Kramp-Brüder zeigen: So sieht der neue Hansehof in Lemgo kurz vor Fertigstellung aus

Lemgo. Wer beobachtet, wie gespannt Anwohner, Geschäftsleute aus der Umgebung und Passanten auf die fast fertigen Gebäude reagieren, bekommt eine Ahnung davon, was am kommenden Sonntag, 14. September, zum &bdquo;Tag des offenen Denkmals" (12 bis 17 Uhr) am Hansehof in der Breiten Straße los sein dürfte: &bdquo;Das Interesse an diesem Sanierungsprojekt ist schon groß", sagt Restaurator im Tischlerhandwerk Guido Kramp, schaut an der Jugendstil-Fassade der Nummer 41 bis zu den beiden Turmspitzen hinauf, und lächelt. &bdquo;Und die Rückmeldungen sind sehr positiv." Freude und Stolz erfüllten ihn und seinen Bruder Andreas Kramp jetzt.

Federführend haben die beiden mit dem Liemer Unternehmen Kramp & Kramp rund 3,5 Millionen Euro - davon 485.000 Euro Fördermittel - in die Hand genommen, um das Ensemble aus zwei Gebäuden (Gesamtfläche 1160 Quadratmeter) liebevoll zu sanieren . Besser gesagt: zu restaurieren, denn gearbeitet wurde, wo immer möglich, mit althergebrachten Materialien und Techniken. So setzen die Kramps etwa auf Leinöl und authentische Lehmputze .

Den ersten Stundenzettel schrieben die Brüder am 13. Februar 2023. Und noch wird auf allen Stockwerken gewerkelt. Am Sonntag kann der fast fertige Zustand in Augenschein genommen werden. Bezogen werden können die 14 Wohneinheiten sowie die Gewerbeeinheit in der Nummer 41 dann zum 1. Dezember. Die Brüder würden hier gern ein Café oder Eiscafé sehen. &bdquo;Kleingastronomie, eher etwas Ruhiges", so der Tenor. Aktuell laufen erste Gespräche.

Komplexer Rückbau &bdquo;Qualität vor Schnelligkeit" habe das Motto für das Mammutprojekt gelautet, bei dem viele der Bausünden aus den 1970er-Jahren rückgängig gemacht werden mussten, um zur Originalsubstanz vorzudringen. &bdquo;Da wurde innen viel zerstört und es gab ein paar Einbauten, deren Rückbau schwierig war, gerade in statischer Hinsicht", so Andreas Kramp. Die Rede ist zum Beispiel von Stahlbeton und Stahlträgern. In einer Wohnung sind diese auch im Endergebnis noch sichtbar. So wie jede einzelne Einheit individuell und einzigartig ist.

Überraschende Entdeckungen &bdquo;Bei einem solch alten Schätzchen erwarten einen ständig Überraschungen", sagt Andreas Kramp, Baumeister und Restaurator im Maurerhandwerk. Gerade der Brandschutz habe sie immer wieder vor Herausforderungen gestellt. &bdquo;Das war sehr intensiv." Wenn er von der Leitungsdurchführung bei den Holzbalkendecken spricht, von den speziellen Schwalbenschwanzstahlblechen, Brandschutzmanschetten und der Verpflichtung, Dachfenster keinesfalls zu dicht an das Nachbargebäude heranzubauen - siehe Bildergalerie - bekommt auch der Laie eine Ahnung davon, wie viel Nervenkraft und Kreativität für die Sanierung eines solchen Denkmals notwendig sind.

&bdquo;Man erkennt’s nicht wieder", freut sich Guido Kramp beim Eintreten in die zukünftige Gewerbeeinheit hinter den großen Schaufenstern. &bdquo;Es ist enorm, was sich getan hat, wenn man ein paar Monate oder Jahre zurückschaut." Der gesamte untere Bereich der Nummer 41, auch als &bdquo;Potthoffs Scheune" bekannt, wurde nach Bildern aus den 1930er-Jahren rekonstruiert, erklärt Kramp. So wurde auch die imposante hölzerne Eingangstür extra angefertigt. &bdquo;Vor der bleiben sie alle stehen", freut sich der Tischlermeister. Es ist diese Liebe zum Detail, die ihre Zeit gebraucht habe.

Ein weiteres Beispiel sind die beiden Erkertürmchen: &bdquo;Die Spitzen mit den Kugeln obendrauf haben wir nach alten Vorlagen anfertigen lassen", so Andreas Kramp. Ebenso intensiv kümmerten sie sich um die historischen Fenster, bei denen für einen modernen Schall- und Wärmeschutz innen Vorfenster mit Isolierglas zum Einsatz kommen. Im Fachwerkhaus musste eines davon als Rettungsweg taugen, die beiden Flügel sollten sich also komplett öffnen lassen. Was man von unten nicht erkennt: Der mittlere Balken schwenkt jetzt einfach mit auf - fertig ist das Rettungsfenster. &bdquo;Wir sind da, was solche Ideen betrifft, schon ein bisschen wahnsinnig", gibt Guido Kramp gerne zu.

