Experte versichert: Ampeln in Detmold nicht Schuld an langen Staus

Detmold. Jochen Detering kennt sich mit Ampeln aus. Als Verantwortlicher für Verkehrslenkung bei der Stadt Detmold hat er die insgesamt 96 Lichtsignalanlagen im Stadtgebiet tagtäglich über seinen Verkehrsrechner im Blick. Und er weiß um die Probleme, kennt die Kritik der Autofahrer. Jüngst brachten sie auch LZ-Leser zum Ausdruck, im Rahmen einer Umfrage zur Verkehrssituation in der Stadt . &bdquo;Unnötige Stopps“, &bdquo;kein flüssiges Fahren“ waren die am häufigsten genannten Kritikpunkte. Gibt es in Detmold denn niemals eine Grüne Welle, Herr Detering?

Der Experte stellt klar: &bdquo;Die Grüne Welle wird von den Leuten überschätzt.“ In New York, wo die Stadt in einer Schachbrettstruktur angelegt ist, sei sie für den Autofahrer deutlich spürbar. In Detmold seien jedoch viele Knotenpunkte, also Kreuzungen und Einmündungen mit Ampelanlagen gerade einmal 80 Meter voneinander entfernt. Andere wiederum lägen deutlich weiter auseinander. &bdquo;Die großen Unterschiede machen es schwierig.“ Und selbst wenn alles passe, ließe sich die Grüne Welle nur in eine Richtung schalten. Irgendjemand hat an den Kreuzungen also immer Rot.

Studien zur Grünen Welle Versucht wurde es mit der Grünen Welle in Detmold schon häufiger. Detering bekam während seiner Zeit bei der Stadtverwaltung schon so manchen Plan auf den Tisch. So habe es schon vor 20 Jahren die Idee gegeben, den Verkehr über die Lemgoer Straße, die Paulinenstraße und die Hornsche Straße flüssiger und mit mehr Grünphasen zu gestalten. &bdquo;Ein Ingenieurbüro aus Hannover sagte uns schon damals, das könne man nicht regeln.“ 2020 legte das Gutachterbüro SHP Ingenieure eine Studie zum Verkehr auf dem Innenstadtring vor, es stand eine Einbahnstraßen-Regelung im Raum. &bdquo;Die Idee haben wir leider nie zu Ende überprüfen dürfen, denn eine Umsetzung hätte viel Geld gekostet, was wir als Stadt zurzeit nicht haben und uns auch niemand gegeben hätte“, bedauert Detering heute. Er hält die Kritik an der Verkehrsführung auf dem Innenstadtring für berechtigt. &bdquo;An der Schaltung der Ampeln liegen die Schwierigkeiten aber nicht.“

Detering und die Stadt sind an vielerlei Regeln gebunden, großen Handlungsspielraum gibt es nicht. Allem voran gelten die von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) herausgegebenen Richtlinien für Lichtsignalanlagen (RiLSA). Laut Detering sind vor allem die große Zahl an Fahrzeugen und der vergleichsweise geringe Platz auf den Straßen der Grund für die Staus im Innenstadtbereich, gerade zu den Stoßzeiten. Auch das geht aus einem Gutachten der FGSV hervor. Die Gesellschaft stuft Kreuzungen in deutschen Städten regelmäßig in die Kategorien A bis F ein, wobei ein A für Top-Voraussetzungen für Fußgänger, Autofahrer & Co. steht und ein F für vergleichsweise miserable Verhältnisse. &bdquo;All unsere Knotenpunkte im Inneren Ring liegen zwischen A und D. Nur der Kreuzungsbereich Paulinenstraße/Hornsche Straße/Neustadt ist zurzeit mit Stufe E bewertet“, sagt Detering. &bdquo;Wenn wir für diese Stelle Stufe A anstreben wollten, müssten wir allein die Straße Neustadt in beide Fahrtrichtungen jeweils dreispurig bauen.“

Wartezeit bei höchstens 80 Sekunden Auch hier lohnt ein Blick in die Vergangenheit. Bereits in den 1980er Jahren sollte das Platzproblem auf Detmolds Straßen mit einer Südumgehung angegangen werden. Etliche Gebäude sollten weichen, einige wurden auch tatsächlich abgerissen. Politik und Stadtgesellschaft stemmten sich letztlich gegen das Vorhaben. Immerhin soll nun an der Neustadt für den Busverkehr mit einer zusätzlichen Sonderspur Abhilfe geschaffen werden.

&bdquo;Wegen der Entwicklung auf den Straßen kann ich mit den Ampeln schalten, wie ich will. Es wird sich nichts ändern“, betont Detering. Schon jetzt sei so gut wie jede Ampel in Detmold verkehrsabhängig geschaltet. Induktionsstreifen auf der Fahrbahn erkennen automatisch, ob es kreuzenden Verkehr gibt und ob Rotphasen nötig sind. Bei der Dauer der Rotphasen habe die Stadt auch runtergeschraubt. Die Wartezeit beträgt an allen Anlagen höchstens 80 Sekunden. &bdquo;Früher waren es auch mal 100 Sekunden, da haben die Fußgänger lange warten müssen. Viele sind dann bei Rot über die Straße gelaufen.“

Ampeln einfach zu entfernen, um den Verkehrsfluss zu erhöhen, gehe auch nicht. Dann kämen zu viele Autos aus den kreuzenden Fahrtrichtungen unkoordiniert auf die Hauptadern. Wie das aussehen würde, ist laut Detering schon jetzt oft bei Linksabbiegern zu erkennen, die trotz Stau noch auf eine verdichtete Kreuzung vorfahren. Sind womöglich Kreisverkehre eine Altenative zur Ampel? &bdquo;Für Landstraßen mit wenig Verkehr sind sie perfekt geeignet“, sagt Detering. In der Stadt zur Stau-Bekämpfung allerdings ähnlich wirkungslos wie die beste Ampelschaltung.

Experte versichert: Ampeln in Detmold nicht Schuld an langen Staus

So funktioniert die „Grüne Welle“ für die Retter in Detmold

Verkehrskollaps vermeiden: So geht es auf der Hornschen Straße in Detmold weiter

Nach Bürgerbeteiligung: So geht es mit Bruchberg, Fußgängerzone und Co. in Detmold weiter

Autofahrer in Detmold können Baustelle jetzt auch über Denkmalstraße abkürzen

Für Radler geht`s in Lemgo bald diagonal über die Kreuzung

Unfall-Hotspots in Detmold: An diesen Stellen kracht es besonders häufig

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus

0,99 € im ersten Monat

Angebot: Jahresabo nur 99 €