Wie KI die Musik verändert – ein Selbstversuch mit lippischer Beteiligung

Kreis Lippe. KI wird in Zukunft eine noch erheblichere Rolle spielen, als jetzt schon – das gilt auch für Musik und andere kulturelle Bereiche. Komponist Felix Janosa (&bdquo;Ritter Rost“ und viele mehr) hat mit dem lippischen Songwriter und Fotografen Dirk Schelpmeier sowie Musiker Tom Engels die gegenwärtigen künstlerischen Grenzen der KI mit sechzehn selbstgetexteten Swing-Schlagern ausgetestet. Für die Musik war Künstliche Intelligenz zuständig. Dabei kamen die beiden Musikprofis zu verblüffenden wie lustigen Ergebnissen: &bdquo;Die KI hat ordentlich daneben komponiert, spuckt aber manchmal leider Hitverdächtiges aus.“ Die Erfahrung war so nachhaltig, dass Janosa gleich ein Buch darüber geschrieben hat – mit Bluesmusiker und Entertainer Ralf Weber als Co-Autor.

Janosa war und ist auch Kabarettist. So klingt es auch, wenn er erklärt: &bdquo;Während Elon Musk gerade seine neuesten Humanoiden bewirbt, die Omas über die Straße helfen, eine Fußball-Fankurve in Schach halten oder zur Not sogar ein Risotto kochen können, ist KI ohne menschliche Hülle längst Teil unseres Alltags geworden. Von der Hausaufgabenerstellung über medizinische Diagnose bis zur Optimierung von industriellen Arbeitsabläufen verlassen wir uns längst auf die magisch anmutenden Streifzüge der Rechner durch Myriaden von Lösungsmöglichkeiten. Dies krempelt Industrien um und hat Auswirkungen auf Arbeitsplätze. Auch in der Musik?“

Audio-Online-Portale werden mit KI-Musik überschwemmt Die gute Nachricht zuerst: &bdquo;Nein“, sagen Janosa und Schelpmeier. Auch mit den neuen Möglichkeiten der selbstständig komponierenden Musik-KIs werde die handgemachte Musik nicht aussterben. Die schlechte Nachricht hinterher: &bdquo;Die neuen Musik-KIs sind ein Erdrutsch, der die digitale Musikproduktion gerade exponentiell vermehrt und Audio-Online-Portale wie Spotify überschwemmt.“

Die drei Musiker aus dem Studio-Keller – ein Komponist und Produzent mit jahrzehntelanger Erfahrung, ein versierter Drummer und Tontechniker sowie ein renommierter Singer-Songwriter – haben sich gefragt: Sind die von der KI ausgespuckten Ergebnisse handwerklich gelungen? Kann eine Musik-KI es auch mit Songs von erfahrenen Künstlern oder Künstlerinnen aufnehmen? &bdquo;Wir haben die derzeit populärste Musik-KI Suno auf Herz und Nieren geprüft“, beschreiben sie. Die gestellte Aufgabe war anspruchsvoll: die Generierung eines kompletten Swing-Albums mit 16 zeitgemäßen Songs in deutscher Sprache, Texte von den Musikern vorgegeben, dazu Big Band-Arrangements.

Ein kompletter Song in zwei Fassungen in 40 Sekunden Die Suno AI ist von vier Programmierern in Cambridge (Massachussetts, USA) entwickelt worden und wurde im Dezember 2023 der Öffentlichkeit präsentiert. &bdquo;Wer das Programm zum ersten Mal benutzt“, beschreiben Schelpmeier und Janosa, &bdquo;wird ein wenig geschockt sein, denn in nur 20 bis 40 Sekunden generiert Suno einen kompletten Song in zwei alternativen Fassungen mit Gesang und Instrumental-Playback, Länge bis zu vier Minuten.“ Auch der Text wird je nach Wunsch (&bdquo;Bitte schreibe mir eine romantische Pop-Ballade, die davon handelt, wie sich zwei Menschen beim Entenfüttern auf den ersten Blick verlieben.“) dazu erfunden. Eine musikalische Überarbeitung einer bereits generierten Fassung ist nicht vorgesehen. Die KI erfindet ganzheitlich und kann beim erneuten Versuch nur völlig neue Variationen über den eingegebenen Prompt erzeugen.

Die ersten Bedienungsübungen brachten mainstream-orientierte Ergebnisse. &bdquo;Ganz anders wurden die Ergebnisse, als wir Suno mit unseren eigenen Texten und genauen Formteil-Vorgaben (Verse 1, Chorus, Bridge, Solo etc.) fütterten. In Verbindung mit einem detaillierten Prompt (z.B. &bdquo;Big Band, 1950er Jahre, weibliche Stimme, Klarinetten-Solo“ etc.) erhielten wir Titel, die in puncto Swing, stilsicherem Arrangement, sängerischer Interpretation und sinnvoller Textverteilung zunächst einmal keine Wünsche offenließen.“ Krass erschien dabei die Arbeits-Ersparnis: Denn ohne KI ein ähnlich aufwendiges Big-Band-Arrangement für nur einen Titel zu schreiben, wäre für den erfahrenen Profi-Arrangeur Arbeit für zwei bis drei Tage - von den Aufnahme-Kosten für eine wirklich swingende Big Band einmal ganz zu schweigen.

Oft ist in der KI-Wundertüte nichts Brauchbares Dennoch: Der Mangel an Bearbeitungsmöglichkeiten schränkt es ein. &bdquo;Es war ein bisschen wie früher in der Jugend das Hoffen auf den Inhalt einer teuren Wundertüte, in der aber leider nur das war, was man nicht wollte.“ Für die 16 Titel, die wir auf dem Album &bdquo;Über Nacht KI-Star, Swing-Schlager“ versammelt haben, benötigten sie weit über 150 Versuche. Das brauchte Sitzfleisch und Nerven. &bdquo;Und angesichts der überschaubaren Investition von Man-Power und Geld konnten wir sogar behaupten: eine Hammer-Produktion!“ Die Suno KI und ihre zahlreichen Verwandten seien zwar noch keine echten Profi-Tools. Doch als digitale Spielzeuge haben sie jetzt schon nicht absehbare Folgen für die Musikszene. &bdquo;Wer braucht irgendwann noch echte Musiker außer für die Live-Situation?“, fragen die Macher. Und wie lassen sich Kinder künftig noch davon überzeugen, ein Instrument zu lernen?

Zu hören sind die Titel auf youtube und Spotify unter

https://open.spotify.com/intl-de/album/7FXl5aR4dWsrsxGLYVVVmD?si=1UPKa2uYQNWYtAtE0UI5UA

https://www.youtube.com/watch?v=tjX3QB0hRew&list=OLAK5uy_mj4Fi8z4_0wOGHWc7mXhuUlmuYWWdSEMs&index=2

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