Musikalische Kontraste am Palaisgarten im weihnachtlichen Detmold

Detmold. Unter den zahlreichen vorweihnachtlichen Konzerten, die jetzt überall zu hören waren, hat das der Detmolder Musikhochschule zweifellos eine herausragende Stellung eingenommen. Kein Wunder: Die Hochschule kann aus dem Vollen schöpfen. Und zwar, was stilistische Vielfalt und musikalische Epochen angeht ebenso wie – das vor allem – höchste Leistung. Kein Wunder also, dass das festliche Weihnachtskonzert am Palaisgarten am Freitag vor dem 4. Adventssonntag ausverkauft war.

Ein höchst disziplinierter Kammerchor unter der Leitung von Anne Kohler präsentierte eingangs frühbarocke A-cappella-Sätze. Das jubelnde &bdquo;Psallite“ in raschem Tempo, markant akzentuiert der Choral &bdquo;Mit Ernst, o Menschenkinder“ von Hans Leo Hassler und von Heinrich Schütz &bdquo;Ein Kind ist uns geboren“. Bestens verständlich, auch piano in höchster Höhe vollkommen sicher, in lupenreiner Intonation. Kraftvolle junge Stimmen, die sich zu einem prächtigen Chorklang vereinigten – Meister Schütz hätte seine Freude daran gehabt.

Das Ensemble Alte Musik, am Cembalo temperamentvoll geleitet von Flóra Fábri, musizierte das als Weihnachtskonzert bekannte Concerto grosso g-Moll von Arcangelo Corelli. Wie schwingend und beschwingt Barockmusik klingen kann! Mittendrin als kleines Kontrast-Intermezzo: Mozarts Arie &bdquo;Quaere superna“. Hwanhee Lee konnte hier ihren starken Koloratursopran voll und ganz zur Geltung bringen.

Inniges Gebet Aus Händels &bdquo;Messias“ sang der Tenor Martín Aurra Bastías &bdquo;Comfort me“ als inniges Gebet. &bdquo;Tröstet, tröstet mein Volk“ – die Botschaft des Propheten Jesaja, dass Gott sein Volk nicht im Stich lässt, ist für Christen die revolutionäre Weihnachtsbotschaft, die das Unterste zuoberst kehrt: &bdquo;Every Valley Shall Be Exalted“, alle Täler sollen erhöht und alle Berge sollen erniedrigt werden Aurra Bastías gestaltete diesen alten Text einfühlsam und zugleich mitreißend, so dass man als Zuhörer spürte: Hier erzählt einer etwas Bemerkenswertes. Das Ensemble ergänzte die Trompeterin Marta Ruiz Moreno, die das schwer zu spielende Barockinstrument meisterte.

Großer Kontrast: Den zweiten Teil prägten Musik der Romantik und &bdquo;hfmBRASS“ mit fünf Trompeten, zwei Hörnern, vier Posaunen, zwei Tuben und Schlagzeug, immer in blitzsauberer Intonation. Norbert Stertz, Professor für Horn, der auch die künstlerische Gesamtleitung des Abends hatte, dirigierte schwungvoll und zugleich einfühlsam, zum Beispiel ein Weihnachtslied-Medley des jungen ungarischen Komponisten und Arrangeurs Adám Dávid Gál. Schmelzende Bläserklänge brachte der berühmte &bdquo;Abendsegen“ aus Engelbert Humperdicks Oper &bdquo;Hänsel und Gretel“ in einem ungewöhnlichen Arrangement für Blech.

Viktoriia Shipunova, Sopran, und der Bariton Mark Grishin, am Flügel begleitet von Philipp Solle, berührten mit Heinrich von Herzogenbergs Version von &bdquo;Joseph, lieber Joseph mein“ und, nur für Bariton, &bdquo;Still ist die Nacht“ von Carl Bohm. Sie berührten, weil sie diese schlichte Musik genau so interpretierten: eben schlicht, nicht süßlich, ohne eine Spur von Kitsch.

Fast greifbare Melodie Der Kammerchor zeigte, dass er auch Mendelssohn und Reger beherrscht, besonders mit den subtil schwebenden Klängen und grandiosen Spannungsbögen der Regerschen Choralsätze. &bdquo;Es kommt ein Schiff, geladen“ – die Schaukelbewegung im Sechsvierteltakt dieser alten Melodie wurde fast greifbar.

Ein Song aus einem Musical-Film, &bdquo;Have Yourself A Merry Little Christmas“ von Hugh Martin und Ralph Blane, für Bläser arrangiert von Dan Rager, zeigte mit zwei Trompeten, Horn, Posaune und Tuba unter dem Namen &bdquo;Fusion Brass“ eine Bläser-Spitzengruppe.

Reizvoll auch die Kombination von Vokalsolisten und Blechbläsern, etwa in &bdquo;Panis angelicus“ von César Franck, hier mit Paul Maria Schnieber an der Harfe. Oder in den von Martin Wiese arrangierten Traditionals, wo die Soprane Yijae Kim, Hwanhee Lee, der Tenor Junha Park und der Bass Jongdoo Back glänzten.

Gegen Ende des Konzerts wurde bei steigender Stimmung deutlich, dass sich in der Musik die Grenze zwischen &bdquo;Unterhaltung“ und &bdquo;Ernst“ nicht immer scharf ziehen lässt. &bdquo;hfmBRASS“ lief zu Höchstform auf. Gleich ob &bdquo;U“ oder &bdquo;E“ - worauf es ankommt, ist Qualität. Und die wird in der Musikhochschule hörbar gepflegt.

Großes Finale: die Christmas Suite von Martin Wiese – für Blechbläser, Chor und Orgel. Dort zog Julian Weller alle Register. Das war eigentlich nur noch zu übertreffen durch das &bdquo;O du fröhliche“ aus hundert Kehlen, denn das Publikum sang begeistert mit. Doch nicht ganz: Ohne eine Zugabe ließ man die Künstler nicht gehen.

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