Lebensrettende Lektion: Detmolder Schüler üben Erste Hilfe für den Ernstfall

Detmold. Eine Schülerin der elften Klasse des Gymnasiums Leopoldinum will eigentlich nur ihr Handy holen, als sie zurück in den Klassenraum geht. Doch vor sich findet sie eine Person, die hilflos auf dem Boden liegt. Ohne zu zögern, eilt die Schülerin ihr zur Hilfe. &bdquo;Hallo, können Sie mich hören? Hilfe, sie atmet nicht mehr“, schreit die Elftklässlerin. Kurz darauf kommen ihre Klassenkameraden in den Raum.

Was wie ein Ernstfall wirkt, ist Teil eines besonderen Trainings: Mit dem Pilotprojekt &bdquo;Rotary reanimiert – Schüler werden Lebensretter“ lernen die Jugendlichen am Gymnasium Leopoldinum von Sanitätern, wie sie im Notfall Leben retten können. Die vermeintlich hilflose Person ist in Wahrheit eine Reanimationspuppe. &bdquo;Wird dadurch nur ein Leben gerettet, haben wir in das richtige Projekt investiert“, sagt Guido Pilgramm, Mitglied des Rotary Clubs Detmold.

Darf nicht ineffektiv werden Sobald die Mitschüler auftauchen, ruft einer den Notruf und beantwortet eine Reihe von Fragen. &bdquo;Nein, der Patient atmet nicht mehr. Es wird schon erste Hilfe geleistet“, erklärt der Schüler dem Notdienst. Einer von ihnen verlässt den Raum und simuliert, dem Rettungsdienst den Weg zum Patienten zu zeigen.

Im Klassenraum ist es jetzt ganz ruhig. Konzentriert führen die übrigen Schüler der Fünfergruppe die Herz-Lungen-Wiederbelebung durch. Bei jedem Druck gibt die Puppe einen klackenden Laut von sich. Nach spätestens zwei Minuten sollten sich die Schüler abwechseln, sonst wird es aufgrund von Kräftemangel zu ineffektiv. &bdquo;Du übernimmst. In fünf, vier, drei, zwei, eins“, zählt der Schüler, der die Reanimation gerade durchführt, seiner Mitschülerin den Wechsel vor.

&bdquo;Es ist wichtig, dass man eine gewisse Zeit drückt, bis das Herz durchblutet wird. Wenn man unterbricht, muss man von vorne anfangen“, erklärt Daniel Fischer, ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes. Die Druckmassage sei zudem ein gutes Teamtraining.

Permanenter Stress Eine Schülerin, die hinter dem Kopf der Puppe kniet, nimmt ein Beatmungstuch zur Hand. Sie legt es auf Mund und Nase der Puppe und beugt sich über ihren Patienten, um zu beatmen. Dabei hält sie die Nase der Puppe zu - sonst entweicht die Luft schließlich direkt wieder. Als die Sanitäterinnen plötzlich zu klatschen beginnen, hebt eine Schülerin, die gerade noch in die Reanimation vertieft war, überrascht den Kopf.

&bdquo;Wie lief es“, fragt Jenny Bolze von den Sanitätern die Gruppe. &bdquo;Man steht permanent unter Stress und muss versuchen, die nächsten Schritte zu koordinieren“, findet ein Schüler. Es sei sehr viel in sehr kurzer Zeit passiert. &bdquo;Das war schon eine Stresssituation, die Person zu finden“, sagt eine Elftklässlerin. Hätte es sich um eine echte Person gehandelt, wäre es natürlich noch emotionaler gewesen.

&bdquo;Es ist wichtig, dass auch die ganz jungen Schüler Sicherheit bei der Ersten Hilfe bekommen“, findet Heidi Rudolf, Lehrerin am Leopoldinum. Schließlich könnten auch zu Hause Rettungsmaßnahmen bedeutend werden.

Schockmoment Die dritte Fünfergruppe steht vor einer neuen Herausforderung. Während sie vor der Tür des Klassenraums warten, legt sich einer der Sanitäter zwischen die anderen Schüler auf den Boden und simuliert einen Patienten. Nichts ahnend betritt eine Schülerin den Raum und geht zu ihrem Platz. Als sie sich zur Seite dreht, ist der Schock ihr ins Gesicht geschrieben. &bdquo;Huch, was? Äh, ich brauche Hilfe“, ruft sie verwirrt ihren Mitschülern zu, als sie den Sanitäter auf dem Boden entdeckt.

&bdquo;Ich habe mich voll erschrocken, weil ich dachte, da liegt wieder eine Puppe“, sagt die Schülerin nach der Übung. &bdquo;Es war schon schwierig, die Person alleine auf den Rücken zu drehen.“ Doch der Sanitäter, der anonym bleiben möchte, bestätigt: &bdquo;Sie hat instinktiv das Richtige getan. Ich fühlte mich gut aufgehoben.“

Gewappnet für den Ernstfall &bdquo;Ich bin überzeugt, dass dieses Projekt einen nachhaltigen Einfluss auf unsere Schüler haben wird – und hoffe, dass es in Zukunft noch viele weitere Schulen erreichen wird“, sagt Dr. Alexandra Nolte, Schulleiterin des Gymnasiums. Mit dem Training möchten die Schule und der Rotary Club in Kooperation mit der Gesundheitsstiftung den Schülern wichtige Kompetenzen für den Ernstfall mitgeben.

Zum Abschluss der Übung sind alle Schüler wieder im Klassenraum versammelt. Eine Elftklässlerin hebt lächelnd die Hand: &bdquo;Ich fand das Projekt sehr gut. Ich habe noch nie einen Rettungskurs gemacht.“ Sie habe innerhalb der Familie schon oft den Rettungsdienst im Haus gehabt und wisse jetzt, wie sie sich in einem erneuten Ernstfall verhalten müsse. Jenny Bolze von den Sanitätern nickt zufrieden: &bdquo;Ihr habt das alle sehr gut gemacht, jede einzelne Gruppe.“ Der Raum füllt sich mit Applaus.

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