Meise ist gelernter Ingenieur, hat schon einige Immobilien auf Vordermann gebracht, kennt sich aus. Bei diesem vernachlässigten Objekt ist ihm allerdings schnell klar: Der Zustand ist schlecht, wirtschaftlich wird sich das nicht lohnen. &bdquo;Aber ich fand es beeindruckend, es ist ein wunderschönes Gebäude.“ Die Entscheidung dafür? Fällt eher aus emotionalen als aus rationalen Gründen.

Das enge Treppenhaus hinauf geht es ins dritte Obergeschoss, Marita Zurheide hat die Räume hier als Showroom angemietet und eingerichtet – sie führt das Möbelgeschäft &bdquo;RaumAusbeute“ in der Krummen Straße. In der Wohnung kann man ihre Möbel anschauen, auch probeweise darin wohnen. Bei der Einrichtung dominiert Holz in allen Variationen, dazu warme Grüntöne, Tapete mit Waldmotiven, moderne Elemente.

2018 beginnt die aufwendige Kernsanierung, am Ende wird Stephan Meise einen höheren sechsstelligen Betrag dafür in die Hand nehmen. Bis Ende 2020 wird von der Fassade über Elektrik, Dach, Dämmung, Fenster, Sanitär und Co. alles auf Vordermann gebracht. Mit dem Detmolder Architekt Oliver Stövesand holt er sich einen Denkmalexperten ins Boot. &bdquo;Unser Ziel war es, so viel wie möglich der alten Substanz zu erhalten.“

Zuschnitt des Gebäudes ist größte Herausforderung Besondere Herausforderung war dabei die Aufteilung der Wohnungen in dem extrem langen und schmalen Komplex – Räume mussten getauscht, Grundrisse zeitgemäß angepasst werden, damit jede für sich abgeschlossen ist. Erhalten worden sind die Treppen und Holzdielen, Türen und Zargen, die teilweise ein wenig schief sitzen, sind aufgearbeitet worden. &bdquo;Das macht gerade den Charme aus“, sagt Meise.

Dieser Charme ist es auch, der Marita Zurheide direkt begeistert hat. &bdquo;Den findet man in keinem Neubau“, sagt sie. &bdquo;Hier steckt so viel Herzblut drin.“ Auch die Wohnung eine Etage höher, direkt unterm Dach, hat Zurheide angemietet und liebevoll eingerichtet – momentan ist sie übergangsweise vermietet.

Ursprünglich waren hier wohl mal die Kammern für die Bediensteten, vermutet Stephan Meise und zeigt alte Fotos. Der Boden krumm und schief, kaum Fenster, Brandschutz Fehlanzeige. Es gab einige Herausforderungen – am Ende ist unter den Dachschrägen eine loftartige Wohnung mit offenem Wohn-Essbereich entstanden. Dicke Holzbalken teilen den Raum, durch winzige Dreiecksfenster in der Küche fällt der Blick bis zum Marktplatz, Lichtkuppeln bringen Helligkeit. Besonderes Highlight für Marita Zurheide: Eine gemütliche Sitznische mit Blick über den Wallgraben.

&bdquo;Ein schöner Meise-Bau“ 1894 galt das Haus neben den Kirchen als höchstes in Detmold, erzählt Meise. Für den dreifachen Familienvater war es die größte Altbau-Maßnahme, die er jemals angegangen ist. Allein die Sanierung der Fassade habe viel Zeit gefressen, ganze Elemente seien originalgetreu nachgegossen, jede einzelne Fuge erneuert worden.

Immer wieder sei es in der Bauphase auch zu Verzögerungen gekommen. Der Handwerkermangel, die steigenden Baupreise – all das habe ihn Nerven gekostet. Ab und an habe er sich schon gefragt, was er sich da aufgehalst habe. Umso mehr freue er sich heute, wenn er durch die Stadt gehe...

So geht es im Übrigen auch Frank Linse: Der kennt das Gebäude quasi wie seine Westentasche, sein Vater ist mit dem Augenoptikerladen hier 1948 eingezogen. &bdquo;Ich bin hier quasi aufgewachsen“, sagt Linse, zückt spontan noch ein paar alte Akten und zeigt auf die imposanten Stützpfeiler mitten im Raum seines Geschäfts. Die Renovierung habe dem Haus so viel gegeben. &bdquo;Ich freue mich jedes Mal, wenn ich von Horn-Bad Meinberg aus in die Stadt reinfahre“, sagt er. &bdquo;Das Haus hat so eine tolle Wirkung. Ein richtig schöner Meise-Bau.“

Ein Denkmal zu sanieren, braucht Mut. Einige Lipper haben es gewagt - die LZ durfte sie besuchen. Alle Geschichten aus unserer Reihe &bdquo;Leben im Denkmal“ lesen Sie hier .

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