Detmold. Fast hätte der „Freilicht-Slam“, der seit 2016 jedes Jahr im malerischen Ambiente des Freilichtmuseums stattfindet, aufgrund des Regens ausfallen müssen. Doch das ließen die Organisatoren um Moderator Marc-Oliver Schuster alias „Katze“ nicht zu. So versammelten sich rund 80 Gäste mit ihrem mitgebrachten Picknick nicht wie gewohnt auf der Wiese, sondern unter einer überdachten Terrasse an Biertischen und lauschten gebannt den sieben Poetry-Slammern, die mit ihren selbstverfassten Kurztexten die Herzen des Publikums eroberten. Mit Applaus und Stimmkarten bestimmten die Gäste, wer ins Finale kommen sollte. Jeder Kandidat brachte seine ganz eigene Note und Energie auf die Bühne. Unter der charmanten Moderation von Marc-Oliver Schuster alias „Katze“, der mit Witz durch den Abend führte, traten sie an. Lockdown-Lifestyle Den Auftakt machte Andreas Emil Hermwille aus Paderborn, der mit einem Text über die Zeit der Pandemie bestach. Dabei karikierte er den kuriosen Weg zurück zum Lockdown-Lifestyle mit einem Drei-Punkte-Plan, der die Wohnung mit viel Klopapier, das Körpergefühl mit Übergewicht und den Gemütszustand der Isolation betraf. In melancholischer Selbstbetrachtung machte sich Rieta Kobusch aus Borgholzhausen gefühlvoll auf die Suche nach dem verlorenen lyrischen „Du“. „Seit du fort bist, fühle ich mich, als würde ich ertrinken.“ Mit einer intellektuellen „Selbstreflexion im Spiegelkabinett“ begab sich Sonja Husemann aus Geisenheim auf die Suche nach sich selbst. „Der Spiegel zeigt mir, wie ich auf mich blicke. Ich entwerfe mich mit jedem Blick neu.“ Sie kam in die Finalrunde und errang mit Gedichten über die vier Jahreszeiten den zweiten Platz, den sie sich mit Niko Sioulis teilte. „Ich komme vom Dorf“ Kristin Kieltsch aus Paderborn begeisterte mit ihrer sympathischen und authentischen Art. Ihre originelle Selbstbeschreibung „Ich bin klein und komme vom Dorf“ brachte sie voller Witz mit einem charmanten Lächeln vor, das schnell alle Herzen eroberte. „Ich bin klein und energiesparend, eine hausgemachte Effizienz – gleiche Leistung bei halber Größe.“ Mit jeder Zeile zog sie das Publikum mehr in den Bann und zauberte den Gästen ein Lächeln ins Gesicht. So verwundert es nicht, dass sie am Ende den ersten Preis erhielt. Sam Sackbrook aus Paderborn punktete mit einem fröhlichen Text über Toleranz und begründete, warum sie bei Tinder keine Nazis datet. Andere Meinungen könne man tolerieren, Faschismus sei jedoch keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Selbstironische Werbung in eigener Sache machte der jobsuchende Alex Paul aus Paderborn in seiner „Initiativbewerbung“: „Bereits in der Grundschule zeigte ich Durchsetzungsvermögen, indem ich den Kopf eines Mitschülers so lange gegen die Wand gehauen habe, bis dieser meine Meinung teilte, dass Vanillemilch besser schmecke als Erdbeermilch. Ich wäre also ein guter Chef.“ „Kreislauf des Lebens“ Auswendig und gestisch ausdrucksstark trug Niko Sioulis aus Bielefeld seine Gedanken vor, die den „Kreislauf des Lebens“ im Reimschema thematisierten. Im Finale begeisterte er mit dem Vortrag „Dies ist ein Überfall“. Das Publikum, das aktiv in die Entscheidung über die Sieger eingebunden war, bewies ein gutes Gespür für die Qualität der Texte, die die Schönheit der Poesie und die Originalität der unterschiedlichen Slammer zeigten. Hinweis: Am 19. September um 20 Uhr findet die 200. Ausgabe von Poetry Slam im Kaiserkeller Detmold statt.