Hinter den Kulissen: Wie sich ein Detmolder Schauspieler auf seine Rollen vorbereitet

Detmold. Texte lernen, Mimik üben, fünf Rollen gleichzeitig im Kopf behalten. Für Patrick Hellenbrand ist das Alltag. Doch welche Methoden und Tricks nutzt der Schauspieler am Landestheater Detmold? Anlässlich des 200. Geburtstags des Theaters hat er der LZ einen Einblick hinter die Kulissen der Schauspielerei gewährt.

Hellenbrand geht in seine achte Spielzeit am Landestheater. Und doch ist es für ihn jedes Mal eine kleine Herausforderung, eine neue Rolle einzuüben. Mittlerweile hat er seine ganz eigenen Praktiken, um sich vorzubereiten. So bindet er auch in alltäglichen Situationen das Auswendiglernen ein und übt so seine Texte selbst beim Abwaschen. &bdquo;Man lernt mit dem Körper“, erklärt er. Wenn man Körper und Geist mit Aktivitäten trenne, könne man sich so Sachen besser merken. &bdquo;Aber richtig kannst du den Text erst, wenn du ihn mit anderen auf der Bühne übst“, erklärt Hellenbrand. Das Sprechen mit den anderen Schauspielern auf der Probebühne sei entscheidend. &bdquo;Es ist ein Geben und Nehmen. So prägt man sich den Text viel besser ein“.

Tischtennis trifft Theater

Für den Schauspieler sei Theaterarbeit vor allem Teamarbeit. &bdquo;Man kann nur gemeinsam etwas schaffen“, sagt er. Der Ablauf eines neuen Stücks beginnt stets mit Konzept und Textfassung, es folgen intensive Proben. Wie frei dabei gearbeitet werden darf, hängt stark von der Regie ab. &bdquo;Ich mag es, wenn es einen klaren Rahmen gibt, aber innerhalb dessen eine gewisse Freiheit bleibt.” Der Arbeitsprozess beginnt lange vor der Premiere. Aus einer ersten Textfassung entsteht durch Gespräche, Proben und Ausprobieren ein fertiges Stück. Der Zeitraum von der ersten Probe bis zur Premiere sind dann ungefähr sechs Wochen.

&bdquo;Ich kann mir die Texte am besten beim Tischtennisspiel einprägen“, erzählt der 59-Jährige. Bei jedem Schwung mit dem Tischtennis-Schläger schleudert er gleichzeitig auch ein Wort oder Halbsatz seines Textes in den Raum. Mit der eigens dafür angeschafften Tischtennisplatte in einem der Proberäume lassen sich so auch die schwierigsten Texte auswendig lernen. Und davon hat er einige. Momentan spielt er fünf Stücke. Also: ganz schön viel Text! &bdquo;Auch beim Darts-Spielen kann ich meinen Text am besten lernen“, erzählt er und lächelt. Bei jedem Dart, den er wirft, wiederhole er ein Wort oder einen ganzen Satz. Immer und immer wieder. Doch nicht nur die künstlerische Arbeit verlangt viel Disziplin.

Jüngere Menschen für das Theater begeistern

Neben dem Texte-Lernen gilt es, regelmäßige Stimmübungen sowie Atem- und Körpertraining durchzuführen. &bdquo;Man muss fit bleiben, mental und körperlich. Auch das Lesen und auch das Anschauen anderer Stücke sieht er als Teil seiner Arbeit. &bdquo;Man lernt nie aus. Jede Begegnung, jeder Mensch kann eine Inspiration sein“, sagt der gebürtige Elsässer.

Der Kontakt zum Publikum ist für ihn das Herz des Theaters. &bdquo;Es ist ein Miteinander. Man spürt, wenn der Funke überspringt.“ Die Menge könne einen Schauspieler tragen, beflügeln oder auch herausfordern. &bdquo; Hier in Detmold haben wir ein sehr offenes, hellwaches und intelligentes Publikum . Das ist ein großes Glück.“ Gleichzeitig wünscht er sich, dass sich mehr junge Menschen für das Theater begeistern. &bdquo;Theater wird oft als etwas für die Alten und Intellektuellen gesehen“, sagt Hellenbrand. Das fände er schade, denn im Theater stecke so viel Leben.

Seine Leidenschaft für die Bühne begann früh. Bei der jährlichen Weihnachtsfeier seines Fußballvereins stand er beim Weihnachtsanspiel das erste Mal im Scheinwerferlicht. Ein kleiner Auftritt, der Eindruck hinterließ. &bdquo;Da war der Funke wohl schon da“, sagt er. Nach der Schule begann er zunächst ein Lehramtsstudium. &bdquo;Ich habe gemerkt, dass das einfach nicht meine Welt ist“, schaut Hellenbrand zurück. Stattdessen entschied er sich für einen anderen Weg. Durch einen Freund kam er 1994 an eine private Schauspielschule in Mainz. Nach ersten kleinen Rollen am Theater &bdquo;GrueneSosse“ in Frankfurt, folgten feste Engagements, unter anderem in Coburg. Danach war er zehn Jahre als freier Schauspieler an verschiedenen Bühnen unterwegs. &bdquo;Theater kann man überall machen“, sagt er heute.

Wenn das Licht ausgeht Nachdem der Vorhang gefallen ist, fällt das Runterkommen oft schwer. &bdquo;Man ist nach der Vorstellung voller Adrenalin“, sagt Hellenbrand. Durch autogenes Training habe er gelernt, bewusst abzuschalten. Spazierengehen, Musik oder Kochen helfen ihm, den Kopf freizubekommen. Oder einfach mal nichts tun. &bdquo;Manchmal brauche ich auch einfach die Stille.“

Auf die Frage, wie er die Zukunft des Theaters sieht, antwortet er: &bdquo;Theater wird es immer geben. Nur die Art ist die Frage.“ Für Hellenbrand bleibt das Theater ein Ort des Austauschs. Sein Ziel: &bdquo;Wenn ich es schaffe, die Zuschauer für einen Moment von der Bühne aus zu entführen, dann ist das meine große Geschichte.“

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