Unten Handel, oben Leerstand: Wie kommt wieder mehr Leben in die Detmolder City?

Detmold. Rund 19.000 Quadratmeter Wohnflächen stehen in Detmold leer, und das nur in der Innenstadt. Gleichzeitig wächst der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum für Studenten, Alleinstehende, Familien oder auch gemeinschaftliche Wohnformen. Wie kann es gelingen, neuen Wohnraum zu erschließen, ohne neu zu bauen – und dabei gleichzeitig sozialen Zusammenhalt, eine attraktive Stadtgestalt, nachhaltiges Wohnen, Leben und Arbeiten zu fördern? Dazu hat die Technische Hochschule OWL für diese Woche zu einem Austausch ins ehemalige Hotel Nadler eingeladen.

Bereits seit Dienstag finden dort eine Ausstellung, Führungen, Workshops und Gesprächsrunden statt. Dabei wird diskutiert, wie Bestandsgebäude als Ressource genutzt werden können, welche Modelle es bereits gibt und welche Impulse für die Zukunft des Wohnens gesetzt werden können. Hintergrund dafür ist das Forschungsprojekt &bdquo;UrbanPulse“, das die Technische Hochschule OWL zusammen mit der Stadt Detmold und den Vereinen &bdquo;Lippe im Wandel“ und &bdquo;Lipper für Lipper“ umsetzt. Fünf Jahre lang kann dazu geforscht und auch ausprobiert werden. &bdquo;Ziel ist, den Leerstand zu verringern“, erklärt Professorin Dr. Susanne Kost.

Dazu möchten die Akteure mit Hauseigentümern ins Gespräch kommen und erfahren, wo deren Bedürfnisse und Wünsche liegen und was die Gründe für den Leerstand sind. &bdquo;Einige sind per se renditeorientiert. Das muss aber nicht sein“, sagt die Professorin. Es könne sich zum Beispiel auch um einen 80-Jährigen handeln, der das Erdgeschoss vermietet habe und die drei Obergeschosse darüber leer stehen lasse, weil er keinen Aufwand und Ärger nicht haben wolle. Oder um Jüngere, die nicht das Kapital hätten, um ein Denkmal instand zu setzen. Mit ihnen soll der Ansatz eines gemeinschaftlichen Vorgehens geprüft werden, zum Beispiel indem zusammen finanziert und/oder realisiert wird. &bdquo;Eigenleistung einzubringen ist auch früher schon bei Genossenschaften üblich gewesen“, erklärt Susanne Kost. Der Weg sei aber völlig offen.

Bürger gründen Genossenschaften

Beispiele aus anderen Städten, bei denen man sich das ein oder andere abschauen kann, sind ebenfalls im ehemaligen Hotel Nadler ausgestellt. Etwa die Genossenschaft &bdquo;Unser Oberhof“ aus Bad Homburg, die Bürger gegründet haben, um einen Vier-Seit-Hof für gemeinsames Wohnen herzurichten - verbunden mit einer Spielfläche, einem Restaurant, einer Bibliothek und einer Musikschule. Oder die &bdquo;ZukunftsRaum eG“, die zwischen Mainz und Frankfurt am Main Grundstücke zur Nachverdichtung kauft und möglichst vielen Menschen ein Zusammenleben in gegenseitiger Unterstützung ermöglichen möchte, sodass man im Alter nicht allein ist. &bdquo;An Ideen mangelt es nicht. Man muss aber bereit sein, sich einzulassen“, sagt die Professorin.

Ungenutzte Flächen in der Detmolder Innenstadt: Projekt will Wohnraum nutzbar machen

Bei einem &bdquo;Visionären Abend“ am Mittwoch sammelten die Projektpartner, Fachleute und andere Interessierte erste Ideen dazu, wie in Detmold gemeinschaftlich etwas auf die Beine gestellt werden könnte. Gerne würden die Beteiligten im Rahmen des Forschungsprojektes mit einer Immobilie starten und Best-Practice-Beispiele entwickeln, die dann wiederum andere anstiften, sich in ähnlicher Form zu engagieren. Die Stadt Detmold sei mit im Boot, weil viele Gebäude denkmalgeschützt seien und dabei nach Möglichkeit pragmatische Lösungen gefunden werden müssten. &bdquo;Wenn wir nur ein Drittel des Leerstandes beseitigen könnten, wäre das enorm“, findet Susanne Kost.

Studenten zeigen ihre Arbeiten

Flankiert wird die Veranstaltung im ehemaligen Hotel Nadler durch die Ausstellung &bdquo;Platz da! Bezahlbarer Wohnraum “, in der studentische Arbeiten zum Thema bezahlbarer Wohnraum zu sehen sind. Wie die Professorinnen Sandra Bruns (Detmolder Schule für Architektur und Innenarchitektur) und Stephanie Stratmann (Detmolder Schule für Gestaltung) berichten, haben sich die Studenten dazu Leerstände und Potenziale in der Stadt angesehen - von der Bruchstraße über die Sinalco-Werke bis hin zum Temde-Gelände. Im Anschluss führten sie Befragungen durch und erarbeiteten Modelle für Wohnprojekte. Zum Beispiel studentisches Wohnen in einer alten Fensterfabrik, in der schnell kleine Einheiten geschaffen werden, ohne dass die Hülle saniert wird.

&bdquo;Wir suchen auch noch Partner für ein Real-Labor“, sagt Sandra Bruns von der Detmolder Schule für Architektur und Innenarchitektur. Ziel sei es, Blaupausen zu entwickeln, auch für andere Städte, und Wohnraum zu verbessern und bezahlbarer zu machen. Immerhin habe es auch einen akademischen Mehrwert, wenn Studenten nicht pendelten und vor Ort wohnten.

Das weitere Programm

Freitag: 15-18 Uhr geöffnet; 12 Uhr Mini-Reallabor-Workshop mit Dipl.-Ing. Sascha Walter, 16 und 17 Uhr Führung durch die Ausstellung. Samstag: 10-18 Uhr geöffnet; 13 Uhr Geführter Rundgang durch die Ausstellung von &bdquo;UrbanPulse“, 14 Uhr Leerstandspaziergang durch Detmold mit Denkmalpflegerin Catrin Will von der Stadt Detmold Dienstag: 14 Uhr Workshop mit Franziska Meier (Collegium Accademicum) und DGJ Architektur, 19 Uhr Dienstagsvortrag im &bdquo;Casino“ mit Franziska Meier (Collegium Accademicum) und DGJ Architektur; anschließende Finissage der Ausstellung &bdquo;Platz Da! Bezahlbarer Wohnraum“ im ehemaligen Hotel Nadler

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