Mit Funkgerät und Warnweste: Ein Tag als Helfer beim ZDF-Krimi in Detmold

Detmold. Noch ist es verhältnismäßig ruhig an diesem Donnerstagmorgen in der Grabbestraße. Aber hier passiert gleich etwas. Die Straße steht voll mit Transportern. Menschen mit Baseballkappen sprechen in Funkgeräte, laufen umher oder verstauen Utensilien in Bullis. Als ich am Dienstag den Produktionsleiter Stefan Halbsleben kennengelernt habe , habe ich mehrmals gefragt, ob es möglich wäre, einen Tag lang als Helfer am Set mit dabei zu sein. Gesagt, getan, ich bin mittendrin im Set-Alltag des ZDF-Krimis mit dem Arbeitstitel &bdquo;Blutsbande - Mord im Teutoburgerwald“. Wetterfeste Kleidung wurde mir nahegelegt, es soll nämlich immer mal wieder im Tagesverlauf regnen – und es wird ein langer Tag.

Für den heutigen Drehtag in der Stadt bin ich als &bdquo;Set-Runner“ unterwegs. Ein &bdquo;Set-Runner“ unterstützt die Filmcrew bei allen praktischen Aufgaben am Drehort – von Botengängen über das Bereitstellen von Requisiten bis hin zur Kommunikation zwischen den Teams.

Aufnahmeleiterin Vanja Windelband gibt mir die Ausstattung: ein Funkgerät mit durchsichtigem Headset und eine Warnweste. Den Ohrstöpsel in mein Ohr zu friemeln, sodass er hält, ist gar nicht so leicht. Geschafft. Alle einmal auf Funkkanal neun. Für den heutigen Tag spielt sich mein Leben über das Headset ab. Wenn jemand etwas über Funk durchgibt, rauscht es kurz, bevor die Stimme ertönt. Die erste Aufgabe: das geliehene Lastenrad mit Stühlen und Wasserkisten bepacken und Zelte in Position bringen.

Kapitel 1: Blocker an der Bandelstraße Dann geht es auch schon los: Aufbruch zum ersten Drehort des Tages in die Bandelstraße. In einer der dortigen Villen wird eine Szene gedreht. Direkt macht sich meine Regenjacke bezahlt – ein kurzer Schauer lässt plötzlich feine Regentropfen auf das Set niedergehen. Kurz vor dem Ziel muss ich absteigen. Mit dem Lastenrad den Berg der Bandelstraße hoch – zu steil und zu schwer, aber Schieben ist mit vereinten Kräften möglich. Die Straße ist für den Dreh abgesperrt. Sogenannte Blocker am Filmset sorgen dafür, dass während der Dreharbeiten keine unbeteiligten Personen ins Bild laufen.

Diese Blocker stehen an strategischen Punkten rund um das Set und halten Passanten oder Teammitglieder zurück, sobald die Kamera läuft. So gewährleisten sie einen reibungslosen Ablauf und verhindern Störungen während der Aufnahme. Vorher aber noch: die Parkverbotsschilder hinter Bäumen verschwinden lassen, damit sie nicht im Bild zu sehen sind, wenn die Straße hinunter gefilmt wird. Die meisten Autofahrer reagieren verständnisvoll auf das kurze Durchgangsverbot. Falls doch jemand unbedingt durch will, wird das per Headset durchgegeben. Diese werden als &bdquo;Durchbrecher“ bezeichnet. Ein kleines Manko: In einem der Häuser finden gerade laute Bohrarbeiten statt, die so laut sind, dass sie auf den Aufnahmen zu hören sind. Bei den Handwerkern wird eine kurze Arbeitspause erbeten, bis die Szene im Kasten ist.

Mittlerweile scheint die Sonne wieder stark. Ich stehe an der Straße und lasse niemanden vorbei. &bdquo;Ruhe bitte, wir drehen“, schallt es über die Straße. Ich werde über Funk in die Brahmsstraße geschickt, um dort zu blocken. Eine ältere Frau, die in der Straße wohnt, sagt lachend: &bdquo;Warum hat mir denn niemand Bescheid gesagt? Ich hätte doch mitspielen können!“ Nachdem die Szene vorbei ist, dürfen die Autofahrer passieren. Geschafft. Jetzt noch eine Drohnenaufnahme – dann weiter zum nächsten Drehort am Kaiser-Wilhelm-Platz.

Kapitel 2: Hejo, spann den Wagen an Am Kaiser-Wilhelm-Platz angekommen, gibt es einen starken Wolkenbruch, der weitere Aufnahmen vorübergehend verhindert. Die Filmcrew versammelt sich unter einem Zelt, um sich vor dem Regen zu schützen. Hauptdarstellerin Hanna Plaß und Schauspielkollege Mohamed Achour sitzen auf Klappstühlen. Sie dürfen nicht nass werden. Das würde nicht zur Filmszene passen. Während der Regen auf das Zeltdach prasselt, beginnt ein Set-Mitglied das Volkslied &bdquo;Hejo, spann den Wagen an“ zu singen. Der Rest steigt mit ein. Wenig später ist der Regen vorbei – es geht weiter.

Ich bin jetzt sowohl Blocker als auch Komparse. Während sich die Hauptdarsteller Plaß und Achour über den Mordfall austauschen, gehe ich im Hintergrund der Aufnahme auf und ab und tue so, als würde ich telefonieren oder mit einem Ball in der Hand durch den Park schlendern. Dieses Mal natürlich ohne Warnweste. So langsam macht sich das viele Auf- und Abgehen in den Beinen bemerkbar. Es folgen Szenen auf dem Parkplatz vor der Christuskirche. Die Bürgerberatung wurde umfunktioniert, ein Schild mit der Aufschrift &bdquo;Polizei“ am Vordach angebracht. Schaulustige schauen aus den Etagen darüber dem Treiben zu. Dann folgen noch Szenen von Hanna Plaß hinterm Steuer. Es sind die letzten Aufnahmen für heute.

Kapitel 3: Martini, Martini Über Funk ertönt eine Durchsage: Martini, Martini! Entspannung kehrt ein und alles, was nicht mehr benötigt wird, wird in den Autos verstaut, für die Nacht gesichert oder für den nächsten Drehtag vorbereitet. Ein Paar Crewmitglieder essen noch die übrig gebliebenen Brote vom Catering.

Der &bdquo;Martini Shot“ bezeichnet am Filmset die letzte geplante Aufnahme des Tages. Der Begriff stammt aus Hollywood aus den 1970er-Jahren und bedeutet so viel wie: Danach gibts einen Martini – also Feierabend. Es ist ein feststehender Begriff, der oft mit einem Augenzwinkern verwendet wird, aber für alle am Set signalisiert: Gleich ist Schluss.

Für mich ist der Drehtag geschafft. Warnweste aus und Headset aus dem Ohr. Was für ein Tag. Zu Hause angekommen, sinke ich geschafft in einen Sessel. Es gibt zwar keinen Martini, dafür aber eine Feierabend-Apfelschorle. Meine Füße tun weh. Ich bin geplättet, aber glücklich. Wenn das ein Film wäre, würde nun in Schnörkelschrift &bdquo;The End“ ins Bild eingeblendet werden. Das war mein Tag als &bdquo;Set-Runner“ bei &bdquo;Blutsbande – Mord im Teutoburger Wald.“

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