Schüsse in Detmold: Anklage wegen Mordes und Beihilfe gegen zwei 19-Jährige erhoben

Detmold. Der Fall hatte Anfang Januar zu einem stundenlangen Großeinsatz der Polizei am Rande der Innenstadt geführt: Auf einem Parkplatz in der Bachstraße war am Samstagnachmittag ein Streit zwischen zwei Gruppen eskaliert, es fielen mehrere Schüsse, ein 43-jähriger Familienvater starb durch eine Kugel im Gesicht. Jetzt, nicht mal vier Monate später, hat die Staatsanwaltschaft Detmold gegen zwei 19-Jährige aus Detmold Anklage wegen heimtückischen Mordes sowie Beihilfe erhoben. Beide sitzen weiter in U-Haft.

Das bestätigt Landgerichtssprecher Dr. Wolfram Wormuth auf Anfrage. Demnach geht die hiesige Ermittlungsbehörde davon aus, dass der eine 19-Jährige dreimal mit einer bisher verschwundenen Schusswaffe auf seinen Kontrahenten geschossen haben soll. Es gibt ein mit der Dashcam eines parkenden Autos aufgezeichnetes Video, das den Vorfall zeigen soll. Mindestens eine Kugel soll den 43-Jährigen lebensgefährlich am Kopf getroffen haben. Er starb einen Tag später in einer Spezialklinik.

Keine Notwehr - sondern Rache? Dem Kumpel des mutmaßlichen Schützen, einem ebenfalls 19-Jährigen aus Detmold, wird weiterhin Beihilfe zum Mord vorgeworfen. &bdquo;Er soll einfach daneben gestanden und die Tat gebilligt haben“, erklärt Landgerichtssprecher Dr. Wolfram Wormuth. Den Erkenntnissen der anklagenden Behörde nach hätte der Kumpel eingreifen und den Schuss verhindern können. &bdquo;Das ist eine Frage der rechtlichen Bewertung. Die Ermittler hätten auch eine Mittäterschaft annehmen können“, sagt Wormuth.

Es gibt aber auch eine vorgelagerte Szene, die den Fall vom 4. Januar bizarr erscheinen lässt. Das spätere Opfer (43) soll zuvor gemeinsam mit seinem Sohn (19) und einen 24-jährigen Bekannten das junge Duo mit dem Auto abgedrängt und den mutmaßlichen Schützen mit Schlägen und einem Messer angegriffen haben. Der 19-Jährige musste daher später ebenfalls notoperiert werden.

Deshalb saßen zwischenzeitlich auch die beiden Begleiter des Getöteten in U-Haft, darunter der Sohn des Opfers. Laut Staatsanwältin Jacqueline Kleine-Flaßbeck ist das Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung gegen die beiden anderen Männer abgetrennt worden. &bdquo;Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen“, sagt Kleine-Flaßbeck auf Anfrage.

Die Staatsanwaltschaft Detmold geht trotz des mutmaßlich vorgelagerten Angriffs davon aus, dass das Trio längst vom 19-Jährigen abgelassen hatte, als dieser plötzlich den Ermittlungen nach die Schusswaffe zog und mehrfach abdrückte. Der Anklage nach schließen die Ermittler daher eine Notwehrsituation aus.

Wenn die Gefahrensituation als solche längst beendet sei, könne man einen Gegenschlag nicht mehr rechtfertigen. &bdquo;Dann wäre es nicht mehr Notwehr, sondern Rache“, erklärt Wormuth. Wie es sich in dem konkreten Fall verhalten habe, müsse die Beweisaufnahme vor dem Landgericht Detmold klären. Noch sei das Hauptverfahren nicht eröffnet worden.

Verteidiger will schnellen Prozesstermin Verteidiger Ali Mojab, der den wegen Beihilfe angeklagten 19-Jährigen vertritt, zeigte sich von der frühen Anklageerhebung überrascht. Der Rechtsanwalt aus Bad Oeynhausen wollte eigentlich versuchen, seinen Mandanten aus der aus seiner Sicht unrechtmäßigen U-Haft zu bekommen. Nun stünden aber andere Dinge im Fokus.

&bdquo;Durch die frühe Anklage haben sich die Umstände geändert“, sagt Mojab. &bdquo;Jetzt geht es vor allem darum, einen frühen Termin zu finden und die Sache in der Hauptverhandlung zu klären.“ Ein möglichst schneller Prozesstermin läge im Interesse seines Mandanten.

Dieser hatte sich erst zwei Tage nach den Schüssen in der Bachstraße bei der Polizei gestellt und mit seinem kurzzeitigen Untertauchen eine große Öffentlichkeitsfahndung ausgelöst. Grund dafür war vor allem, dass jede Spur von der Tatwaffe fehlte - und das bis heute.

Auch diverse Einsätze von Polizeitauchern im Knochenbach führten bisher nicht zum Erfolg. Verteidiger Dr. Tobias Diedrich, der den mutmaßlichen Schützen vertritt, war bisher für eine Stellungnahme nicht greifbar.

Bekannt ist, dass zwischen den beteiligten jungen Männern ein länger schwelender Konflikt geherrscht haben soll.

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