Für Individualisten Was die 14 Wohnungen angeht, ergibt sich von der knapp 40 Quadratmeter großen &bdquo;Singlewohnung" bis hin zu großzügigen 120 Quadratmetern mit Galerie ein spannender Mix an Schnitten und Besonderheiten. Die Einheiten im Fachwerkhaus sind insgesamt kleiner, die im Haus 41 größer. Im Fachwerkhaus liegen bald geölte Eichendielen, im rechten Gebäude wird es ein Vinylbelag. &bdquo;Es ist keine Wohnung wie die andere", sagt Guido Kramp. Worauf Mieter sich einstellen müssen: Die Bäder haben kein Tageslicht und es gibt häufig relativ große Abstellräume ohne Fenster. Dafür könnten die Bewohner ein eigenes &bdquo;Aussichtstürmchen" ihr eigen nennen - und großartige Ausblicke auf die Marienkirche oder bis über St. Nicolai genießen.

Das Wohnen im Denkmal sei ohne Frage etwas für Individualisten mit Ideen. &bdquo;Das muss man lieben und leben", so der Experte, der selbst sehr ländlich wohnt. Für den Hansehof wünschen sich die Eigentümer eine bunte Mietermischung aus Jüngeren und Älteren, Alleinstehenden, Paaren und Familien.

Anker für mehr Attraktivität Acht Einheiten haben nach hinten hinaus auf der Westseite entweder eine Terrasse oder einen Balkon. Bis auf eine Wohnung, bei der aufgrund der Gegebenheiten drei Stufen notwendig waren, sind alle barrierefrei zu erreichen. Das war für die Kramps von vornherein gesetzt. Auf der Rückseite der Häuser bauten sie dafür ein Gebäude für Aufzug und Treppenhaus.

Der Fahrstuhl fährt dabei insgesamt sieben Ebenen an - allein mit den unterschiedlichen Höhen der Gebäude zu arbeiten und diese an das Treppenhaus anzubinden, sei eine Herausforderung gewesen. &bdquo;Man kann hier sehr leicht die Orientierung verlieren", räumt Guido Kramp während des Rundgangs lachend ein. Anfangs habe selbst er sich nur anhand von eigens aufgehängten Zetteln mit den Nummern der Wohnungen zurechtfinden können.

Aktuell stehen für die Hansehof-Mieter nur sieben Parkplätze zur Verfügung, weitere Stellplatzmöglichkeiten könnten sich beim Bau der Tiefgarage des dahinter liegenden Neubauprojekts zwischen Mohlen- und Stiftstraße ergeben. Insgesamt sehen die Brüder in der Breiten Straße, trotz nach wie vor mehrerer &bdquo;Baustellen", eine gute Entwicklung hin zu mehr Attraktivität. Dass &bdquo;ihr" Hansehof hierfür als Ankerprojekt Impulse setzen kann, scheint sicher - und markiert möglicherweise auch nicht das Ende des Kramp’schen Engagements in dieser Umgebung. &bdquo;Ich habe mich auf alle Fälle schon gefragt, was ich jetzt mit der freien Zeit anfangen soll - und was wir als Nächstes tun", sagt Andreas Kramp mit einem Augenzwinkern.

Zur Geschichte der Häuser 1978 und ’79 wurden die denkmalgeschützten Gebäude Breite Straße Nr. 39 + 41 in die Einkaufspassage &bdquo;Hanse-Center" umgebaut: An die Rückseite der Denkmäler wurde ein Flachdachbau mit Parkplatz errichtet. 20 Jahre später wurde die Passage wieder geschlossen und beide Häuser standen trotz der attraktiven Lage viele Jahre leer. Zur Nummer 39: Die ursprüngliche Funktion des Ende des 18. Jahrhunderts erbauten dreigeschossigen Fachwerk-Giebelhauses mit Speichergeschoss ist nicht genau bekannt. Vermutlich wurde es als Kaufmannshaus genutzt beziehungsweise ist als solches umgenutzt worden. Das Erdgeschoss wurde Ende des 19. Jahrhunderts zu einem Ladengeschäft mit großen Schaufenstern umgebaut, gleichzeitig wurde die Fassade, wie bei dem Nachbarhaus Nr. 37, mit Zinkplatten verkleidet. Zur Nummer 41: Das 1817 errichtete Gebäude (der Kernbau soll von 1507 stammen) war ursprünglich ein Scheunenhaus. Das Untergeschoss mit Mitteldeele hatte eine Höhe von knapp sechs Metern. Zu dieser Zeit war es im Besitz des Lederfabrikanten Carl Potthoff, daher ist das Gebäude auch als Potthoffs Scheune bekannt. 1912 wurde das Haus von Wilhelm Hempelmann erworben und umgebaut. Die Fachwerkfassade wurde durch eine massive Front mit Dekorationselementen des Jugendstils ersetzt. Das Erdgeschoss wurde mit hohen Schaufenstern versehen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die angeputzte Fassadendekoration wieder beseitigt.

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