Detmold/Bielefeld. „Geschlechterstereotype beeinflussen unser Leben oft unbewusst und ungewollt – und prägen mitunter sowohl künstlerische als auch technische Bereiche nachhaltig.“ Das habe auch Auswirkungen auf den Fachkräftemangel, schreibt die Hochschule Bielefeld in einer Pressemitteilung. Die Hochschule für Musik Detmold und die Hochschule Bielefeld (HSBI) richten eine „innovative Professur“ ein. Mit einer Förderung von jeweils 450.000 Euro aus einem landesweiten Programm des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft wollen die Hochschulen ein Zeichen für mehr Chancengerechtigkeit setzen – „und leisten gleichzeitig einen Beitrag zur Bekämpfung des Nachwuchs- und Fachkräftemangels.“
„Ein Blick in die Orchesterpraxis zeigt, dass mehr Männer Blechblasinstrumente spielen, während überwiegend Frauen an der Harfe sitzen. Solche Muster entstehen bereits im Kindesalter und werden durch Haltungen in der Pädagogik unbewusst verstärkt.“ Auch in der Mathematik und Technologie spiegelten sich Geschlechterungleichheiten wider: Algorithmen und mathematische Modelle könnten Vorurteile wie „Männer interessieren sich eher für Technik“ reproduzieren, wenn Genderaspekte nicht berücksichtigt werden.
An der Hochschule für Musik Detmold entsteht eine Professur für Geschlechterforschung mit Schwerpunkt auf musikalischer Bildung und künstlerisch-pädagogischer Lehre. Ziel ist es, Gender- und Intersektionalitätsaspekte in die Elementare Musikpädagogik sowie in die Instrumental- und Gesangspädagogik zu integrieren. Diese Professur solle Lehrkräfte ausbilden, die frühzeitig gegen Geschlechterklischees wirken und den Zugang zu musikalischen Berufen für alle Geschlechter erleichtern. „Mit dieser Professur möchten wir Vielfalt und Chancengerechtigkeit in der musikalischen Bildung fördern“, sage Prof. Dr. Thomas Grosse, Rektor der Hochschule für Musik Detmold. „Gleichzeitig tragen wir dazu bei, geschlechtsspezifische Barrieren abzubauen, die junge Menschen davon abhalten, eine musikalische Laufbahn einzuschlagen – ein wichtiger Schritt gegen den Nachwuchsmangel in musikbezogenen Berufen.“
Die Hochschule für Musik Detmold wird mit dem Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW sowie weiteren kulturellen Institutionen kooperieren. Die Professur biete eine langfristige Perspektive, um junge Talente zu fördern, Stereotype abzubauen und dem Nachwuchs- und Fachkräftemangel gezielt entgegenzuwirken.
Die Hochschule in Bielefeld wird indes eine Professur für „Gender-Gerechtigkeit in der Angewandten Mathematik“ einrichten. „Diese Professur wird geschlechterspezifische Fragen in Forschungsbereiche wie Data Science, Künstliche Intelligenz (KI) und Optimierung integrieren. Ziel ist es unter anderem, mathematische Methoden zu entwickeln und in der Lehre zu vermitteln, die geschlechterspezifische Verzerrungen in Algorithmen erkennen und reduzieren können.“ Die praktische Relevanz dieser Forschung reiche von der medizinischen Diagnostik bis zu automatisierten Bewerbungsverfahren.